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Es gibt insgesamt, soweit dokumentiert, ![]() |
Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts fanden
die Frauen aus dem ländlichen Süden von Nordamerika, dass auch sie eine
Menge Geschichten zu erzählen hätten. Zu Hause, am Feierabend, bei
Familienfesten, bei der Arbeit auf dem Feld und am Bett ihrer Kinder - dort
waren sie schon immer Geschichtenerzählerinnen gewesen. Dabei hatten sie vor
allem auch gesungen - einfache Lieder von Herzschmerz und Abschied, von der
Untreue der Männer, von Träumen und vom harten Leben auf dem Lande und in
der Natur.
Die Männer waren entweder coal miner (Minenarbeiter) oder
moonshiner (illegale Whiskybrenner „bei Mondschein“) oder beides. Diese
gesungenen Geschichten sind bis heute die wahre Countrymusik. Es sind Lieder
zum Trost für die Kleinen, zur Unterhaltung für die Großen. Manche besaßen
ein Radio, alle waren arm. Die Frauen hielten tapfer durch, egal was
passierte, und sangen gegen ihr Schicksal an. Sie hießen Lulu Belle,
Louisiana Lou oder Moonshine Kate. Oft waren es Schwestern, wie die
Leathermen Sisters, oder ganze Familien, wie die Carter Family, die über den
eigenen Gartenzaun hinaus bekannt wurden, weil sie mutig live in Radioshows
auftraten. Seit 1922 existieren davon auch Plattenaufnahmen, meist Singles.
In dieser Tradition steht das wahre honky tonk girl Loretta Lynn. Als
vorzeitiges Geschenk zu ihrem 70. Geburtstag am 14. April bekam sie Anfang
des Jahres gleich zwei Grammys - einen für das beste Countryalbum und mit
Jack White einen für den Song „Portland Oregon“ von ihrer aktuellen CD
Van Lear Rose als bestes Country-Vokalduo.
Von Gitti Gülden
Fast alle Countrysängerinnen der jüngeren Generation, die über mehr singen
wollen als „Baby, I Love You“, beziehen sich auf die große alte Dame der
wahren Countrymusik. Keine ihrer Vorgängerinnen hatte es gewagt, so
unverblümt über die echten Probleme der Landfrauen zu singen. Viele Kinder,
von denen manche starben, viel Arbeit, großer Hunger, wenig Geld, erschöpfte
Männer, die zudem oft tranken, um ihre Sorgen zu vergessen. Keine schöne,
heile Welt. Loretta nimmt mit ihren Texten keine Rücksicht auf die Proteste
einer Unterhaltungsindustrie, die nach wie vor von meist erzkonservativen
Männern bestimmt wird. Statt über das Familienglück am heimischen Herd singt
diese kleine unerschrockene Frau über den Segen der Pille, das Unglück mit
den untreuen Männern, über die Herzlosigkeit mancher Politiker. Kein
zirpender Zuckerguss, sondern die Realität von Millionen. Das ist das
Geheimnis von Loretta Lynns Erfolg.
In ihrer jüngsten Autobiographie Still Woman Enough (in Anlehnung an einen ihrer ersten großen Hits „You Ain’t Woman Enough“ von 1965) schreibt Loretta als Fazit ihres bewegten Lebens: „Als Frau musst du immer Verantwortung übernehmen, für alles, was du fühlst und bist. Du bist immer das, was du anderen geben kannst. Angeblich steht hinter jedem großen Mann eine Frau. Ich meine: Hinter jedem großen Mann steht eine noch größere Frau. Frauen denken schneller, bewegen sich schneller, sind einfach schneller. Das ist die verdammte Wahrheit!“
Über 45 Jahre Karriere, über 50 Top-Ten-Hits, 20 Nummer-eins-Hits, unzählige Preise und Ehrungen, ein Stern in Hollywood, ein Riesenvermögen und mehrere Ländereien - die Tochter eines „Kohle-Kumpels“ aus Kentucky hat alles Recht dieser Welt, eine stolze Frau zu sein. Dabei fing ihr Leben mehr als bescheiden an.
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Folker!
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Folker!
-Schnupperabo!
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