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Will man nach Letterfrack gelangen, dann muss man von Galway aus noch ziemlich lange stramm Richtung Westen fahren, durch die einsame, unwirtliche und zugleich faszinierende Landschaft Connemaras, wo Schafe wie selbstverständlich ihr Mittagsschläfchen auf der Straße abhalten. Der abgelegene Ort ist gewiss nicht die Metropole der internationalen Musikszene, aber dennoch scheint dort gute, traditionelle irische Musik in der Luft zu liegen, meist wohl in der Luft der örtlichen Pubs. Das sind die Klänge, die Sharon Shannon liebt und die sie mit einer solchen Perfektion zu spielen versteht, dass sie zu so etwas wie deren Aushängeschild geworden ist. Sharon Shannon hat vor wenigen Jahren Letterfrack ganz bewusst als Ort gewählt, um ihr von der Presse hochgelobtes Album The Diamond Mountain Sessions aufzunehmen, weil sie dort einige der besten Sessions erlebt habe. Für die Aufnahmen funktionierte sie kurzerhand ein Hostel für einige Wochen zum Tonstudio um. Shannon ist eine Frau, die ungewöhnliche Wege geht, und genau das spiegelt sich in ihren Alben wider.
Von Markus Dehm
Man fragt sich oft, wie Künstler zu der Musik gefunden haben, die sie spielen. Bei Sharon Shannon muss man nicht lange nach der Antwort suchen. Sie kommt aus dem County Clare, eine der irischen Grafschaften, in denen die traditionelle Musik seit jeher besonders gepflegt wird. Bereits im zarten Alter von sechs Jahren begann sie, Akkordeon und Tin Whistle zu spielen. Fiddle und andere traditionelle Instrumente kamen hinzu, aber es war letztlich das Akkordeon, das sie bekannt gemacht hat. Gerne wird sie als „Jimi Hendrix des Akkordeons“ bezeichnet, was darauf schließen lässt, dass sie dieses Instrument mit außergewöhnlicher Virtuosität beherrscht.
„Céilí dances (traditionelle irische Tanzveranstaltungen) und Spontansessions in Pubs haben mich in meiner musikalischen Entwicklung stark beeinflusst“, sagt sie. „Vor allem war es ein Fiddler, Tommy Peoples, der einen besonderen Einfluss auf mich hatte. Meine Musik wäre gewiss eine andere, wäre ich in einem anderen Teil der Welt aufgewachsen.“
So fasziniert sie von der traditionellen Musik ihrer Heimat ist, so offen war sie aber auch bereits als Heranwachsende gegenüber anderen Musikrichtungen. „Natürlich“, sagt sie, „habe ich als Kind und Jugendliche auch Pop- und Rockmusik gehört, aber das tat meiner Liebe zur traditionellen Musik keinen Abbruch. Traditionelle Musik war für mich keine uncoole Musik, dafür habe ich sie einfach immer zu gerne gemocht.“
Sharon war noch keine 20 Jahre alt, als Jim Sheridan, der Regisseur von Filmen wie Mein linker Fuß und The Field sie anrief und bat, die Musik für seine Inszenierung von Brendan Behans Bühnenstück The Hostage zu komponieren. Sicherlich eine große Ehre für die junge Sharon. So richtig begonnen hat ihre Profikarriere allerdings erst, als John Dunford, Produzent der erfolgreichen Gruppe The Waterboys, ihr Talent erkannte und ihr zu ihrem ersten Album verhalf, für das er eine Menge bekannter Musiker aus Irland und Großbritannien gewinnen konnte. Unter ihnen auch Mike Scott, Kopf besagter Waterboys, der Sharon daraufhin zu seiner Band holte.
Ihr Debütalbum war mit 120.000 verkauften Scheiben ein enormer Erfolg und wurde in der Fachpresse als „das traditionelle Album der 90er“ gefeiert. Der Grundstein für eine große Karriere, wenn auch in einem Nischenmarkt, war gelegt.
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