www.vanguardrecords.com/odetta |
(Auswahl)
Ballads And Blues (Vanguard, 1956) |
unterwegs: 11.11.05: Dreieich, Bürgerhaus 12.11.05: Fürth, St. Peter und Paul Kirche 13.11.05: Gütersloh, Stadthalle 18.11.05: Bad Rothenfelde, Jazz Club 19.11.05: Ingolstadt, Haus der Jugend 20.11.05: Linz (A), Posthof 21.11.05: Wien (A), Porgy & Bess 22.11.05: Velden (A), Konzert Keller Kofler |
„Sie ist durch und durch Stimme, eine Musikerin, die allein kraft ihres Gesangs bewegen kann, was zu bewegen ist.“ So beschrieb der Bremer Weser-Kurier einen Auftritt der als Grand Dame und Ikone der amerikanischen roots music geltenden Sängerin Odetta. Seit über 50 Jahren ist sie sowohl im Folk, Blues, Jazz und Soul zu Hause und lässt sich deshalb auch nicht einfach in eine Schublade stecken. In diesem Dezember wird Odetta 75 Jahre alt. Anlass für den Folker!, ein sehr persönliches Porträt der engagierten Künstlerin zu zeichnen, deren Karriere in der internationalen Musikwelt bis in die frühen 50er Jahre zurückreicht, als sie ihre ersten Erfolge mit Folksongs und Spirituals feierte. Sie war die erste Schwarze und überhaupt eine der ersten Frauen, die solo in großen Konzerthäusern auftrat. Viele bekannte Künstler und Künstlerinnen wie Bob Dylan, Janis Joplin, Joan Baez, Tracy Chapman oder Cassandra Wilson berufen sich auf Odetta als großen Einfluss in ihrem frühen Schaffen. Auch in der Bürgerrechtsbewegung der USA spielte sie eine wichtige Rolle, sie arbeitete am Theater, spielte in zahlreichen Filmen, erhielt Unmengen an Preisen, Ehrendoktortitel, Grammy-Nominierungen, so zuletzt den Living Legends Award von der Library Of Congress in Washington. Ihr umfangreiches Werk auf Schallplatte und CD gehört längst zu den großen Klassikern der amerikanischen Musikgeschichte, die sie entscheidend mitgestaltete.
Zugegeben: Es waren nicht die besten Vorahnungen, die mich begleiteten, als ich Anfang Dezember 2003 mit meiner Frau nach Fürth-Poppenreuth fuhr, wo Odetta in einer kleinen Landkirche eines ihrer alljährlichen Christmas-Spirituals-Konzerte gab. Ich wusste damals nicht allzuviel über die große alte Dame des Folk und Blues: Sie war in den 50er Jahren von Pete Seeger entdeckt worden, sang hauptsächlich alte Folksongs, hatte Dylan beeinflusst, war in der Bürgerrechtsbewegung aktiv gewesen. Die einzige Odetta-CD, die ich besaß - Living With The Blues, eine Zusammenstellung ihrer Bluesaufnahmen für Vanguard in den 60er Jahren - hatte mich zwar schwer begeistert, konnte aber meine bösen Vorahnungen wenig lindern: Ein Weihnachtsliederabend mit einer gealterten Legende im Gemeindezentrum eines Vorortes - auweia! Immerhin, die Kirche - klein, massiv und von schlichter Schönheit - verbreitete eine unaufdringliche Feierlichkeit. Im Vorprogramm sang ein junger fränkischer Pfarrer salbungsvolle Weisen zur Harfe, was meinen Vorurteilen neues Futter gab. Doch dann - und jetzt kommt die Stelle, bei der Leute, die Odetta noch nicht live erlebt haben, skeptisch die Augenbraue heben - betrat Odetta, gestützt von ihrem Pianisten Seth Farber, die Bühne, und noch bevor sie einen Ton gesungen hatte, war alle Skepsis einer ehrfurchtsvollen Erwartung gewichen. Es gibt Menschen, die füllen mit ihrer Präsenz riesige Hallen, und in diesem intimen Rahmen war Odettas Aura unmittelbar greifbar. Dann öffnete sie den Mund und der erste Ton fuhr unmittelbar und ohne Vorwarnung unter die Schädeldecke, kitzelte die Seele, ergriff das Herz - irgendwann hörten wir auf, gegen die Tränen anzukämpfen und ließen sie einfach laufen. Es war, als würde Odetta nicht nur ihr Innerstes, sondern unser aller Freude und Leid in etwas Schönes, Erhabenes transformieren. Anschließend saßen wir im Auto, unfähig, für das Erlebte Worte zu finden. „Was war denn das jetzt?“, war das erste, was ich herausbrachte.
Ja, was war das denn nun? Zweifellos eine der eindringlichsten musikalischen (und somit auch spirituellen) Erfahrungen, die ein Religion im Allgemeinen gegenüber eher skeptisch eingestellter Musikfanatiker wohl machen kann. Als ich ein Jahr später die Gelegenheit bekam, Odetta zu interviewen, war ich entsprechend aufgeregt. Nicht zuletzt deshalb, weil ihr Promoter mich vorgewarnt hatte: Odetta sei „etwas schwierig“ und ließe recht gern die Diva heraushängen. Ich muss mit einer anderen Person gesprochen haben: Freundlich, humorvoll, aber auch sehr bestimmt gab sie mir Auskunft, ohne jede Spur von Arroganz.
Von Peter Gruner
Die Spirituals, die Sie singen, beruhen auf der Erfahrung der Sklaverei. Trotzdem berühren sie auch Menschen, die nie mit Unterdrückung in dieser Form konfrontiert wurden.
In der Sklaverei war man in einer extrem harten Situation gefangen und konnte nichts dagegen tun, außer mit der eigenen Seele. Man hielt sich an alles Positive, was man finden konnte. Wie man wohl merkt, sind die meisten Christmas-Spirituals sehr freudig. Sie änderten nichts an der Situation, aber sie ließen die Leute sich besser fühlen, in dem sie eine positive Sichtweise in ihre Religion brachten.
Und das spricht die Menschen heute noch an?
Ich glaube jeder hat eine gewisse Traurigkeit in sich, egal woher man kommt. Und Lieder zu hören, die auf Traurigkeit begründet sind, dabei aber Freude verbreiten, scheint uns zu ermutigen und unsere Seele zu erheben.
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