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Mit stilistischer Vielfalt zur Weltmusik

Progressive Bluegrassmusik

Amerikas Akustikvirtuosen auf dem Vormarsch

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Deutsche Zeitschrift:
Bluegrass Bühne:
go! www.bb.bluegrass.de
Discographie
(Auswahl)

Béla Fleck, Perpetual Motion (Sony, 2001)
Béla Fleck & The Flecktones, Little Worlds
   (Columbia, 2003)
Sam Bush, King Of My World (Sugar Hill 2004)
         King Of My World New Grass Revival, Too Late To Turn Back Now
   (Flying Fish, 1977)
The David Grisman Quintet, The David Grisman Quintet
   (Pastels, 1977)
The David Grisman Quintet, Hot Dawg (A&M, 1979)
The Tony Rice Unit, Mar West (Rounder, 1980)
The Tony Rice Unit, Unit Of Measure (Rounder, 2000)
Jerry Douglas, Russ Barenberg & Edgar Meyer,
   Skip, Hop & Wobble (Sugar Hill, 1993)
Jerry Douglas & M. V. Bhatt, Bourbon And Rosewater
   (Water Lily Acoustics, 1996)
Nickel Creek, This Side (Sugar Hill, 2003)
Alison Krauss and Union Station, Lonely Runs Both Ways
   (Rounder, 2004)
         Lonely Runs Both Ways Doc Watson, Memories (United Artists, 1975)
Psychograss, Like Minds (Sugar Hill, 1996)
The Duhks, The Duhks (Sugar Hill, 2005)

unterwegs:
Europäische Festivals:
Bluegrass & Country Music,
   Pfingstfestival in Neusüdende
Internationales Bluegrass Festival,
   Bühl, April, www.buehl.de
European World Of Bluegrass Festival,
   Voorthuizen (NL), Mai,
   go! www.ebma.org

Lange galt Bluegrassmusik als eine konservative Variante der eh schon mit konservativem Image versehenen Countrymusik. Doch moderne, im Bluegrass verwurzelte Bands wie Alison Krauss and Union Station und Nickel Creek stürmen inzwischen die Popcharts und Bluegrassinstrumentalisten wie Tony Rice oder Belá Fleck haben ein hohes Ansehen auch bei Jazzfreunden gewonnen. Unzählige Virtuosen auf den akustischen Hauptinstrumenten Gitarre, Banjo, Fiddle, Mandoline, Bass und Dobro machen diese Musik zu einer der spieltechnisch anspruchvollsten Nordamerikas. Die moderne Bluegrassmusikszene präsentiert sich fast schon intellektuell, und die meisten Fans dieser Musik wird man inzwischen auch weniger auf dem Land als in den Städten finden. Dies gilt zumindest für die boomende progressive Bluegrass-Szene, die sich vom traditionellen Bluegrass teilweise so unterscheidet wie der Modern Jazz vom Dixieland.

Von Hans-Jürgen Lenhart

Die Vielfalt der stilistischen Erweiterungen hat dazu geführt, dass sich die innovative Generation der Bluegrassmusiker eher als Weltmusiker versteht und vom Image einer hartnäckig auf traditionelle Muster bestehenden Spielweise Abstand nimmt. Das Redneck-Image verdankt der Bluegrass dem Umstand, dass er in den 50er Jahren keinerlei stilistische Wandlungen durchlief und die Szene in den 60ern sich ausgesprochen rockmusikfeindlich gab. Noch heute besteht ein deutlich unterschiedliches Interesse an Traditionspflege und Erneuerung in der Szene, doch mehr bei den Fans als bei den Musikern. In der europäischen Szene dominieren zwar eher traditionelle Sounds, doch lassen sich Bluegrassmusiker nicht prinzipiell kategorisieren. Viele besonders der in der amerikanischen Rock-, Country- oder Jazzszene agierenden, progressiven Bluegrassmusiker sind genauso in vorderster Linie dabei, wenn es gilt, das traditionelle Material von Bill Monroe & Co. spieltechnisch auf höchstem Niveau zu präsentieren. So spielte der führende Bluegrassgitarrist Tony Rice sowohl Jazz mit Bluegrassinstrumenten in seiner Tony Rice Unit wie auch die Bluegrassklassiker in der Allstar-Truppe The Bluegrass Album Band.

Bill Monroe
David Grisman
Jerry Douglas
Nickel Creek

Stilistische Öffnung in den 60ern

Bluegrassmusik entwickelte sich als eine Variante der traditionellen, mit Saiteninstrumenten gespielten Old-Time- oder Hillbillymusik der irischen und englischen Einwanderer. Aus diesen Ursprüngen entwickelte sich auch die Countrymusik, die sich in den 40er Jahren in verschiedene Genres wie Western Swing, Honky Tonk und eben Bluegrass aufteilte. Der Mandolinenspieler und Sänger Bill Monroe begann schließlich Ende der 40er Jahre die traditionelle Stringbandmusik schneller, härter und spieltechnisch anspruchsvoller zu spielen. Er benannte seine Begleitgruppe nach dem blau schimmernden Gras seines Heimatstaats Kentucky The Blue Grass Boys, was dem Genre schließlich seinen Namen gab.

Sam Bush
Tony Rice

Bis Anfang der 60er änderte sich am Bluegrass-Stil so gut wie nichts, bis schließlich eine neue Generation von Musikern auftauchte. Bisherige Begleitinstrumente wie die Gitarre emanzipierten sich z. B. durch den blinden Musiker Doc Watson zum Leadinstrument. Durch ihn gab es auch stilistische Erweiterungen. Blues, Swing, Rock, Country und Folksongs wurden in das Repertoire mit aufgenommen. Es kam insbesondere bei den Fans zur Spaltung zwischen traditionellen Puristen und der an stilistischen Öffnungen interessierten Fraktion des „Newgrass“.

Von Jazzgrass, Spacegrass, Newgrass und Psychograss

Mitte der 70er Jahre vollzog sich die nächste große Veränderung. Bands wie New Grass Revival, die Väter der heutigen modernen Bluegrassmusik, fingen an, lange Improvisationen in die Stücke einzubauen. Die Vielfalt der aus dem Bluegrass inzwischen entstandenen Begriffe ist verwirrend. Im Jazzgrass z. B. werden mit dem Bluegrassinstrumentarium teilweise von Zigeunerjazz beeinflusste, lange, virtuose Improvisationen gespielt, die jedem Spieler viel Raum lassen. Sie klingen folkig, swingen aber jazzig.


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im Folker! 5/2005