Es gibt DVDs, CDs und spezielle Serien, die sich den herkömmlichen Kriterien einer Rezension entziehen. Gerade in einer Zeit, in der Tonträger preiswert produziert werden können und die Menge an Veröffentlichungen inflationär ist, sind anspruchsvolle Serien besonders wichtig. Engagierte Vorhaben, ganz gleich ob tatsächliche oder angebliche, müssen sich mit strengeren Maßstäben messen lassen als z.B. eine ordinäre Kompilation. In diesem Heft schreibt Achim Hennes über die DVD-Box
Im Jahr 2003 besann sich die amerikanische Nation (wieder einmal) auf ihre musikalischen Wurzeln und rief folgerichtig das "Jahr des Blues" aus. Landauf, landab wurden (die ohnehin stattfindenden) Konzerte, Festivals und Plattenveröffentlichungen als Teil der großen Inszenierung gefeiert, und auch die Filmbranche leistete ihren Beitrag. Unter der Leitung von Martin Scorsese und sechs weiteren ("immer schon dem Blues verfallenen") Regisseuren entstanden sieben Filmbeiträge, die alle im US-TV ausgestrahlt wurden.
Die Entsprechung des amerikanischen "Jahr des Blues" sollte ab August 2003 im deutschen "Sommer des Blues" gefunden werden, doch der geriet gründlich verregnet. Mit dem Kinostart 2003 klappte es nicht, und erst ab April 2004 wurden vereinzelt Filme der siebenteiligen Reihe in wenigen deutschen Kinos gezeigt (so z. B. in einer Großstadt wie Köln gerade einmal vier Filme in einem [!] Kino).
Abhilfe kann nun die auf DVD erschienene Komplettedition aller sieben Filme schaffen, und dass in gleich zwei Ausführungen. Inhaltlich identisch, unterscheiden sich die "Collectors Box" und die "limitierte Gitarrenedition" lediglich in der äußeren Aufmachung (= Verpackung). Die sieben Filme stellen keine aufeinander folgende oder -aufbauende Serie dar, sondern stehen zunächst gleichberechtigt nebeneinander. Die individuelle Sicht oder Vorliebe des jeweiligen Regisseurs bestimmt dabei die Näherung an das Thema, teils umfassend, meistens jedoch in Teilaspekten.
Für mich ist dabei Wim Wenders Beitrag The Soul Of A Man das Kernstück der Reihe. Die Lebensgeschichte von Blind Willie Johnson, Skip James und J. B. Lenoir wird in sowohl authentischen als auch nachgespielten und mit der Originalmusik unterlegten Bildern erzählt. Die Originalsongs werden den Interpretationen heutiger Musiker gegenüber gestellt, und die fast hilflosen Versuche der Gruppen Cream oder der Jon Spencer Blues Explosion treffen auf die tiefe Emotionalität von Cassandra Willson, Shemekia Copeland oder auch Lou Reed. Die (für mich) stärksten Momente der ganzen Filmreihe sind die kurzen Ausschnitte mit Skip James auf dem 64er Newport Festival. Sie zeigen ihn kurz nach seiner "Wiederentdeckung": 33 Jahre lang war er verschwunden, und nun, direkt aus dem Jahr 1931 kommend, singt und spielt er vor einem 20000-köpfigen Publikum, welches genauso atemlos lauscht wie Bukka White und Son House, die gemeinsam mit ihm auf der Bühne sind - und es wirkt, als spiele er nur für sich selbst ...
Erschienen auf MC-One (SMADVD030-36)
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-Schnupperabo!
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