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Gundi Made in West Germany:
Über Spurensucher und Seelenverwandte |
"Rockpoet und Baggerfahrer", "Rio Reiser des Ostens", "Springsteen des Ostens" - Gerhard "Gundi" Gundermann wurde oft mit diesen oder ähnlichen Worten charakterisiert. In der Lied- und Rockszene der neuen Bundesländer besitzt er heute Kultstatus und sechs Jahre nach seinem frühen Tod ist seine Popularität, obwohl sie erst nach der Wende kam, ungebrochen. Seit einiger Zeit wird er auch - dank der Tübinger Randgruppencombo - im Westen Deutschlands entdeckt. Gundermann war ein Phänomen, ein widersprüchlicher Querdenker und Visionär, unbequem und neugierig, aber unbestritten einer der besten Songschreiber Deutschlands. Unter der Überschrift "Sag', wolltest du nicht noch" wird das Festival Musik und Politik 2005 (24. bis 27. Februar) in Berlin Gundermanns Lebenswerk mit einem Konzert würdigen. Angesagt haben sich dafür die Haase-Band, Stefan Körbel, Manfred Maurenbrecher, Rakatak und Bettina Wegner (Infos unter www.songklub.de).
Von Reinhard "Pfeffi" Ständer
Gundi stammt aus Weimar, der Dichterstadt, wo er 1955 geboren wurde. 1967 zog
er mit seinen Eltern in die Braunkohle- und Neubaustadt Hoyerswerda in der
Lausitz. Dort existierte bereits ein bekannter FDJ-Singeklub, dem er sich 1972
anschloss und für den er erste Liedtexte schrieb. Nach Abitur und
abgebrochenem Offiziersstudium begann er auf einem Kohlebagger im Tagebau zu
arbeiten, nebenbei wurde er schon bald zum Kopf des Singeklubs. Da er andere
künstlerische Vorstellungen hatte als das bloße Liedersingen, gründete er 1978
mit den wichtigsten Singeklubmitgliedern das Liedtheater Brigade Feuerstein
(ein historischer Begriff für Kohle). Es entstanden unter seiner Regie äußerst
fantasiereiche "Spektakel"-Programme aus Lied, Kabarett, Spielszenen und
Aktionen, oft von abendfüllender Länge. Dazu wunderschöne Märchenspiele und
Schülerprogramme. Alle Stücke waren voller satirischer Anspielungen auf die
DDR-Realität, wie im Demokratie-Tango: "Das ist so eine Sache mit der
Demokratie, steht in jedem Lehrbuch und funktioniert nie ..." Er schrieb
komplette Programme für die Gruppen Regenmacher und Dampfmaschine, sang auf
der Trauerfeier für Ernst Busch, gastierte mit den Feuersteinen in Italien,
Schweden und anderen Ländern, was für DDR-Künstler nicht alltäglich war. Durch
seine ungehorsamen Lieder und sein Auftreten geriet er zunehmend ins Visier
von Provinz-Parteifunktionären, die ihn schließlich aus der SED ausschlossen,
während er etwa durch die Akademie der Künste Berlin Rückendeckung erhielt.
Gundi setzte mit seiner Brigade - aus der als wichtigste Begleiter Keyboarder
Alfons Förster (auch Arrangeur, Komponist, Filmmusikautor) und die Gitarristen
und Sänger Ingo Dietrich und Heiko Brumma sowie Gundermanns Frau Conny genannt
werden sollten - vielfältige Ideen einer Art Volkstheater kreativ um:
Liederzirkus mit echten Tieren, Schlagerparodien, Beatlesprogramm. Es gab
unzählige Festivalteilnahmen - ein riesiges Pensum für Amateure.
1987 gewann Gundi bei den Chansontagen in Frankfurt/Oder den Hauptpreis, verbunden mit dem Privileg, bei Amiga eine LP produzieren zu dürfen. Während er von regionalen Parteifürsten zur Unperson erklärt wurde, erschien das erste Album Männer, Frauen und Maschinen, das ihn endgültig bekannt machte. In dieser Zeit trennten sich aber auch die Wege von Gundermann und der Brigade Feuerstein. Die hohen Ansprüche Gundis vertrugen sich nicht mehr mit denen der Bandmitglieder. Man trennte sich friedlich, nach der Wende gab es sporadisch noch einige gemeinsame Auftritte, obwohl die Band sich 1989 aufgelöst hatte. Inzwischen erschien das bemerkenswerte Album Februar der Rockband Silly (1989), welches in ungewohnt heftiger Sprache die Vorwende-Untergangsstimmung in der DDR widerspiegelte: "Immer noch haben wir den Schlüssel von der Waffenkammer nicht." Gundi schrieb acht der zehn Texte dieser LP, die als Meilenstein des Ostrock gilt. Silly-Sängerin Tamara Danz und Gundi gehörten maßgeblich zu den Verfassern von Künstlerresolutionen der Wendezeit, später kandidierte Gundi für die Vereinigte Linke bei der Volkskammerwahl und trat in den zwei zensurlosen Jahren des Deutschen Fernsehfunks mehrfach in TV-Talkshows auf. Seine Titel wie "Halte durch" oder "Scheißspiel" wurden Radio-Dauerhits. Dabei blieb er seiner politischen Haltung stets treu: Er wollte eine andere, bessere DDR, keinen Kapitalismus.
Einen Abstecher in die Rockmusik machte Gundi, als er sich einige Zeit lang
von den Wilderern um Jörg Wilkendorf begleiten ließ, eine CD davon erschien
erst kürzlich. Daneben gab es liedhafte Konzerte mit Stefan Körbel, Session-
und Studiomusikern. Er knüpfte Kontakte zu Rio Reiser, u. a. bei Konzerten
für die PDS in Fresenhagen, ohne dass es zu einer längeren Zusammenarbeit
kam. Dafür ging er später mit Manfred Maurenbrecher auf
"Doppelkopf"-Tournee. Durch einen Tipp von Körbel kam Gundi auf den Verlag
Buschfunk, eine Kooperation, die sich als sehr nützlich erweisen sollte.
1992 entstand sein zweites Soloalbum Einsame Spitze, eingespielt mit
den Musikern von Silly um Uwe Haßbecker und Richie Barton, mit
bemerkenswerten Titeln wie "Gras" oder "Soll sein" und heftiger Kritik an
den Bonner Politikern, die er als "seelenlose Automaten" bezeichnete.
Typisch für seine Haltung der Titelsong: Der wachsende Egoismus, das
Karrieredenken im neuen System wird mit dem Preis der Einsamkeit erkauft.
Da Tamara Danz, die herausragende Sängerin von Silly, zunehmend eigene Songtexte schrieb, suchte sich Gundi eine neue Band, wobei er von Mario Ferraro, Ex-Wilderer-Gitarrist, unterstützt wurde. Mit Andy Wieczorek (Saxophon, Flöten, Dudelsack) aus der Folkszene, Tina Powileit (Drums), die auch Schauspielerin war, Michael Nass (Keyboard, Akustische Gitarre) und Thomas Hergert (Bass) fanden sich passende Musiker und mit dem zwielichtigen Begriff "Seilschaft" auch ein provozierender Name. In dieser Besetzung spielte Gundi bis zu seinem Tod noch drei viel beachtete Alben ein und bestritt zahllose Konzerte. Dabei hielt er weiter Kontakt zu Silly, es kam zu gemeinsamen Auftritten, die inzwischen als Video und CD erhältlich sind. Eine intensive Zusammenarbeit entwickelte sich zu Rakatak, einer Berliner Amateur-Perkussions-Truppe, und zur Folkband JAMS um Jo Meyer, was Gundermanns Stil mehr in Richtung Folkrock tendieren ließ. Leider wussten dies die Rudolstädter Veranstalter nicht zu nutzen: Gundi bekam trotz Bewerbungen nie eine Einladung zum TFF. Seine Konzerte fanden überwiegend im Osten Deutschlands statt, hier traf er voll den Nerv des Publikums. Im Westen gab es seltener Auftritte: WDR-Liedernacht, Bardentreffen Nürnberg, in Tübingen gab es einen Liederpreis. 1994 spielte er im Vorprogramm von Bob Dylan und Joan Baez.
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