back"Das Leben ist eine ewige Heimkehr"

Gréco & Co. setzen sich nicht zur Ruhe

Chansonpoeten haben Wichtiges mitzuteilen

Die Internet-Seite für den
Chanson-Einsteiger mit vielen Links:
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Umfangreiche Datenbank zu vielen
französischen Chansonkünstlern
(nur auf Französisch):
go! www.rfimusique.com

Discographie
(Auswahl)

Charles Aznavour: "Je voyage" (EMI, 2003)
    go! www.emimusic.de
Juliette Gréco: "Aimez-vous les uns les autres
    ou bien disparaissez ..." (Polydor, 2003)
    go! www.perso.wanadoo.fr/juliette.greco
Georges Moustaki: "Moustaki" (Virgin, 2003)
    go! www.virgin.de
Edith Piaf: "Eternelle - Les plus grandes
    chansons d'Edith Piaf" (EMI, 2003)
    go! www.emimusic.de
Jacques Brel: "Brel infiniment" (Barclay, 2003)
    go! www.jacquesbrel.be
Diverse: "Next Brel" (Barclay, 2004)
Diverse: "L'hymne à la mome -
    Französische Stars singen die größten
    Chansons von Edith Piaf" (Capitol, 2003)
    go! www.emimusic.de

"Die Alten sagen nichts mehr", sang Jacques Brel einst in "Les vieux". Auf die großen Altstars des französischen Chansons kann sich das nicht beziehen, konnte doch in den letzten Monaten geradezu eine künstlerische Großoffensive der Legenden beobachtet werden: Charles Aznavour (* 1924), Juliette Gréco (* 1927) und Georges Moustaki (* 1934) präsentierten nahezu zeitgleich neue Studioalben, ja selbst Edith Piaf (* 1915) und Jacques Brel (* 1929) verblüfften 2003, also vierzig bzw. fünfundzwanzig Jahre nach ihrem Tod, ihre Fans mit jetzt erstveröffentlichten Aufnahmen. Wir stellen die CD-Neuerscheinungen der Chanson-Dinosaurier vor.

Von Stephan Göritz

Charles Aznavour
Edith Piaf
Georger Moustaki 2004
Juliette Gréco in den 70ern

Können Sie sich Charles Aznavour, den Grandseigneur des romantischen französischen Chansons, als Matador, Samurai oder tibetanischen Mönch vorstellen? Rollen, die ihm, zumindest in der Fantasie, nicht fremd zu sein scheinen, denn die Lust, sich einmal in einen ganz anderen zu verwandeln, packt auch Aznavour. Das gesteht er uns in "Quelqu'un de différent", einem Stück seines Ende letzten Jahres bei EMI erschienenen Studioalbums "Je voyage" mit zwölf neuen Liedern, zu denen er sämtliche Texte und, mit zwei Ausnahmen, auch alle Kompositionen geschrieben hat.

Der Plattentitel ist programmatisch. Wir werden - kurz vor Aznavours 80. Geburtstag im Mai - mitgenommen auf eine Reise durch seine Träume wie durch sein Leben, an dessen Stationen er im Duett mit seiner Tochter Katia im Titellied "Je voyage" erinnert. Die ewige Sehnsucht nach dem Zauber der Zirkuswelt ("Je n'entends rien") klingt auf dieser Konzeptplatte genauso an wie das Schicksal seiner Eltern ("Lisboa"). Sie hatten aus ihrer Heimat Armenien fliehen müssen und schlugen sich im Pariser Quartier Latin mit einem kleinen Restaurant durch. Da das Geld nie reichte, sang Charles schon als Kind auf kleinen Bistrobühnen und wurde schnell vom Chanson- und Theatervirus infiziert. Seine ersten Kritiker gingen mit ihm und seiner ungewöhnlichen, angerauten Stimme hart ins Gericht (ihnen widmet er auf dem neuen Album die Retourkutsche "La critique"), doch Aznavour setzte sich durch - mit rund sechzig Spielfilmen und vor allem mit weit über tausend Liedern, die "die Verzweiflung volkstümlich machten" (Jean Cocteau) und von Europa bis zum Broadway das Bild des französischen Chansons prägten.

Mit der CD "Je voyage" kehrt er nun, die Welterfahrung im Gepäck, zurück zu seinen Wurzeln, denn ob sich Charles Aznavour in "Lisboa" vom portugiesischen Fado inspirieren lässt oder in "Il y a des trains" von kubanischer Salsa - immer hören wir jene lebensbejahende Melancholie heraus, für die ihn sein Publikum seit einem halben Jahrhundert liebt. Auch in allen Liedern dieser neuen CD lebt die Atmosphäre des Pariser Seine-Ufers.

Geschichten in der Tradition der Existenzialisten

Hier, auf den kleinen Bühnen der verräucherten Kellerkneipen von Saint-Germain-des-Prés, ist nach dem zweiten Weltkrieg das literarische Chanson des zwanzigsten Jahrhunderts entstanden. "Es war eine Zeit der Befreiung in jeder Bedeutung des Wortes", schwärmt Juliette Gréco sofort, als ich sie auf diese Jahre anspreche, "man konnte auf einmal wieder sprechen, lachen, singen. Zwar währte diese Zeit der Gnade nicht lange, denn dann kam das Geld, und die Geschäftsleute eröffneten ihre Nachtclubs und Boutiquen. Aber es gab diesen Augenblick, in dem die Erwachsenen plötzlich uns Kinder wahrnahmen und auf uns hörten."

Einen Augenblick, aus dem Juliette Gréco bis heute die Kraft bezieht, mit der auch sie, jetzt 77 Jahre alt, wie selbstverständlich bei Polydor gerade ein neues Album einspielte. Es trägt in Abwandlung eines Bibelzitats den kategorisch anmutenden Titel "Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez ..."/etwa: "Entweder ihr liebt euch, oder ihr könnt sofort verschwinden". Die vierzehn Lieder stammen von unterschiedlichsten Autoren und Komponisten, das französische Nationalheiligtum Louis Aragon ist genauso vertreten wie Pop-Jungstar Benjamin Biolay und natürlich auch diesmal wieder Gérard Jouannest, der einst der Pianist von Jacques Brel war und heute in der Arbeit wie im Leben der Begleiter der Gréco ist. Sie alle erzählen in der Tradition der Existenzialisten von den Problemen, die der Drang nach selbstbestimmtem Handeln so mit sich bringt, und folgerichtig kommen das Cover wie die CD selbst in existenzialistischem Schwarz daher. Jenem Schwarz, das Juliette Gréco auch stets für ihr Bühnenkleid wählt, denn es erinnert sie "an die schwarze Wandtafel, auf der Platz ist für alle Gedanken".


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Mehr über Gréco & Co.
im Folker! 4/2004