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Spaßvögel

Fink

Tradition ist immer das, was man daraus macht

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Discographie

Vogelbeobachtung im Winter
   (XXS/Indigo, 1997)
Loch in der Welt
   (XXS/Indigo, 1998)
Mondscheiner
   (L’age D’or/Zomba, 1999)
Fink
   (L’age D’or/ Zomba, 2001)
Letzter September - Live
   (Normal Records, 2002)
Haiku Ambulanz
   (Trocadero/Indigo, 2003)
Bam Bam Bam
   (Trocadero/Indigo, 2005)

unterwegs:
28.04.2005: Kassel, K19
29.04.2005: Berlin, Kesselhaus
04.05.2005: Hamburg, Fabrik
05.05.2005: Flensburg, Volksbad
06.05.2005: Halle, Turm
07.05.2005: Schwerin, Dr. K

„Deutschen Country gibt es nicht“ - so stand es vor acht Jahren im Begleittext zu ihrer ersten Platte Vogelbeobachtung im Winter. Was eigentlich als Scherz gedacht war, entwickelte sich schon bald zu einem Fluch für die Band um Texter und Sänger Nils Koppruch. Denn seither ist kaum ein Interview vergangen, in dem Fink nicht auf ihre etwaige Geistesverwandtschaft zu Interpreten wie Truck Stop, Tom Astor oder Gunther Gabriel angesprochen wurden. Eigentlich sollte ihr neues, mittlerweile sechstes Album deswegen Jazz heißen oder Blues, aber am Ende einigte man sich auf den etwas weniger plakativen Titel Bam Bam Bam.

Von Carsten Beyer

„Damit das klar ist“, sagt Bassist Andreas Voss zu Beginn unseres Gesprächs fast schon ein wenig aggressiv: „Wir sind keine deutsche Countryband, wir wollen es nicht sein und sind es auch nie gewesen. Das Etikett, dass man uns irgendwann einmal angehängt hat, ist schlichtweg falsch.“ Drei Tage sind Voss und Nils Koppruch, die beiden einzigen noch verbliebenen Gründungsmitglieder von Fink, zu diesem Zeitpunkt bereits auf Interviewtour für die neue CD, da ist dieses vorauseilende Statement verständlich. Schließlich wird Fink auch heute, nach neun Jahren Bandgeschichte, sechs Studioalben und ungezählten FINK Konzerten, immer noch gerne auf das Klischee von den Hamburger Reeperbahn-Cowboys reduziert.

US-amerikanische Vorbilder

Dabei stammt die Band eigentlich eher aus dem Umfeld der norddeutschen Folkszene. Letztlich waren es US-amerikanische Vorbilder aus der alternativen Countryszene, Bands wie Giant Sand, Lambchop und Uncle Tupelo, die dazu führten, dass die Hamburger „artfremdes“ Instrumentarium in ihre Musik zu integrieren begannen. Dobro, Pedal Steel und Slide Guitar werden bei ihnen allerdings in den seltensten Fällen genrekonform eingesetzt, und mit Nietengürteln und Fransenlederjacken haben sie auch nichts am Hut. Und als sie auf ihrem zweiten Album Loch in der Welt einmal den alten Kraftwerk-Klassiker „Autobahn“ coverten, stilecht mit Banjo und Bottleneck, Grafik von Imke Staats da war auch das eher ein ironischer Kommentar als ein ernsthaftes künstlerisches Statement. „Wir haben nie konzeptionell gedacht. Wir wollen Lieder machen mit Instrumenten, die uns gefallen, und um damit bestimmte Stimmungen ausdrücken zu können.“ So sah Nils Koppruch es damals und so ist die Philosophie der Band auch noch heute.

So überrascht bereits „Bam Bam Bam“, das Titelstück der neuen CD, mit zwei hinterhältig untergemischten Samples der Soul Stirrers und der Pilgrim Travellers, beides schwarze amerikanische Gospeltruppen aus den 40er Jahren. „Ich habe bei den Aufnahmen zur neuen Platte sehr viel Gospel gehört“, sagt Nils Koppruch, der auch auf Bam Bam Bam wieder alle Stücke im Alleingang geschrieben hat. „Inspiriert von Solomon Burke bin ich zunächst bei den Blind Boys of Alabama gelandet und habe mir dann auch noch ein paar alte Platten vom Golden Gate Quartett gekauft. Das war für mich bislang unbekanntes Gebiet, aber gerade deshalb fand ich es interessant, diese Musik FINK bei Fink mit einfließen zu lassen.“

Gospel für Atheisten

Sogar an einem eigenen Gospelstück versuchte sich der bekennende Atheist Koppruch auf der neuen CD. In dem Song „Durchreise“ geht es um das Bewusstsein, alle wichtigen Dinge des Lebens im Diesseits erledigen zu müssen, da man im Jenseits möglicherweise nicht mehr dazu kommt: „Wir reisen hier nur durch und nehmen nichts mit / Den Himmel sehen wir uns an, hier und jetzt / Die Reise geht nur hin und nicht zurück / Wir müssen von da weiter, wo wir sind.“ Mit seinem eigentümlich schleppenden Beat und der verzerrten Gitarre im Hintergrund wirkt das Lied eher wie ein Anti-Gospel, aber auch hier gilt das Finkmotto: Tradition ist immer das, was man daraus macht.


FINK
Bam Bam Bam

(Trocadero/ Indigo)
13 Tracks, 46:46, mit Texten

„Bam Bam Bam, da ist ein Klopfen, Bam Bam Bam.“ Ihre neue, mittlerweile sechste Studioproduktion eröffnen Fink mit einem Titel, der der alten NDW-Kapelle Trio würdig gewesen wäre. Ein weiteres Stück auf der CD ist schlicht „Jajaja“ betitelt, doch keine Angst: Fink sind nicht auf einmal Minimalisten geworden, die nur noch mit Gitarre und Standschlagzeug auskommen. Im Gegenteil: Bam Bam Bam ist die am aufwändigsten produzierte und instrumentierte Fink-Platte bislang, und das hat der Band gut getan. Anderthalb Jahre nach Haiku Ambulanz, der CD, mit der den Hamburgern sogar der Einzug in die Charts gelang, ist Fink schon wieder ein Stückchen weiter. Das liegt am mittlerweile fest etablierten Kernduo Nils Koppruch (Gitarre, Gesang) und Andreas Voss (Bass), das liegt aber auch an den auf der letztjährigen Tour dazugestoßenen Neu-Finken Red (Keyboards, Gitarren), Oliver Stangl (Gitarre, Banjo) und Christoph Kähler (Schlagzeug).

Bam Bam Bam ist weniger elektronisch als sein Vorgänger, auf dieser CD klingen Fink wieder wie eine richtige Band: Folk, Country, Gospel, Krautrock, Elektronik, Soul und Sixties Rock - alle Genres werden ganz selbstverständlich durcheinandergemischt. „Die Wirklichkeit“, sagt Gitarrist und Sänger Nils Koppruch, „gehört schließlich allen, wie sollte sie da eindeutig sein? Ich hab’ kein Interesse daran, die Dinge langweiliger zu machen, als sie sind, nur weil wir Popmusik machen.“ Besonders gut gelingt dieses Anliegen auf dem Titelstück „Bam Bam Bam“, einem musikalischen Machtwort, das dröhnende Bluesgitarren mit gesampelten Gospelchören aus den 40er Jahren unterlegt. Solche satten Klänge von einer deutschen Band - das hat meine Autostereoanlage schon lange nicht mehr erlebt. Doch auch danach geht es ähnlich dynamisch weiter. Beinahe atemlos hechelt sich Nils Koppruch durch seine bildreichen Texte, während seine Mitstreiter das rhythmische Fundament zuliefern - ob das nun „Durchreise“ ist, „Hüftschwung“ oder „Totes Pferd“. Ihre Sonderstellung in der deutschen Musikszene nehmen Fink in dem Song „Doppelhopp“ selbstironisch aufs Korn: „Manche sagen Kantriekram und andere Dudelei / Von mir aus ist es bloß Musik, ich misch mich da nicht ein.“

Erst auf der zweiten Hälfte der CD geht es etwas ruhiger zu. Hier kann man auch mal durchatmen und sich an der Trennschärfe der Koppruch’schen Beobachtungen erfreuen. Fink schaffen das Kunstück, ein völlig unpeinliches deutschsprachiges Liebeslied auf der CD unterzubringen („Dies für Dich“), und Stücke wie „Manchmal“ oder „Jajaja“ bringen dann auch die lyrischen Qualitäten der Musiker zum Vorschein. Bam Bam Bam - das ist Fink in absoluter Höchstform. Vielleicht hatten also die vielen Personalwechsel der letzten Jahre doch auch ihr Gutes. Der ersten Auflage der CD liegt eine limitierte Bonus-DVD bei - mit einem ausführlichen Bandinterview sowie einem Roadmovie von der letzten „Finkenflug“-Tournee. Schnelles Zugreifen lohnt sich also in diesem Fall wirklich.

Cbe

 

FINK - Bam Bam Bam


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Mehr über Fink
im Folker! 3/2005