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Mahala Raï Banda |
unterwegs: 30.09.05: Dendermonde (B), Cactus 01.10.05: Leuven (B), Cultuurcentrum 15.10.05: Brandenburg, Prix Europa (Eröffnungskonzert) 29.10.05: Düsseldorf, tba 05.11.05: Charleroi (B), L'Eden |
In den Vororten von Bukarest blüht eine seltsame Musikkultur, deren überaus beschwingte Vorboten mittlerweile in den Vororten der Metropolen Westeuropas ankommen. Mahala Raï Banda heißt in diesem Fall der Trupp, der eine lustig-liebenswerte Antwort auf die puren Speedfreaks der Balkan Brass Bands ist und mit Melodien zwischen HipHop, Pop, Jazz und Gypsyfolk gleichermaßen zum Tanzen und Nachdenken anregt.
Zehn Männer auf der Bühne: die Mahala Raï Banda! Im katakomben theater im Girardet Haus in Essen-Rüttenscheid. Sie machen heftig Stimmung, diese zehn Männer, vom ersten Moment an. Bewegliche junge Menschen tanzen vor der Bühne und in den Mittelgängen. Begeisterte, etwas ältere Menschen bewegen ihre Hände zum Mitklatschen. „We only play when you dance!“, droht der zum Bauchtanz animierende Sänger. Seine Drohung wirkt!
Von Adrian Wolfen
Die Mahala Raï Banda besteht aus rumänischen Romamusikern. Gypsys, Zigeunern. Aus Gründen der Political Correctness gab es Versuche der Sprachregelung: Der Begriff „Zigeuner“ erinnere an „ziehende Gauner“ und sollte deshalb nicht mehr verwendet werden. Mittlerweile darf, wer „Gypsy“ sagt, auch wieder „Zigeuner“ sagen.
Gleichwohl sind immer noch feine Sprachregelungen nötig. Denn als der Sänger auf die Frage, wie sie, die doch keine Noten lesen können, ihre Lieder lernen, mit dem begeisterten Ausruf antwortet „Wir Roma haben die Musik im Blut!“, ist leichtes Zusammenzucken angesagt. Denn, dass Roma, Juden und Afroamerikaner „etwas im Blut“ haben, war ja gerade das Argument für Ausgrenzung und Pogrome. Tatsächlich schuldet sich die angenommene besondere Musikalität der Schwarzen - übrigens, auch die Roma werden auf dem Balkan als „Schwarze“ bezeichnet - einer erzwungenen Kulturleistung. So antwortet Mahala Raï Banda-Leitwolf Aurel Ionita auf die Frage, woher es komme, dass er so gut Geige spielen kann: „Mein Vater spielte Akkordeon, mein Opa auch. So hatten wir zu viele Akkordeonisten in unserer Familie. Und da wir Geld verdienen mussten und bei Hochzeiten spielten, brauchte die Familie noch einen, der Geige spielt. Das war ich dann, sechs Jahre alt damals. Ich brauchte jahrelang, um das Instrument zu erlernen. Wenn ich einen Fehler machte, gab’s Prügel. Heute hat mein Sohn die freie Wahl. Ich habe ihn auf eine Musikschule geschickt. Aber später“ - so fügt er lachend hinzu - „wird er spielen müssen, was ich ihm sage!“ Wer mitlacht, versteht hoffentlich. Es ist nicht das Blut, sondern die Not, die den Bogen führt, die Saiten aufzieht und die Ventile drückt.
In Rumänien war das Ceausescu-Regime auf Romamusik nicht besonders gut zu sprechen. Rumänische Kitschfolklore wurde im Radio und im Fernsehen gespielt, aber in den Ghettos der Städte, da wurde eine ganz andere Musik gelebt. Wild und manchmal ein bisschen obszön. Zu obszön für den staatlichen Zensor. Wegen der oftmals orientalisch klingenden Melodien und der anstößigen Texte war die Musik der Ghettos deshalb kaum im Radio, dafür aber bei privaten Feiern zu hören und vor allem zu erleben.
Dass das Zigeunerleben so ungemein lustig also nicht war, auch davon handelt die Musik der Mahala Raï Banda. Ihre Mitglieder entstammen dem großen Romaclan um Nicolae Neacsu und damit dem Umfeld der bekannten Taraf de Haïdouks, die in den 90er Jahren ihren Siegeszug durch die Weltmusik antraten. Ihr Name bedeutet „edle Band aus der Mahala“, und der Begriff Mahala bezeichnet eben die Ghettos in den Vorstädten. Die Ärmsten der Armen wohnen hier, Roma zumeist, die in Rumänien zum Bodensatz der Gesellschaft gehören.
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