Von Carina Prange
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Auswahl:
"La Llorona" (tôt ou tard/Les Disques |
Lhasa de Sela unterwegs: www.transatlantico.com 11.03.04 Köln, Stadtgarten 12.03.04 Berlin, Kulturbrauerei 13.03.04 Mainz, Frankfurter Hof |
Lhasa - wann immer einem dieses Wort unterkommt, schwingt etwas Mystisches mit: die Welt der Imagination, die des Glaubens. Lhasa - heißt so doch die geheimnisvolle tibetische Hauptstadt, was nichts anderes als "Land des Heiligen Buddha" bedeutet. Hier allerdings soll nicht über jene Stadt in Tibet diskutiert werden; wir lassen Lhasa, die Sängerin - Lhasa de Sela mit vollem Namen - im Folker!-Gespräch zu Wort kommen. Sie singt Songs, deren Einordnung in die üblichen Genres schwer fällt - ihrer Musik, ihrer Welt der Kreativität scheinen so wenig Grenzen gesetzt wie dem Blick von einem Gipfel des Himalaja. Und etwas Mystisches umgibt sie auch. In drei Sprachen ist sie heimisch - und so singt sie die Lieder ihres neuen Albums, "The Living Road" in Spanisch, Französisch und Englisch. Schildert ihre ganz persönlichen Sichten und Ansichten, Träume und Albträume, ihr Leben und ihre Märchenwelten. Lhasa regt den Hörer dazu an, seine eigene Phantasie spielen zu lassen. Doch auch Lhasas Leben gibt Stoff für Geschichten: Ihre frühen Jahre verbrachte sie in Mexiko, mehrere davon mit ihren Eltern "on the road" in einem umgebauten ehemaligen Schulbus. Dann weitere Jahre in San Francisco. Seit einem Jahrzehnt ist die umtriebige Künstlerin in Montreal, Kanada, vor Anker gegangen. Ob permanent? Zuhause, sagt sie, fühlt sie sich überall, wo sie sich gerade befindet.
Der Titel deines neuen Albums ist "The Living Road" - in welcher Hinsicht bezieht sich dieser Name auf dein eigenes Leben? Verstehst du dein ganzes Leben gar als "living road" oder als "living on the road"?
Ja, auf jeden Fall! Dieses Bild der lebenden Straße - "the living road" - beinhaltet für mich viele verschiedene Dinge. Zum einen geht es um das Leben als Straße, um die Reise, die unser Leben bedeutet. Bei Straßen denken wir immer an das ewig Berechenbare. Wir nehmen einen Weg und er bringt uns von einem Ort zu einem anderen. Betrachtet man aber die Straße des Lebens, dann sieht man, dass sie sich ständig verändert. Sie selbst bewegt sich, und man selbst wird durch die Bewegung auf ihr verändert. Deswegen ist das für mich eine Metapher. Für das Leben, und für den Lebensweg. Außerdem hat das ganz sicher auch mit meiner Kindheit zu tun. Damit, dass ich ständig unterwegs war. Ich bin mein ganzes Leben derart viel gereist, dass ich inzwischen vom Gefühl her auf Dauer auf der Reise bin.
Macht das es dir schwer, dich grundsätzlich irgendwo "zuhause" zu fühlen? Was bedeutet "zuhause sein" für dich, wie definierst du "Heimat"?
Eigentlich fühle ich mich dort zuhause, wo immer ich bin - auf gewisse Weise zumindest. Das klingt seltsam, aber ... als ich beispielsweise zum ersten Mal auf die Réunion Inseln gereist bin, die da unten, in der Nähe von Madagaskar, liegen ... also: Ich kam an, den Globus vor Augen, und stellte fest, wie weit entfernt das ist. Du befindest dich auf der anderen Seite der Welt. Und dann sind auch da Vögel. Du hast ein Hotelzimmer. Ein Badezimmer. Normalität. Dann weißt du: O.k., dies ist für ein paar Tage mein Heim. Und plötzlich fühlt es sich auch so an - wie zuhause. Auch wenn ich nie wieder hierhin zurückkehren werde, für diesen Moment, diesen Augenblick, fühlte ich, dies ist mein Zuhause, meine Heimat.
Auch das "auf Tour" sein führt dazu, dich überall daheim zu fühlen. Heute. Morgen zählt ein anderer Ort, an dem ich dann sein werde, als meine Heimat. Seltsam, aber so kann ich mich an den verschiedensten Orten heimisch fühlen. Gleichzeitig habe ich nie das Gefühl, dass sich irgendwo etwas wie mein "richtiges" Zuhause befindet. Es ist eher so - wo immer ich gerade bin, wo immer ich arbeite, da fühle ich mich heimisch: Jetzt gerade ist es beispielsweise dieser Raum, in dem wir sitzen. Heimat. Das Zuhause bekommt dadurch etwas Fließendes, Bewegliches. Wie ein Hafen, den du mit dir trägst.
Singen, deine ganze Gefühlswelt in den Gesang hineinlegen - insbesondere die dunkleren Stimmungen wie Melancholie, Traurigkeit, vielleicht auch Wut: Ist das für dich ein alternativer Weg der Kommunikation mit dem Publikum oder dir selbst? Direkter, einfacher als Reden, Diskutieren oder Streiten?
Ich denke, da gibt es einen großen Unterschied. In einem Gespräch kannst du, was du meinst, klar ausdrücken. Du zeigst mit dem Finger darauf, sprichst es aus. Das ist eindeutig, du hast gesagt, was du übermitteln wolltest. Dann erwidert dein Gegenüber etwas, ein Austausch findet statt. Möglicherweise macht sich die andere Person etwas von dem zu Eigen, was du gesagt hast. Und das regt sie zum Nachdenken über sich an, hilft die Unterhaltung weiter zu führen ... Manchmal aber kann es auch frustrierend sein. Wenn das Gesagte ins Leere geht. Wenn es nicht mal wahrgenommen wird.
Wenn du hingegen einen Song schreibst, kann ein Thema in ihm wirklich Gestalt annehmen, von ihm unmittelbar Ausdruck verliehen bekommen. Das gibt dir die Möglichkeit, etwas zu erschaffen, das anschließend real ist. Das ein Eigenleben führt. Das existiert; auf das du jederzeit zurückkommen kannst. Und von dem du sagen kannst, dieses Lied erzählt etwas über diese Sache! Ein wundervoller Weg, sich selbst auszudrücken, weil er Bestand hat. Er existiert als Verkörperung eines Gemütszustandes, einer deiner Stimmungen, Ideen oder Gefühlsregungen. Und es ist irgendwie angenehm, sagen zu können: "Hier ist es. Ich habe es gefühlt, habe es aufgeschrieben und es bleibt."
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