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Folker!-Labelporträt (15):

Gutmütiger Fisch inmitten von gefräßigen Haien

"pläne"-Verlag wird 40

go! www.plaene-records.de

40 Jahre "pläne": Das kommt einer mittelgroßen Sensation gleich. Dass sich ein kleines unabhängiges Label mit einem politisch so stark (links) engagierten Programm so lange auf dem hart umkämpften Tonträgermarkt halten kann, ist keine Selbstverständlichkeit. In Zeiten von Turbokapitalismus und Download-Boom nimmt sich "pläne" wie ein gutmütiger alter Fisch aus, der inmitten von gefräßigen Haien schwimmt. Lieb gewonnen hat man ihn, schließlich versorgt er uns seit vier Jahrzehnten mit feinen Musiken wie denen von Hannes Wader, Giora Feidman, Liederjan, Lydie Auvray, Oysterband, Dieter Süverkrüp, Zupfgeigenhansel, Victor Jara oder Naked Raven. Die meisten dieser Künstler finden sich auch auf einem neuen Sampler mit dem Titel plaene@world (s. a. Verlosung in der "szene").

Von Frank Schuster

Eigentlich ist "pläne" noch viel älter als 40 Jahre. Das Dortmunder Label hat eine Vorgeschichte: Alles beginnt mit einer subversiven Zeitschrift gleichen Namens, die Anfang der 30er gegen den drohenden Hitlerfaschismus anschreibt, herausgegeben von der Deutschen Jungenschaft, eine Organisation der "Roten Pfadfinder", die 1933 von den Nazis verboten wird. 1956 erscheint die Zeitschrift wieder, 1961 knüpfen Dieter Süverkrüp, Gerd Semmer, Arno Klönne und Frank Werkmeister an dem couragierten antifaschistischen Engagement an, das mit dem Namen verbunden ist, und gründen "pläne" als Verlag. Deutschlands erster Autorenverlag bringt zunächst nur Bücher heraus, etwa Liedersammlungen für die Ostermarschierer mit Songs gegen die Atombombe.

"Anfang der 60er Jahre war es für linke Liedermacher noch fast unmöglich, bei einer Plattenfirma zu landen", erinnert sich Ulli Hetscher, heute langjährigstes "pläne"-Mitglied. Dieter Süverkrüp und Hanns Dieter Hüsch machten aus der Not eine Tugend und produzierten auf eigene Kosten Kurzschallplatten mit jeweils vier Stücken. Sie vertreiben sie vom heimischen Wohnzimmer aus. "Der Erfolg war so groß, dass sie die Geschäfte in professionelle Hände legen mussten", so Hetscher. Die erste Langspielplatte erscheint 1965: Lieder des europäischen Widerstandes gegen den Faschismus 1933-63. Der Eintrag ins Handelsregister erfolgte ein Jahr zuvor. Der renommierte Schauspieler Hanns Ernst Jäger nimmt eine "pläne"-LP auf: Bertolt Brecht: Songs, Gedichte, Prosa - die Rechte zur Veröffentlichung erteilt Brecht-Witwe Helene Weigel persönlich.

"Wenn die Haifische
Menschen wären,
würden sie natürlich
auch untereinander
Kriege führen."
Bertolt Brecht,
Geschichten vom
Herrn Keuner

"Klein, aber oho"

Einen ersten Boom bescheiden dem Label - eine Ironie der Geschichte - ausgerechnet rechte Militärdiktaturen. Ende der 60er Jahre ist Mikis Theodorakis, dessen Musik und demokratischer Kampfgeist weit über die Grenzen seines Landes hinaus bekannt sind, in einem griechischen Konzentrationslager eingekerkert. Unter abenteuerlichen Umständen wird eines seiner Tonbänder aus dem KZ geschmuggelt und gelingt zu guter Letzt an seinen Bestimmungsort: den "pläne"-Verlag in Dortmund. Dieser veröffentlicht die erste Theodorakis-LP in der Bundesrepublik. Es folgt eine LP mit den Exil-Spaniern Juan & José: Guanyarem - Lieder des spanischen Volkes. Auch Musiker aus anderen Diktaturen finden Aufnahme im "pläne"-Programm: der 1973 von Militärputschisten ermordete Victor Jara und Inti-Illimani aus Chile sowie José Afonso aus Portugal. Afonsos LP Grandola - mit dem Lied des portugiesischen April 1974 - erhält 1976 den von der Phono-Akademie vergebenen begehrten Deutschen Schallplattenpreis in der Sparte Folklore.

Selbst ein auflagenstarkes Magazin wie Der Spiegel kann sich nun nicht mehr verschließen, das Label wahrzunehmen, das bei Fans das Prädikat "klein, aber oho" führt. So schreibt das Magazin 1976: "Linkes Liedgut, von den Musikkonzernen vernachlässigt, beschert dem kleinen Dortmunder "pläne"-Verlag einen überraschenden Boom." Die Frankfurter Rundschau, 1970: "Der Dortmunder 'pläne'-Verlag ... hat sich, lange bevor 'rot' Mode wurde, um die Veröffentlichung radikaldemokratischer und sozialistischer Äußerungen und Entwürfe bemüht."


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im Folker! 1/2005