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Nafra (Selbstverlag, 2000) |
Nur ca. 390.000 Einwohner verteilen sich auf die zwei bewohnten Inseln, auf Gozo sowie auf das viermal größere Malta mit der Landeshauptstadt La Valetta. Dies entspricht in etwa der Einwohnerzahl Bochums und flächenmäßig den Städten München oder Bremen. Die Inselrepublik, die erst 1964 ihre Unabhängigkeit erhielt, liegt im Mittelmeer (ca. 100 km südlich von Sizilien) und ist seit Mai 2004 einer der 25 EU-Staaten - fast unbemerkt hat sich dieses Land neben dem griechischen Teil Zyperns unter dem Begriff der „Osterweiterung“ in die Europäische Union eingeschlichen. Einen Einblick in die Musikszene der Insel gab im vergangenen Jahr die Gruppe Etnika beim italienischen Festival Folkest.
Etnika bringt traditionelle Musik - ganz im Gegensatz zur möglichst authentischen Präsentation - durch Einbezugnahme experimenteller Elemente in ein zeitgenössisches Kleid und integriert einheimische, z. T. längst verloren geglaubte Musikinstrumente wie die flejguta (Flöte) oder den zaqq (Dudelsack) in die Musik der Gruppe, die dadurch wieder zu neuem Leben erweckt werden.
Von Matti Goldschmidt
Gemessen an diesen Randdaten ist der heutigen Republik Malta sicherlich kein vorderer Platz im Weltgeschehen einzuräumen. Ihre geographische Lage jedoch ließ sie zum Tummelplatz der Weltmächte vergangener Epochen werden: Heute unbekannten Kulturen folgten Phönizier, Punier, Römer, Griechen, Araber, Spanier, der Johanniterorden, Franzosen (wenn auch nur für zwei Jahre) sowie schließlich die Briten. Dies alles hat ein kulturelles Gemisch hinterlassen, das selbst im abwechslungsreichen mediterranen Raum als einmalig zu bezeichnen ist.
Andrew Alamango ist einer der ursprünglichen Gründer des Projektes „Etnika“. Während seines Studiums der Musikwissenschaften stieß er auf die Frage, wie es käme, dass praktisch alle mediterranen Länder eine genuine, sogleich zuordenbare Musik aufweisen können - nur Malta offensichtlich nicht. Spätestens seit dem 16. Jahrhundert, als die Johanniter Rhodos verlassen mussten und dafür die damals noch Afrika zugerechnete Inselgruppe erhielten, wurde die einheimische Musik - einschließlich der gängigen (Volks-) Tänze - sukzessive so weit in den Hintergrund gedrängt, dass schließlich buchstäblich nichts mehr von ihr übrig war. Mit Ausnahme des Volksliedgutes, das zum einem seinen orientalischen Rhythmus, zum anderen die oft improvisierten Texte beibehielt. Das, was sonst an Musik und Tänzen erhalten blieb, musste (übrigens bis in die Neuzeit) in das gängige Schema des offiziellen Christentums passen: So wurde beispielsweise die zummara, eine Art Flöte aus Schilfrohr, durch die Klarinette ersetzt. Und um etwa den wenigen überlieferten Folkloretänzen jegliche auch nur mögliche Erotik zu nehmen, wurden die Frauenrollen züchtigerweise von Männer übernommen, natürlich in entsprechenden Frauenkleidern.
Während Alamango mit dem Berichterstatter in einem Café einer norditalienischen Kleinstadt sitzt, erzählt er, wie er nach abgeschlossenen Studium und einigen Jahren Auslandsaufenthalt alte Kollegen, darunter den aus Serbien stammenden Andrej Vujicic und somit einzigen Nichtmaltesen, in der heutigen 13-köpfigen Besetzung der Gruppe wiedertraf. Ziel war es, die verschiedenen Ideen zur Wiederbelebung der maltesischen Folklore und die einzelnen kulturellen Ströme miteinander zu verbinden. So ging man beispielsweise in die letzten, vom urbanen Umfeld noch nicht absorbierten Dörfer und fand tatsächlich den einen oder anderen Einwohner im zumeist fortgeschritteneren Seniorenalter, der noch die Fertigkeit des Instrumentenbaus besaß. So konnte man neben den bereits erwähnten Blasinstrumenten auch zwei Perkussionsinstrumente wiederentdecken, den tanbur, ein mit Ziegenhaut bespanntes tambourinähnliches Schlaginstrument, und die zafzafa, die rhythmisch mit einem Rohrstück geschlagen wird.
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