Network Medien

Folker!-Labelporträt (16)

Weltmusik als Kunstmusik

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Das Frankfurter Label wird 25 Jahre alt

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Ausgerechnet eine deutsche Firma, deren Alben es hierzulande noch nicht einmal in normalen Plattenläden gibt, zählt zur Oberliga der internationalen Weltmusiklabels. Firmengründer, Geschäftsführer und Produzent Christian Scholze ging schon immer unkonventionelle Wege.

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Eigentlich wollte er ursprünglich den mächtigen Medien mit politisch-aufklärerischer Gegenöffentlichkeit Paroli bieten, doch ist sein Angebot Christian Scholze mit Sexteto Mayor an akustischer Weltmusik heute genauso ein Gegenpol zu dem, was die Massenmedien an Mainstream-Pop und Ethno-Trends abfeiern. Eigentlich hat das Label seinen Sitz in Frankfurt am Main, doch zieht es Scholze immer wieder an seinen zweiten Wohnsitz nach Kreta. Dort lieben ihn seine griechischen Freunde so sehr, dass sie ihn vor einiger Zeit nackt in eine Tonne steckten, den örtlichen Popen holten und ihn einfach in Christos Scholzakis umtauften. Und eigentlich hätte sein genialer Deal mit dem Zweitausendeins-Versand gleich zu Beginn mit einer vollkommenen Pleite enden müssen, aber im April 2005 feiert Network dennoch sein 25jähriges Jubiläum. Aber eigentlich fing alles sowieso ganz anders an ...

Von Hans-Jürgen Lenhart

Die Geschichte des Labels beginnt um 1980 an politischen Brennpunkten wie der Startbahn West des Frankfurter Flughafens oder im Anti-Atomkraft-Dorf der Republik Freies Wendland. Scholze hatte wie ein Robin Hood der Mediengesellschaft vor, "... dass Leute mit dem verbreiteten Medium Kassettenrekorder selbst zum Reporter werden, um damit Gegenöffentlichkeit über die Wahrnehmung von Politik im Alltag zu betreiben." Dabei entstandene O-Ton-Reportagen wurden zunächst in einem Netzwerksystem vertrieben. Das Material wurde aber endlos weiterkopiert. Daher waren die Verkaufszahlen nicht sehr hoch und man verschuldete sich. Scholze erinnert sich, wie es zur Umorientierung in Richtung Musik kam:

"Ich war damals Gutachter für Entwicklungsprojekte in der Dritten Welt und wurde gefragt, ob ich den Vorstand der Gesellschaft Network Medien übernehmen würde. Unter zwei Bedingungen war ich dazu bereit: 1. Wir dürften uns nicht mit Geldern von einer Bank abhängig machen. 2. Ich wollte Musik aus den Ländern im Programm von Network haben, die ich bereist hatte. Man war damit einverstanden. Nun kannte ich auch die Inhaber vom Zweitausendeins-Versand mit seinen bundesweit verzweigten Läden und bot ihnen ab 1982 unsere Produktionen an. Mit Joachim Ernst Behrendts revolutionären Radio-Sendereihen auf Kassette wie Die Welt ist Klang - Nada Brahma stellte sich da ab 1988 auch ein großer Erfolg ein."

Scholze musste jedoch großes Lehrgeld dafür zahlen, weil sich kurz vor der Veröffentlichung alle möglichen Justiziare wegen der Copyrights zu den einzelnen Hörbeispielen meldeten. Damals sah er sich schon wegen einer denkbaren Schadensersatzklage von Zweitausendeins im Gefängnis. Doch er machte die Flucht nach vorne, Christian Scholze und Jean Trouillet bat die Firmenvertreter um Hilfe und konnte sich mit ihnen einigen.

Der WDR steigt ein

1991 kam dann das Angebot des WDR dazu, sein riesiges Archiv an Eigenproduktionen mit Weltmusik zu öffnen. Der WDR war an einer umfangreichen und sorgfältigen Edition interessiert. So entstand die Reihe World Network, in der insgesamt 49 CDs veröffentlicht wurden, die den ganzen Erdball abdecken. Man kann hier Youssou N'Dour einmal ohne Hightech mit der Diva des Senegals, Yandé Codou Sène, erleben oder die alpenländische Folklore ohne Kitschfaktor neu entdecken. Zum Erfolg der Reihe trugen vor allem die umfangreichen und sehr informativen Booklets bei. Damit wurde das Interesse von Kunden an der Musik ganzer Kontinente geweckt, und so machten Aufnahmen, die normal nur 250 Exemplare verkauft hätten, das Tausendfache an Umsatz. Entsprechend wurden die Network-Veröffentlichungen auch oft mit Schallplattenpreisen bedacht.

CD 1-49

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