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"Yenisei Punk" (Global |
Wenn man Tuwa hört, muss man erst noch einmal Lexikon oder Weltkarte konsultieren, denn die kleine ehemalige Sowjetrepublik, im äußersten Süden Ostsibiriens an der Grenze zur Mongolei, gehört nicht gerade zu den Ländern der Welt, deren Regionalhauptstadt Kysyl man auf Anhieb nennen könnte. Obwohl Tuwa eine überschaubare Einwohnerzahl von 350.000 Menschen hat, steht das zentralasiatische Land immer wieder im Mittelpunkt, wenn es um Oberton- beziehungsweise Kehlkopfgesang geht, ist quasi so etwas wie das Mekka dieser Musiktradition. Musiker wie die in Österreich lebende tuwinische Sängerin Sainkho Namtchylak, die Gruppen Huun-Huur-Tu oder Yat-Kha haben inzwischen die lamaistisch-schamanistische Kultur des Landes über die Grenzen hinaus bekannt gemacht und ihr sogar den Einstieg in die eine oder andere Chartliste des europäischen Kontinents beschert.
Von Claudia Frenzel
Albert Kuvezin, der Gründer und Sänger der tuwinischen Rockband Yat-Kha, ist ein wahrer Ruhepool. Während Musiker und Konzertveranstalter geschäftig durch den Raum laufen, sitzt er backstage entspannt auf der Couch. Wenn man ihn über Musik, Kultur und Leben in Tuwa reden hört, gewinnt man den Eindruck, als sei der Mittvierziger bereits ein alter, weiser Mann. Intensiv hat er sich über die Jahre mit der Tradition seiner Heimat beschäftigt und die Wandlungen des Musikgeschäftes seit der Perestroika beobachtet.
Musiker und Künstler gehören heute zu den ärmsten Menschen in Tuwa. "Einige leben nur von den Wahlen", erzählt Kuvezin. "Sie leben davon, dass sie bestimmte Kandidaten unterstützen und auf Wahlkampfveranstaltungen für sie spielen. Einige wenige können ihren Lebensunterhalt in Staatsorchestern bestreiten." Albert Kuvezin und seine Musiker haben das Glück, dass sie nicht nur voll und ganz für, sondern auch von Musik leben können. "Eigentlich leben nur wir und Huun-Huur-Tu von der Musik. Wir sind glücklicherweise ziemlich unabhängig."
Jährlich pilgern etliche Touristen nach Tuwa, um sich in die Kunst des Kehlkopfgesangs einweisen zu lassen. "Sie wollen sogar in den alten Hütten der Schäfer leben und versuchen, sich mit dem Schamanismus zu beschäftigen. Es ist ein regelrechter Boom und ziemlich verrückt, denn nur wenige haben das Gespür für den Gesang und die Kultur", erzählt Albert leicht amüsiert, aber ohne viel Verständnis für diesen Ethnotourismus. Obertongesang, der vielerorts als hohe Kunst angesehen wird, ist in Tuwa beinahe Volkssport. "Es gibt eine lange Tradition des Obertongesangs, beinahe jedes Kind lernt das, so dass es eigentlich nichts Überraschendes ist, wenn jemand sich damit beschäftigt." Inzwischen gibt es unzählige Chöre und Gruppen, die sich dieser Kunst verschrieben haben. Gerade auch junge Bands haben die Klänge für sich entdeckt. Aus den Metropolen Moskau und St. Petersburg kommen regelmäßig Musiker nach Tuwa oder in die Mongolei, um Ethnosounds aufzunehmen, die sie als Samples in die eigene Musik einbauen. Eine Symbiose von Kehlkopfgesang und harter Rockmusik, wie man sie bei Yat-Kha findet, gibt es allerdings kaum.
Im Alter von 16 Jahren beginnt Albert Kuvezin, sich mit Musik zu beschäftigen und in seinen ersten Rockbands zu spielen. Später, auf dem Music College, wächst sein Interesse an der traditionellen Musik seiner Heimat und er versucht, so viel wie möglich über sie zu erfahren, trifft sich mit verschiedenen Kehlkopfsängern und lässt sich in die verschiedenen Techniken dieser Kunst einweisen. "Ich habe das dann immer für mich selbst ein paar Mal ausprobiert und es war gar nicht so schwer", meint er ganz gelassen, als spräche er gerade über das Erlernen des Fahrradfahrens. Kuvezin hört in dieser Zeit viel Hardrock und Metal und spielt solche Musik in verschiedenen Gruppen auch selbst. Meist auf recht einfachem Niveau werden Gitarren-Riffs von Led Zeppelin oder Van Halen adaptiert und mit systemkritischen Texten versehen. "Wir fühlten uns damit richtig frei und waren echter Underground", erinnert er sich schmunzelnd. Doch von reinem Hardrock und Metal hat er bald die Nase voll. Er widmet dem Obertongesang wieder mehr Zeit, erlernt traditionelle Instrumente und spielt kurzzeitig auch in einem Sinfonieorchester, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. "Mir wurde aber bald klar, dass es etwas ganz Besonderes geben müsste, eine neue moderne Art, tuwinische Musik zu spielen."
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