Von Carina Prange
Malbrook
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nordische Musik
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unterwegs:
Wolfgang Meyering mit Malbrook: 04.-07.11.04: Schwerin, Pipen & Lyren 17.12.04: Schwerin, Irische Nacht |
Wolfgang Meyerings mit atavistischer Symbolik spielende Folk-Taskforce "Malbrook" verwendet, besetzt mit Musikern aus Norddeutschland und Schweden, ausschließlich Texte in niederdeutscher Sprache. Dabei stellt der an der holländischen Grenze geborene und in Berlin lebende Meyering seine Themen, die teilweise aus der Zeit des Mittelalters herrühren, in einen durchaus aktuellen, gegenwartsbezogenen Kontext.
Vielen mag Meyering als Mitglied der Ostberliner Folkband Jams und der ostfriesischen Spillwalk bekannt sein, oder auch als Mitarbeiter des tff Rudolstadt, wo er seit vielen Jahren nun schon den Instrumentenschwerpunkt betreut. Sein Projekt "Malbrook" jedenfalls, das auf dergleichen Nährboden ganz natürlich zu gedeihen scheint, ist ihm ganz in Fleisch und Blut übergegangen.
Was genau bedeutet denn nun "Malbrook", der Titel deines aktuellen Albums?
Zunächst - auf der CD ist vorne ein Faun drauf. Man könnte im ersten Moment glauben, es sei ein Teufel, aber es ist ein Faun: Ganz so martialisch sind wir nun doch nicht! Es liegt daran, dass "Malbrook" in einer sinngemäßen Übersetzung "Tanzteufel" bedeutet. Wörtlich übersetzt bedeutet es "Tollhose", für einen wie wild herumtanzenden und springenden Menschen: "mal" ist "verrückt" oder "toll" sein, und "Brook" ist ein Begriff für Hose. Gut, man sagt auch "Büx", aber direkt an der Grenze zu Holland gibt es auch den Begriff "Brook". Und deswegen: "Malbrook".
Zum Wort selbst existiert noch ein weiterer Hintergrund: Ein sehr verbreitetes Tanzstück, das es überall in Nordeuropa gibt. Es steht im Bezug zum Duke of Marlborough, der den Spitznamen "Malbrook" hatte. Eben diese Verwandtschaft zu allen Gebieten in Nordeuropa fand ich gut: So ist der Name der Band synonym zu sehen für das Projekt selbst, weil er sich eben darauf bezieht, dass es Verwandtschaften und Ähnlichkeiten zwischen Schweden, Norwegen, Dänemark und Norddeutschland und zum Teil auch zu England gibt.
Dein Projekt verbindet Musik und Sprache skandinavischer Länder mit der niederdeutschen mittelalterlichen Volksmusik. Inwieweit hast du für dieses Projekt Sprachforschung betrieben bzw. den geschichtlichen Hintergrund durchforstet?
Ich bin sehr interessiert an Sprachen. Das hat damit angefangen, dass ich nachgeforscht habe, was Niederdeutsch eigentlich für eine Sprache ist; wo sie herkommt, was viele Leute ja auch gar nicht wissen: Das Niedersächsische oder Niederdeutsche ist eine Sprache, die aus dem Altsächsischen entstanden ist. Das hat nichts mit dem Sächsischen zu tun, an das man dabei heute denkt, das ist nämlich mit dem thüringischer Dialekt verwandt.
Im Mittelalter war Niederdeutsch oder Plattdeutsch, wie man umgangssprachlich sagt, Umgangs- und Handelssprache, d.h. im Hansekontor in England wurde Niederdeutsch gesprochen ebenso wie in Nowgorod, in Bergen, in Stockholm, in Riga, Tallinn und allen größeren Handelsstädten im Ost- und Nordseeraum. In Skandinavien findet man extrem viele plattdeutsche Lehnwörter, im Reichsschwedisch beispielsweise ca. 40% aller Wörter. Malbrook knüpft an diese alten Verbindungen an. Aber es gab nie so etwas wie eine einheitliche Schriftsprache. Das so genannte "lübscher" Niederdeutsch [Lübeck = Königin der Hanse], das so etwas wie eine einheitliche Schriftsprache war, hat sich nie hundertprozentig durchgesetzt. Der Höhepunkt der niederdeutschen Sprache verklingt mit dem 16. bzw. Anfang des 17. Jahrhunderts. Danach spielte diese Sprache nicht mehr die ganz große Rolle, war nur noch eine von vielen Umgangssprachen.
Bist du mit dem Plattdeutschen denn noch vertraut gewesen oder hast du es selbst erst lernen müssen? Ist der Erhalt dieses alten Dialektes, der Sprachtradition auch eines deiner Ziele?
Ich bin da nicht missionarisch. Aber ich finde es schon wichtig - es ist ein Stück meiner eigenen Kultur, ein großer Teil sogar. Zu Hause spreche ich mit meiner Mutter nur Plattdeutsch, gar kein Hochdeutsch; auch mit meiner Tochter spreche ich Platt. Sie selbst spricht es nicht, soll es aber zumindest verstehen lernen.
Bei mir war es früher so, dass mit uns Kindern stets Hochdeutsch gesprochen wurde. Wir sollten das lernen, damit wir "später in der Schule" keine Probleme hätten. Aber wir haben trotzdem beide Sprachen gelernt. Meine Mutter dagegen ist mit Plattdeutsch als erster Muttersprache aufgewachsen, musste Hochdeutsch wie eine Fremdsprache lernen. Auf dem Schulhof oder im Klassenzimmer war Plattdeutsch zu sprechen damals sogar verboten: Das wurde unmittelbar sanktioniert.
Ist das Plattdeutsche nicht im Rückzug begriffen?
Bei uns an der holländischen Grenze, in Emden und der ganzen Region, ist Plattdeutsch noch sehr verbreitet: In der Familie, mit Nachbarn, mit Freunden spricht man Plattdeutsch ... quasi mit jedem, von dem man weiß, dass er es auch spricht! Die Sache lebt also, ist noch längst nicht ausgestorben.
Je näher man zur holländischen Grenze oder zur Küste kommt, gerade in Ostfriesland in den Dörfern, desto mehr Leute verwenden untereinander ganz selbstverständlich Plattdeutsch. Dort ist es inzwischen so, dass versucht wird, die Sprache zu fördern, indem man sie etwa in den Kindergärten benutzt: Die Kindergärtnerinnen sprechen mit den Kindern Platt, singen plattdeutsche Lieder! Es gibt in Ostfriesland eine ganze Reihe von Familien, die wieder Wert darauf legen, zu Hause Plattdeutsch zu sprechen.
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