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"Tri-Continental" (Tradition & Moderne/Indigo, 2001) "Live" (Doppel-CD, Tradition & Moderne/Indigo 2001) "Let's Play" (Tradition & Moderne/Indigo, 2003) |
Tri-Continental unterwegs (special guest: Ramesh Shotham): www.tradition-moderne.com 21.04.04 Aschaffenburg, Colos-Saal 23.04.04 CH-Rubigen, Mühle Hunziken 03.05.04 Ingolstadt, Neue Welt 04.05.04 Waldkraiburg, Haus Der Kultur 08.05.04 Neuhardenberg, Schinkel-Kirche |
Die Bären, auf die Bären muss man achten, auf jeden Fall, wenn man in Kanada lebt. Da gibt es Berge, Wälder, und es gibt Bären, Waschbären, Braunbären, Grizzlies, jede Menge. Und es gibt Geschichten zu erzählen, Geschichten von Angst und entfesselten Naturgewalten, vom Pfeifen im Wald, Glöckchen an den Hosenbeinen und anderen Selbstschutzvorrichtungen. Kanada ist ein großes Land, entsprechend groß sind die Geschichten, in denen die Ängste sich ihren Freilauf gönnen. Am Ende eines längeren Gesprächs mit Bill Bourne, Ben Randriamananjara, genannt Madagascar Slim, und Lester Quitzau, die als Tri-Continental zu den bemerkenswertesten Formationen auf dem Sektor American Roots Music zählen, kommen die Bären aus der Höhle und die furchterregendsten Naturabenteuer der drei Gitarristen zur Sprache. Plötzlich verteilen sich die Rollen noch einmal neu, plötzlich wird der Witzbold zum Nachdenklichen und der abgeklärte Veteran verwandelt sich in einen giggeligen Ausbund von Lebensfreude. Die Wellen schlagen hoch, die Worte sprudeln, jeder versucht den anderen zu übertreffen, die Mienen leuchten. So sind die Kanadier offenbar, ein Stück Hill-Billy, ein Stück urbane Lust am Desaster, ein Stück sportlicher Wettbewerbsgeist, ein anderes kultivierte Selbstironie. Keine schlechte Mischung, von der sich in der Band dieser drei grundverschiedenen Individualisten, die jeder nebenher - oder auch in der Hauptsache - als Leader ihrer eigenen Band ihren Weg verfolgen, eine ganz eigenartige Mischung nachweisen lässt.
Von Stefan Hentz
Im Ursprung verdankt sich die Existenz von Tri-Continental der Eingebung eines Konzertagenten. "Wir waren alle drei beim selben Agenten", erläutert Quitzau, "der schlug vor, dass wir doch zusammen spielen sollten." Plötzlich schien alles so gut zu passen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. "Wir probierten das aus", ergänzt Bourne, "spielten einige Auftritte zusammen, und weil das viel Spaß gemacht hatte, machten wir eine Platte, die in Kanada einen JUNO-Award gewann, und so verbreitete sich das bis nach Europa." Wo das kleine, aber notorisch wache Label Tradition & Moderne das Trio unter seine Fittiche nahm und nach der Lizenzausgabe des Debütalbums animierte, zunächst ein Live-Doppelalbum und kürzlich, verstärkt um den aus Indien stammenden Perkussionisten Ramesh Shotham, die dritte CD "Let's Play" einzuspielen. Knapp vier Jahre nach den ersten Kontakten gehört Tri-Continental auch in Deutschland zu den etablierten Acts in der keineswegs etablierten Schublade American Roots Music/Blues.
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Tri-Continental, der durchaus programmatische Name des Trios, ist zumindest erklärungsbedürftig. Einmal steht er für die drei Kontinente, aus denen die Musiker ihre musikalische Prägung bekamen: Nordamerika, Europa, Afrika. Wobei zumindest die europäische Prägung rein ideell ist, passen würde angesichts der Biographien der drei, auch Twi-Continental, oder nach dem neuesten Album mit dem indischen Perkussionisten - Four-Continental. Und auf jeden Fall spielt Bournes geschätzter 68er Lincoln Continental, ein Monstrum von einem Auto, das eigentlich nur auf den weiten Highways des Northern Territorium seine Berechtigung findet, eine Rolle. Viele Antworten auf die Frage nach den Kontinenten, doch wirklich überzeugend klingt keine. Ein Namen eben, Schall und Rauch. Die einleuchtendste Variante ist wohl die, die jeden der drei Gitarristen zu seinem eigenen Kontinent erklärt.
Beginnen wir mit Europa: Nein, keine schöne Blonde auf dem Stierrücken, keine Heroine der griechischen Sagenwelt. Im Gefüge von Tri-Continental steht Bill Bourne, der extracoole Mann in Schwarz mit dem Zylinder und den Cowboystiefeln, für die angloeuropäischen Traditionen des Folksongs. Bourne, Urenkel eines gefeierten Poeten von der geostrategisch etwas abgelegenen Insel Island, der um die Wende zum 20. Jahrhundert in Kanada eine neue Heimat fand, schreibt Texte voller poetischer Tiefe und lyrischer Umspielungen und schafft ihnen mit seiner akustischen Gitarre einen Boden, auf dem die verschiedensten Stile der europäischen Folkmusik, keltische Melodien, arkadische Cajun-Klänge, polternde Polka-Takte ebenso ihre Spuren hinterlassen haben wie die Emotionalität von Blues und Gospel mit ihrer verschwommenen Harmonik. In jüngerer Zeit befasst er sich eingehend mit den Spieltechniken des Flamenco. Bourne ist ein Veteran, ein Kenner. Vor fünfundzwanzig Jahren war er drei Jahre lang in der schottischen Folkcombo Tannahill Weavers unterwegs, und seitdem lebt er das Kunststück Musik. Und das hat seine Stimme geprägt: einen kernigen Bariton, schneidend und voller Düsternis, den so schnell keiner vergisst. Sobald er singt, wird deutlich, wie sehr Bourne in der Tradition von Robert Johnson und der großen Sänger des Blues steht: Seine Stimme klingt, als habe sie gerade an den Crossroads ihren Pakt mit Luzifer geschlossen.
Daneben die Neue Welt, Amerika: Lester Quitzau, ein milder Mann aus dem wilden Westen Kanadas, eher Trapper und Grenzgänger als Cowboy. Ein Kind der 70er Jahre, der sich seine Liebe zu der schwitzigen Südstaatenatmosphäre von Slide-Gitarre und Country-Blues aus einer jugendlichen Faszination für lautstarke, britische Bands wie Led Zeppelin herausdestillieren musste. Und die Provinzhauptstadt Edmonton, wo Quitzau noch mehr zuhause ist als Bourne, der dort auch seinen Hauptwohnsitz führt, bot ihm mit ihrer regen Studentenszene und dem reichhaltigen Angebot an durchreisenden Musikern aller Klassen ein geeignetes Umfeld für diesen Prozess. Quitzaus Blues ist ein hochgradig verdichteter Stoff, kein bisschen angewiesen auf die heiligen zwölf Takte oder stereotype Blueslicks. Sein Ton macht die Musik, und in Quitzaus Tönen, im sanften Schwellen und Gleiten, im harschen Zerren und Quieken seiner Slides auf den akustischen und elektrischen Gitarren, sind ganze Gefühlswelten eingeschlossen. Diese Gefühle zu entfesseln, sie im Kontrast zu seinem soften Gesang oder zu den Bewegungen um ihn herum Kraft tanken zu lassen und ihnen bedrohliche Wucht zu verleihen, daraus macht sich Quitzau seinen Spaß.
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