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Lullabies From The Axis Of Evil - "Schlaflieder von der Achse des Bösen" - hinter einem solchen Titel würde man spontan eine Punk-CD vermuten. Aber der Titel ist wörtlich gemeint: Fünfzehn Wiegenlieder aus dem Iran, dem Irak, aus Nordkorea, Afghanistan, Palästina, Syrien und Kuba sind darauf in geschmackvoll zeitgemäßer Aufbereitung zu hören. Dahinter steckt der norwegische Musikproduzent Erik Hillestad. Er ist ein politisch wachsamer Zeitgenosse, der genau hinhört und vorsichtig formuliert. Die letzten zwei Jahre reiste er durch den Nahen und Mittleren Osten, um auf seine ganz persönliche Weise der Doktrin von der "Achse des Bösen" entgegenzutreten. Der von dem US-Konservativen und Bestsellerautor David Frum* und George W. Bush geprägte Terminus bezieht sich auf den Iran, den Irak, Nordkorea und deren so genannte "terroristische Verbündete". Über Privatkontakte und Hilfsorganisationen fand Hillestad Sängerinnen aus diesen Ländern, die ihm Schlaflieder vorsangen. Später mischte er diesen Soloaufnahmen westliche Stimmen bei, darunter Rickie Lee Jones, Kari Bremnes (s. Folker! 01/2004), Lila Downs und Nina Hagen. Welch politisch heißes Eisen er angefasst hat, zeigte sich darin, dass ein Drittel der gefragten West-Kandidatinnen aus Angst um Karriere oder Green Card absagte. Gerade in solchen Reaktionen spiegelt sich für Hillestad jedoch die Kraft der Musik. Auf der WOMEX in Essen gab er auf sympathische, zurückhaltende Art über dieses Projekt Auskunft.
Von Elise Schirrmacher
Sie sind zwei Jahre durch den Nahen und Mittleren Osten gereist und haben unter zum Teil widrigen und nicht ungefährlichen Umständen dort zahlreiche Sängerinnen aufgenommen. Was hat sie zu diesem Schritt bewegt?
Da war dieser Morgen im Januar 2002. Ich wachte in meinem Bett auf und hörte George W. Bush im Radio von der "Achse des Bösen" reden. Das machte mich sehr wütend. Es ist ein Glück, dass wir lange Zeit in der westlichen Welt keine Politiker hatten, die über andere Nationen in so beschämender Weise gesprochen haben. Er verwendet da wirklich eine drastische, neue Rhetorik. Ich fragte mich, wie ich mich als Privatperson zu den so rüde gegeißelten unzähligen Menschen verhalten kann und beschloss, mithilfe der Musik ein Licht auf deren reiche Kulturen zu werfen.
Warum haben Sie das Genre Schlaflied gewählt?
Ich habe mich für Schlaflieder entschieden, weil sie in gewisser Weise eine Gegensprache zu der Sprache des US-Präsidenten sind. Schlaflieder geben Geborgenheit und Liebe, und außerdem sind sie universal: Überall auf der Welt werden Schlaflieder gesungen. Sie sind die Keimzelle von Kommunikation. Gegen ein Wiegenlied kommt man nicht an, weil es so stark ist. Es berührt einen in dem Moment, in dem es gesungen wird. Ich glaube, es ist eine großartige Waffe für den Frieden.
Track 9, ein Lied aus Syrien, kommt für ein Wiegenlied aber sehr rockig daher. Ich habe versucht, mit der Musik der CD einzuschlafen, doch bei diesem Titel saß ich wieder senkrecht im Bett.
(Schmunzelt) Soso ... Richtig, es gibt auf dieser insgesamt sehr ruhigen CD eine kleine Ausnahme. Aber zum einen sind die Lullabies nicht in erster Linie für Kinder gedacht, sondern als Denkanstoß für Erwachsene in einer aus den Fugen geratenen Welt. Und zum anderen kann ich zu meiner Verteidigung sagen, dass ich selbst zwei Töchter und einen Sohn in den Schlaf singe - und bei Jungs braucht es immer erst ein zügigeres Lied, bis man sie auf einen gewissen Einschlaflevel herunter gekurbelt hat ...
Sie sagen es selbst: Auch Männer singen Schlaflieder. Warum haben Sie nur Frauen aufgenommen? Sind Frauen bessere Menschen? Nistet sich da nicht durchs Hintertürchen das Klischee ein, dass Frauen für Haus, Familie und Frieden zuständig sind? Und wäre es nicht sogar eindrucksvoller gewesen, männliche Gegenstimmen zu Bush einzufangen?
Als Mann fällt es mir schwer, zuzugeben, dass Frauen bessere Menschen sind. Aber ich halte das tatsächlich für eine relevante Frage. Zumindest übernehmen Frauen mehr Verantwortung für ihre Familien und Kinder. Aber das ist nicht der Grund, warum ich Frauen gefragt habe, Schlaflieder zu singen. Der Grund ist, dass Frauen in vielen dieser Länder nicht den Mund aufmachen dürfen. Sie leben ein Schattendasein, vom öffentlichen Singen ganz zu schweigen.
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