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Aquabella (Unicornio Records, 1999) |
unterwegs: 17.11.05: Frankfurt/Main-Hausen, Dorfkirche 01.12.05: Berlin, Werkstatt der Kulturen 03.12.05: Klempenow, Burg Klempenow 11:00 04.12.05: Frankfurt/Main, Ev. Kirche 09.12.05: Langenau, Ev. Kirche 11.12.05: Bad Sooden-Allendorf, Ev. Kirche 17:00 15.12.05: A-Innsbruck, Treibhaus 18.12.05: Albstadt-Ebingen, Ev. Kapellkirche 06.01.06: Bad Mergentheim, Wandelhalle |
A-cappella-Gruppen gibt es wie Sand an den Flussufern. Viele verfallen auf die längst nicht mehr neue Idee, das gängige Repertoire aus Pop und Klassik bunt durcheinander zu quirlen, um unter den Liebhabern beider musikalischer Welten Publikum zu rekrutieren. Dass die Ensembles auf diese Weise immer austauschbarer werden, ist die unvermeidliche Nebenwirkung. Zu den erfreulichen Ausnahmen zählt Aquabella (das sind: Claudia Karduck, Christine Klaar, Lora Mall, Bettina Stäbert und Franziska Quandt/alternierend mit Bettina Wildtraut). Das Frauenvokalquintett wagt ein eigenes Profil - traditionelle Lieder der Völker in nichttraditionellen Neuarrangements -, behauptet sich mittlerweile über zehn Jahre und kann die ewig gleichen A-cappella-Klone beruhigt hinter sich lassen. Wie es schönes, fließendes Wasser mit dem Sand am Ufer tut.
Von Stephan Göritz
Was füllten die alten Kelten in ihre Gläser, bevor sie diese im Frühjahr erhoben zu Ehren ihrer Fruchtbarkeitsgöttin Bride? Wie gelangte das heidnische Symbol der Sonnengeburt in ein christliches Weihnachtslied aus Frankreich? Und warum dürfen in Bulgarien vom 25. Dezember bis zum 6. Januar zwischen Mitternacht und Morgengrauen nur Jungen zwischen acht und zwölf Jahren das Haus verlassen?
Diese Fragen lassen sich auf einer Weltreise klären - oder in einem Konzert von Aquabella. Die fünf Sängerinnen entführen uns musikalisch auf alle Kontinente, lassen uns am Liebeswerben auf Mauritius teilhaben, an den Träumen makedonischer Schafhirten oder an den genauso ausführlichen wie aufrichtigen Begrüßungsritualen im Senegal (nach denen man sich kaum noch traut, jemandem einfach mit „Hallo“ zu begegnen). Alle Lieder bringen die Aquabellas ausschließlich mit ihren Stimmen zum Klingen, nur in wenigen Stücken durch sparsame Percussion unterstützt. Auf ein Klavier zur musikalischen Grundierung, wie es zum Beispiel die französische A-cappella-Gruppe Évasion nutzt, mit der Aquabella noch am ehesten vergleichbar ist, wird verzichtet. Denn man würde natürlich mit eigenem Klavier reisen wollen, und so ein Instrument sei schließlich viel zu schwer - möchten Aquabella schmunzelnd glauben machen.
Aber die Bemerkung, dass Instrumente zu Fremdkörpern werden können, die sich zwischen Lied und Hörer als Hindernis aufbauen, ist durchaus ernst gemeint. Die Rückbesinnung auf das ursprünglichste Instrument des Menschen, die Stimme, empfinden sie nicht als Reduktion, vielmehr als Chance zu Authentizität und Ursprünglichkeit.
Die Stimmen-Musik von Aquabella lässt vor unserem inneren Auge Bilder entstehen, die man schwer wieder vergisst, Weiten und Schluchten der Landschaft wie der Seele, Bilder von fast filmischer Konkretheit, obwohl die Gruppe auf Nachahmung von Alltagsgeräuschen verzichtet. Auch Tierlaute werden nicht imitiert, sondern eigenständig musikalisch gestaltet, ob es das Blöken der Schafe in einem sehnsuchtsvollen Lied aus Makedonien ist oder das Sirren der Stechmücken, durch die sich in einem türkischen Lied ein selbstbewusster junger Mann nicht vom Werben um die Liebste abhalten lässt. Und schon gar nicht werden etwa Instrumente nachgeahmt, wie es andere Gruppen in ihren A-cappella-Versionen instrumentaler Klassikhits tun. Die unterschiedlichen Gesangstechniken der Völker lassen Klänge entstehen, die kein Instrument der Welt hervorbringen kann. „Sonst würden wir ja gleich ein Instrument nehmen“, versichern die Sängerinnen. Stattdessen erzeugen sie mit ihren Stimmen den metallischen Sound aus Bulgarien genauso wie die Klicklaute der Xhosasprache aus Südafrika und haben sogar die Jodeltechnik der Baka-Pygmäen aus Kamerun gelernt.
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