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"Az ifjúság sólyommadár" (Die Jugend |
Ghymes unterwegs: 20.10.04: Chemnitz, Kultur-Festival "Begegnungen", BMW-Niederlassung Röhrsdorfer Allee |
Kontakt: Karin Kaspers-Elekes Steinbrinkstraße 160a D-46145 Oberhausen mob.: 0160-97 93 18 45 kkaspers-elekes@web.de |
Ghymes sind derzeit die vermutlich kreativste ungarische Folk-Band und kommen doch aus der Slowakei. Sie haben einen ganz eigenen Sound entwickelt, majestätisch, archaisch und dunkel. In diesem Jahr feiern sie 20-jähriges Jubiläum.
Von Christian Rath
Tamás Szarka sieht manchmal aus wie ein Vorstadtgauner, mit Lederjacke und verschwitzten braunen Haaren. Der Sänger und Geiger von Ghymes steht auf der Bühne im Mittelpunkt und gibt Ghymes-Konzerten einen Hauch von Rock-Feeling. Ganz anders sein blonder Bruder Gyula, der eher wie ein Oberstudienrat wirkt. Er ist Kontrabassist und Gitarrist bei Ghymes. Auch die anderen Bandmitglieder halten auf der Bühne wenig von Show, wie jüngst beim Kasseler Weltmusikfestival zu beobachten. Die Energie dieser Musik teilt sich eben nicht über optische Reize mit, Ghymes spielen komplexe Folk-Musik vor allem zum Zuhören.
Gegründet wurde Ghymes (sprich Gimmesch) 1984 an der pädogogischen Hochschule von Nitra im Südwesten der Slowakei. "Dort sollte eine Tanzgruppe entstehen, die ein Begleitensemble brauchte", erinnert sich Tamás Szarka, "aus der Tanzgruppe ist nichts geworden, aber wir existieren immer noch". Der Name Ghymes wurde einem kleinen Dorf bei Nitra entlehnt, in dem die Studenten regelmäßig Ferienlager durchführten. Heute trägt das Dorf nur noch den slowakischen Namen Jelenec, weil dort für eine zweisprachige Beschilderung nicht mehr genügend Ungarn leben.
Die Mitglieder von Ghymes gehören zur ungarischen Minderheit, die in der Südslowakei lebt (siehe nebenstehenden Kasten) und dort jahrzehntelang benachteiligt wurde. "Es war nicht unbedingt ein Vergnügen, als Ungar in der Slowakei geboren zu werden", sagt Tamás Szarka heute. Deutlicher will er nicht werden. In die heiklen diplomatischen Beziehungen zwischen Ungarn und der Slowakei will sich die Band nicht einmischen.
Angefangen hat Ghymes mit traditioneller ungarischer Folkmusik aus Transsylvanien/Siebenbürgen. Sie knüpften damit an die Tanzhaus-Bewegung an, die in den 70er Jahren die ungarische studentische Subkultur eroberte. In transsylvanischen Dörfern hatte sich die archaische Volksmusik am besten erhalten.
Schon die sozialistischen Behörden in Ungarn sahen das Wiederaufleben dieser Musik nicht so gern. Man wollte nicht den Eindruck erwecken, dass Ungarn immer noch auf eine Revision der Grenzen hoffte. Schließlich gehörte Transsylvanien seit 1920 zu Rumänien. Und in der CSSR dürfte die Pflege alter ungarischer Kultur damals noch heikler gewesen sein, da die ungarische Minderheit hier stets im Verdacht stand, nicht loyal zu ihrem jetzigen Staat zu stehen.
Doch Tamás Szarka weist jede politische Intention von sich: "Es ging uns nicht um die Bewahrung ungarischer Traditionen oder der Kultur unserer Minderheit. Wir fanden diese Musik einfach ungeheuer gut und anrührend." Und war es wirklich völlig egal, dass diese Musik auch ungarisch war? "Es hat uns natürlich das Verständnis der starken Texte erleichtert."
Während Ghymes zunächst eine Tanzband war, ging die Gruppe Ende der 80er Jahre dazu über, vor allem Konzerte zu spielen. In dieser Phase entschlossen sich die Musiker auch, Profis zu werden. Aus der Gründungszeit ist neben den Szarka-Brüdern noch Cimbalon-Spieler Attila Pukkai dabei. Zur Stammformation gehört derzeit außerdem Saxofonist Andor Buják, der seit 1996 bei Ghymes spielt. Dazu kommen auf der Bühne, wie etwa in Kassel, noch ein Schlagzeuger sowie ein Keyboarder.
Peu à peu hat die Band mit jedem Album ihren Ansatz verändert. Auf ihren ersten beiden LPs war noch fast ausschließlich traditionelles Material zu hören. Seitdem schreibt die Gruppe (insbesondere Tamás und Gyula Szarka) fast alles selbst, knüpft dabei aber an ungarische und andere osteuropäische Folk-Stile an. Als Klassifikation für ihren Stil bieten sie selbstbewusst den Begriff "Ghymes-Musik" an. Typisch sind die tollen Melodien mit einem Hang zum Hymnischen, die melancholische Grundstimmung und die ausgefeilten Arrangements. In den letzten Jahren wird leider verstärkt der Synthesizer eingesetzt, was den vorher eher zeitlosen Sound nun recht unmodern nach 70er Jahre Art-Rock klingen lässt. Vielleicht ist der Band auch deshalb der große Durchbruch in der westeuropäischen Weltmusik-Szene noch nicht gelungen.
Die Texte handeln vor allem von Liebe und Freiheit - und manchmal von beidem gemeinsam. So heißt es etwa im Stück "Rege" auf der gleichnamigen CD: "Selbst Sonne und Mond sind nicht frei, wie könnten wir ohne Liebe frei sein". Diese Verbindung von Liebe und Freiheit, findet Tamás Szarka, könne man durchaus auch auf die Situation der ungarischen Minderheit in der Slowakei beziehen. "Wenn wir in der Slowakei frei sein wollen, müssen uns die Slowaken lieben, nicht nur tolerieren. Wir betteln doch nur darum, ein bisschen geliebt zu werden."
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