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"Dread, Beat An' Blood" (Island, 1978) |
Bibliographie:
"Dread, Beat An' Blood" |
Anfang der 80er Jahre verlieh er dem Reggae ein ganz neues Gesicht: Linton Kwesi Johnson, der jamaikanische Sänger und Dichter, der seit seiner Jugend in London lebt und arbeitet, kombinierte auf Alben wie "Dread, Beat An' Blood", "Bass Culture" und "Forces Of Victory" seine eigene, poetische Weltsicht mit den fetten Dub-Rythmen der westindischen Dance Halls. LKJ - so das prägnante Kürzel, das sich bei Fans und Freunden schnell durchsetzte, wurde bald zur gefragten Persönlichkeit in der musikalischen und in der literarischen Welt gleichermaßen. In diesem Jahr feiert Linton Kwesi Johnson sein 25-jähriges Bühnenjubiläum - ein Anlass für den Folker! zurückzuschauen auf ein Vierteljahrhundert "Serious Dub Poetry".
Von Carsten Beyer
Lange, verfilzte Dreadlocks sind sein Ding nicht und in den äthiopischen Nationalfarben rot, gelb und grün hat man ihn auch noch nie gesehen. Für jeden romantischen Rastafari wäre Linton Kwesi Johnson eine Reizfigur: Im korrekten Pepita-Sakko, mit weißem Hemd, dunkler Krawatte und dem unvermeidlichen Bowlerhut signalisiert der 51-Jährige Seriosität. Gäbe es da nicht das schalkhafte Blitzen in seinen Augen, man könnte meinen, Johnson gehöre mittlerweile selbst zu der Klasse des schwarzen Mittelstands, über den er sich in dem Song "Da Black Petty Booshwan" vor mehr als 20 Jahren lustig gemacht hatte:
"Tru dem seh dem edicate dem a seek tap rate./Dem a seek posishan aaf di backs of blacks,/seek promoshan aaf di backs af blacks" - Sie geben an, sie seien gebildet und sie wollten aufsteigen./Doch sie suchen ihre Position auf dem Rücken der anderen Schwarzen,/suchen ihre Beförderung auf dem Rücken ihrer Brüder.
Mit Summer, Sunshine und Ganja-seliger Gelassenheit hat das wenig zu tun, aber zum Reggae-Mainstream hat Linton Kwesi Johnson ohnehin nie gehört. Er gilt als Erfinder der Dub Poetry, der mit Musik unterlegten Dichtung im jamaikanischen Patois, die zu seinem Markenzeichen geworden ist. Dichter wie Mutabaruka, Michael Smith und Oku Ounura lernten von ihm und selbst Dancehall-Stars wie Shabba Ranks und Ninjaman berufen sich auf LKJ - auch wenn er selbst heute mit dem Begriff Dub Poetry nicht mehr allzu viel anfangen kann: "Als ich damals den Begriff Dub Poetry geprägt habe, da wollte ich damit vor allem die Kunst der Reggae-DJs ins rechte Licht rücken. Für das, was ich mache, scheint mir die Bezeichnung Poetry' oder Word Music' völlig ausreichend."
Doch wie auch immer man seine Kunst bezeichnet, die Dichtung von Linton Kwesi Johnson wird nicht nur von Reggae-Fans wahrgenommen. Er und seine Zeitgenossen Ounura und Mutabaruka sind mittlerweile auch im renommierten "Oxford Companion to Twentieth Century Literature" vertreten und in der University of the West Indies in seiner jamaikanischen Heimat werden ganze Seminare über seine Gedichte abgehalten. Für LKJ ist der Spagat zwischen Hörsaal und Konzertsaal kein Hindernis, im Gegenteil: "Das ist doch eigentlich ein Segen, denn so werde ich sowohl in der literarischen als auch in der musikalischen Welt wahrgenommen und habe ein viel größeres Publikum."
Dabei sah es für den jungen Linton Kwesi Johnson, der 1963 an der Hand seiner Mutter aus Jamaika ins kalte England gekommen war, zunächst gar nicht nach einer großen Künstlerkarriere aus. Zu den Hochzeiten der Jamaika-Begeisterung in Europa, Mitte der siebziger Jahre, arbeitete er noch als junger Sozialarbeiter am Keskidee Art Center im Londoner Stadtteil Brixton. Das heruntergekommene Farbigen-Ghetto im Süden der Hauptstadt wurde zur politischen Schulstube für den jungen Mann. Hier in Brixton schloss er sich der Black-Panther-Bewegung an, hier beteiligte er sich an Straßen-Unruhen, mit denen die Schwarzen auf die rassistischen Übergriffe der weißen Polizei aufmerksam machen wollten.
Heute, mehr als 20 Jahre später, ist Brixton ein Stadtteil wie jeder andere, mit einer funktionierenden Infrastruktur und einer Bevölkerung, die sich aus allen Schichten der britischen Gesellschaft zusammensetzt. Hat sich der Kampf also gelohnt? "Eine Menge hat sich verändert in England: Die schwarze Bevölkerung wird nicht mehr so stark marginalisiert, ist heute stärker beteiligt am sozialen, kulturellen und auch am politischen Leben der Nation. Aber dennoch gibt es immer noch viel zu viele rassistische und faschistische Übergriffe. Im Moment nehmen sie sogar wieder zu, auch von Seiten der Polizei. Die Chance, als Schwarzer angehalten und durchsucht zu werden, ist auch heute noch achtmal so hoch wie als Weißer."
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