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(Auswahl aus weit über 200 Werken; Jahr z. T. nicht feststellbar)
Mikis Theodorakis: |
Dieser Tage feiert Mikis Theodorakis seinen 80. Geburtstag. In seinem Heimatland ist der griechische Sänger und Komponist eine Ikone und hat im Rahmen eines beeindruckend umfangreichen Lebenswerks die griechische Musik mit einer Vielzahl von Kompositionen bereichert, darunter viele Lieder, aber auch Orchesterwerke, Sinfonien und Opern. Im Ausland am bekanntesten mag Theodorakis allerdings durch seine Filmmusiken sein, mit denen Klassiker wie Alexis Sorbas untermalt sind. Eine große Anzahl seiner ebenfalls weltbekannten Lieder wurden in nahezu sämtliche Sprachen übersetzt. Interpretiert wurden und werden sie von Künstlern überall auf der Welt - so veröffentlichte beispielsweise die in Berlin lebende Sängerin Jocelyn B. Smith mit Margarita (Blondell Prod./edel, 2000) ein Album mit Theodorakis-Songs - für einen darunter gewann sie Theodorakis selbst als Duettpartner.
Von Carina Prange
Immer erscheint der Mensch Theodorakis auch als politische Figur; Politik und Privates, sagt er im Folker!-Gespräch, seien für ihn untrennbar verbunden. Schon als junger Mann war er Teil des griechischen Widerstands gegen die deutsche Besatzung von 1941 bis 1944 und lehnte sich folgerichtig Ende der 60er Jahre wiederum auch aktiv gegen die griechische Militärdiktatur auf. Mehrfach war er Gefangenschaft und Folter ausgesetzt, an deren Folgen er noch Jahre später litt.
Stets für Völkerverständigung kämpfend, geriet Theodorakis lediglich einmal negativ ins Rampenlicht, als ein aus dem Kontext gerissenes Zitat in der rechtsgerichteten griechischen Zeitung Apogevmatini ihm antisemitische Tendenzen unterschob. Dies fiel nicht sonderlich schwer: Ein Mann der klaren Worte ist Theodorakis immer gewesen; jemand, der nie mit ausdrucksstarken, ja krass deutlichen Formulierungen geizte. Herangezogen wurde eine Aussage Theodorakis’ in einer Pressekonferenz anlässlich einer Buchvorstellung, wo er zwar Ariel Sharon kritisierte, nicht aber, wie geschickt unterstellt, das gesamte israelische Volk.
Auch die Liedsammlung auf Theodorakis’ aktuell erschienenem Album hat politischen Touch. Die CD nennt sich, so programmatisch wie biographisch rückwärts gewandt, Resistance („Widerstand“). Auf ihr enthalten sind historische Aufnahmen, die Theodorakis selbst von 1967 bis 1974 in seiner Verbannung während der Militärherrschaft aufgezeichnet hatte: Eine weitere Facette im Werk eines Mannes, der sich stets den Kampf für eine bessere Gesellschaft auf die Fahne schrieb - ein Kampf, der vielleicht nicht gewonnen werden kann, aber der, laut Theodorakis, auch niemals aufgegeben werden darf.
Viele von den Liedern, die jetzt auf der CD Resistance erschienen sind, haben Sie in jener Zeit, als Sie unter Hausarrest standen, auf Tonband aufgenommen. Wie fühlen Sie sich heute, wenn Sie diese Aufnahmen hören? Waren in jenen schweren Tagen der Gesang und das Vortragen der Lieder für Sie auch eine seelische Stütze?
Lassen Sie mich das kurz chronologisch zusammenfassen. Die ersten „Lieder des Widerstands“ hatte ich in den Anfangstagen der Diktatur komponiert, als ich mich in der Illegalität bei Freunden versteckt hielt; das war Mai 1967. Das Werk Katastasi Polorkias („Belagerungszustand“) entstand dann im Sommer des darauf folgenden Jahres in meinem Landhaus in Vrachati, wo ich unter Hausarrest stand. Ein weiteres Jahr später, als ich schließlich in Zatouna, in den Bergen Arkadiens, in der Verbannung war, entstand das Werk Pnevmatiko Emvatirio („Marsch des Geistes“).
Sie wollen wissen, wie ich mich heute fühle, wenn ich die Aufnahmen höre? Wenn ich an diese Zeit denke, mich frage, wie ich jene Momente überleben konnte? Mir wird geradezu schwindlig ... Und wie viele und was für Ereignisse danach noch folgen sollten!
Sicher, in jener Zeit habe ich auch andere Arten von Musik geschrieben; ich habe immer das Bedürfnis, zu komponieren, unabhängig von den Umständen, unter denen ich gerade zu leben gezwungen bin. Damals natürlich auch aus dem Motiv heraus, dass ich überzeugt war, die beste Antwort auf die Tyrannei sei die geistige und künstlerische Kreativität. Daraus schöpfte ich selbst meine Kraft. Und so, hoffe ich, gab ich die Kraft gleichzeitig auch meinen Landsleuten.
Ihr Werk umfasst Musik in all ihren Aspekten - sowohl sinfonische Musik als auch Film- und Theatermusik - und natürlich, nicht zu vergessen: traditionelle griechische Musik. In diesem Zusammenhang fand das Konzept der „Metasinfonik“ Eingang in Ihr Werk. Was steckt dahinter, wie würden Sie diese Idee beschreiben oder definieren?
Ich möchte vorausschicken, dass die Musik meiner Ansicht nach in zwei Sphären zerfällt. Der ersten Sphäre gehört die Musik an, die Sie „Folklore“ nennen, worunter man eigentlich eine traditionelle, lokale, ethnische Musik aus alter Zeit versteht. Diese Definition trifft, vor allem in ihrem letzten Teil, für Griechenland nicht zu. Unsere so genannten „Volkslieder“ sind nicht überliefert, sondern sind lebendige Lieder, geschrieben von bekannten Komponisten. Sie sind auch überhaupt nicht verwandt mit aktuellen leichtgewichtigen Liedern zur Zerstreuung, zum Tanz - jenen gewöhnlichen „Eintagsliedern“, deren Daseinsgrund heute lediglich darin besteht, die weltweite Unterhaltungsindustrie zu erhalten. Weil sie nur dazu dienen, die Sorgen des Alltags zu überspielen, pflege ich, sie die „Lieder des Vergessens“ zu nennen. Die griechischen Volkslieder sind dagegen „Lieder der Erinnerung“; sie sind, genau wie das deutsche Kunstlied, Schöpfungen bedeutender Dichter.
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