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Van Dyke Parks, Loudon Wainwright III und Bill Frisell bei der RuhrTriennale 2003

Kleinkunst in größter Vollendung

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Discographie
Auswahl:

Van Dyke Parks
"Song Cycle" (Rykodisc, 1968)
"Discover America" (Rykodisc, 1972)
"Jump!" (Warner Bros., 1984)
"Tokyo Rose" (Warner Bros., 1989)
"Orange Crate Art" (mit Brian Wilson,
    Warner Bros., 1995)
"Moonlightnin' - Live At The Ash Grove"
    (Warner Bros., 1997)

Loudon Wainwright III
"Album II" (Atlantic, 1971)
"Attempted Mustache" (Columbia, 1973)
"Final Exam" (Arista, 1978)
"Fame And Wealth" (Rounder, 1983)
"I'm Alright" (Rounder, 1985)
"Therapy" (Silvertone, 1989)
"Career Moves-Live" (Virgin, 1993)
"Little Ship" (Virgin, 1997)
"Last Man On Earth (Red House, 2001)
"So Damn Happy - Live" (Sanctuary, 2003)

Bill Frisell
"Where In The World" (Nonesuch, 1991)
"Have A Little Faith" (Nonesuch, 1993)
"This Land" (u.a. mit Don Bryon, Nonesuch,1994)
"Go West" (Musik zu Buster Keaton-Filmen,
    Nonesuch, 1995)
"Nashville" (u.a. mit Jerry Douglas, Nonesuch, 1997)
"Gone Just Like A Train" (u.a. mit Jim Keltner,
    Nonesuch, 1998)
"Good Dog, Happy Man" (Nonesuch, 1999)
"Blues-Dream" (u.a. mit Ron Miles, Nonesuch, 2001)
"The Intercontinentals" (Nonesuch, 2003)

Auch im zweiten Jahr der RuhrTriennale versuchten die "Macher" Mathias Rüegg und Thomas Wördehoff "heimliche Helden" der Musik des 20. Jahrhunderts vorzustellen. Neben kontinentaleuropäischen Themenabenden zu Kurt Weill, Jacques Brel und Michel Legrand wurde ein schräger Blick auf das deutsche Liedgut u.a. mit Konstantin Wecker, Ilg/Muthspiel und Max Raabe geworfen sowie der österreichische und italienische Song mal verjazzt, mal volkstümlich präsentiert. Im folgenden Beitrag geht es exemplarisch um Interpreten des American Songbook. Gerade die hiesige Nachkriegsgeneration ist untrennbar mit dem Schaffen US-amerikanischer Komponisten und Autoren verknüpft. Erfreulich, dass die Veranstalter ein "Musicians' Festival" zelebrieren wollten - unabhängig von der allgegenwärtigen Marktrelevanz. Dass dies mit dem Song-Abend "Van Dyke Parks, Loudon Wainwright III with Bill Frisell & Friends" gelang, darf vorweggenommen werden.

Von Annie Sauerwein

Der Dramaturgie des Theaters nicht unähnlich, der die bizarre Kulisse der Gießhalle im Duisburger Landschaftspark Nord entgegenkam, wurden als Einstieg die einzelnen Akteure dem Publikum vorgestellt. Neben den Stars des Abends waren dies die Streicher des Mondriaan Kwartets aus dem niederländischen Utrecht, die Frisell-Band mit Greg Leisz an der Pedal Steel Guitar, Tony Scherr, Kontrabass und Leadgesang, und der souveräne Kenny Wolleson am spartanischen Schlagwerk. Den Auftakt am Gesangsmikrofon gab der agile "Show-Man" Wainwright mit "School Days", einem autobiografischen Rückblick in die 1950er Jahre, voller unterschwelliger Melancholie. Das Publikum benötigte keine Aufwärmphase. Bereits nach dieser "Ouvertüre" applaudierte es frenetisch.

Dann rückte Altmeister Van Dyke Parks ins Rampenlicht: mit seinem "Orange Crate Art", an Randy Newman'sche Songwriter-Klasse durchaus heranreichend, und dem durch die Rock-Blues-ComboLoudon Wainwright III "Little Feat" bekannt gewordenen "Sailin' Shoes". Er interpretierte vom Streichquartett und eigenen Melodielinien am Flügel unterstützt, mit Charisma, abgeklärt und souverän. Der anschließende Titel "White Winos" belegte auf das Vorzüglichste die skurrilen Songwriter-Qualitäten des zeitweiligen Wahl-Engländers und direkten Nachkommens der Gründer New Yorks. Auf eine Soloeinlage von Van Dyke Parks zusammen mit dem Mondriaan Kwartet und dem Folk-Traditional "Butcher Boy" folgte eine Exkursion mit Mr. Wainwright nach Montgomery/Alabama in das Hank-Williams-Museum, wo sich der blaue Cadillac befindet, in dem der Country-Star früh starb. Wen wundert's, dass Wainwrights Reminiszenz an die Legende, "Hank and Fred", inbrünstig ausfiel. Noch tiefer unter die Haut kroch der in voller Besetzung dargebotene "perfekte Williams-Song" (Bill Frisell) "I'm So Lonesome I Could Cry".

Van Dyke Parks als Fotograf

Zur Qualität des Programms trugen nicht zuletzt die witzigen Textpassagen zwischen den Musikstücken bei. Dort stellten Parks und Wainwright III ihre brillanten Entertainertalente unter Beweis. Letzterer erklärte, dass in den Staaten ein winziger Club "Toilette" Van Dyke Parks & Bill Frisellgenannt wird. Die Duisburger Bühne vor dem Hochofen sei für ihn die "größte und schönste Toilette", die er jemals bespielt hat. Als sich die letzten Sonnenstrahlen in den mit Rost-Patina versehenen ausgedienten Leitungen verloren und die Bühnenbeleuchtung eingeschaltet wurde, bekam das Geschehen auf der Bühnen einen zusätzlichen visuellen Reiz. Dies kam besonders bei den eingestreuten Instrumentalteilen des Königs aller musikalischen Grenzgänger, Bill Frisell, mit seiner Band zur Geltung. Durch den geschickten Einsatz der Scheinwerfer wurden die Kesselverschraubungen zu magischen Bühnenbildern transformiert. Vor der Pause dann noch eine publikumswirksame Einlage: Van Dyke Parks bat bei Loudon Wainwrights "The Doctor" zwei Fotografen als Backgroundsänger auf die Bühne. Er selber griff dafür zur Kamera und schlüpfte zur Erheiterung des Publikums für einen Moment in deren Rolle.

Kurzinterview mit Van Dyke Parks

Mr. Parks, wie fühlen Sie sich hier im Zentrum des "alten Europa"?

Ich versuche, am Leben zu bleiben und immer noch etwas dazuzulernen. Deswegen bin ich hier. Ich bin ein Flüchtling aus den Vereinigten Staaten. Die Situation dort ist düster - in Bezug auf die Künste im Allgemeinen und auch auf die Musik im Besonderen.

Es scheint so, als hätten Sie nie besonders großes Interesse am Plattengeschäft und an Auftritten gehabt. Was ist der Grund dafür?

Die Plattenproduktion war nie ein großes Geschäft für mich. Also musste ich mir andere Dinge einfallen lassen, um über die Runden zu kommen, meine Familie zu ernähren und die Miete für mein Haus zu bezahlen. Dort ist gerade genug Platz zum Leben und für das Klavier meines Großvaters, an dem ich arbeite. Inzwischen bin ich über sechzig Jahre alt und meine 23 Jahre alte Tochter muss hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten, obwohl sie Klassenbeste im College war. Mein Sohn wollte außerhalb des Landes studieren. Ich fragte ihn, warum. Er antwortete mir, dass er für eine Weile aus dem Dunstkreis der "Hamburger Connection" verschwinde müsse. Er lebt nun in Montreal, Kanada, und spielt dort in einer Bluegrass-Gruppe Mandoline und Geige. In unserem rasanten Technologie-Zeitalter scheint alles schnell Rost anzusetzen. Ich frage mich immer mal wieder, ob und wie mein Werk überlebt. Vom Plattengeschäft an sich bin ich zutiefst enttäuscht. Meine Rolle sehe ich eher als Individualist, der es nicht besonders schätzt, glatt gebügelt zu werden. Die Platten von mir erschienen eine nach der anderen, doch ich verdiente kaum etwas dabei, obwohl die Investitionen sehr hoch waren. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Geschäft mit Plattenproduktionen alles andere als ein ehrlicher Industriezweig ist.

...

Kurzinterview mit Loudon Wainwright III

Sie sind sehr vielseitig. Was sind Sie eigentlich mehr: Schauspieler, Musiker, Dichter, Komponist oder Künstler?

Insgesamt gesehen ist alles ein großes Mosaik. Ich schreibe gerne, stehe gerne auf der Bühne und vor der Kamera, unterhalte gerne und bringe die Menschen zum Lachen und spiele gerne Gitarre - auch wenn das nicht meine größte Stärke ist (lacht). Die Zuschauer und Zuhörer müssen entscheiden, was ihnen davon am besten gefällt, ob sie meine Art von Humor nachvollziehen können.

Eine ihrer Plattenveröffentlichungen trug den Titel "Berühmt und reich". Das war vor etwa 20 Jahren. Meinen Sie, dass Sie es jetzt sind?

Reich und berühmt? Nun, mein Name steht hier in diesem Programm. Reicht das nicht? Nach wie vor gibt es eine ganze Reihe von Kennern, die zu würdigen wissen, was ich tue. Vielleicht habe ich nicht den ganz großen Namen, doch ich kann weiterhin meine Arbeit verrichten. Klar wäre es schön, mehr Geld zu verdienen, doch hierher kommen zu dürfen und mit diesen interessanten Kollegen aufzutreten, ist nicht zu unterschätzen und stimmt mich glücklich. Ebenso, seit über 35 Jahren meine Songs schreiben und vortragen zu können.

Sie haben bislang etwa 20 Platten veröffentlicht. Wo waren diese gefragter - in den Vereinigten Staaten oder in Europa?

Die genauen Verkaufszahlen sind mir nicht geläufig. Wenn ich mich genauer darum kümmern würde, bestünde die Gefahr, aufzugeben.

Sie haben ein Weile in England gelebt?

Ja, zwölf Jahre lang und ich habe dort nach wie vor eine Bleibe. Zwischendurch war ich viel auf Achse.

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Kurzinterview mit Bill Frisell

Wie schätzen Sie das deutsche Publikum hier bei der RuhrTriennale ein?

Oh, es ist großartig! Es ist fantastisch! Und es scheint keine Sprachbarriere zu geben. Immerhin sind es ja amerikanische Songs, die hier zum Besten gegeben werden.

Was waren die Kriterien für die Auswahl der Songwriter?

Die Verwurzelung und Verbindung mit der englischen Sprache und das Herausarbeiten der typisch amerikanischen Merkmale, sowohl bei Loudon, als auch bei Van Dyke. Man hat immer den Eindruck, sie blicken hinter die Gegebenheiten. Sie durchleuchten sie.

Der Anspruch Ihres Konzeptes kann durchaus als hochstehend und ungewöhnlich bezeichnet werden. Nun haben Sie mit Nonesuch eine relativ effektive Plattenfirma im Rücken. Wie groß ist ihr künstlerischer Spielraum?

Glücklicherweise sehr groß. Als ich vor etwa einem Jahr die musikalische Leitung hier übertragen bekam, nahm ich in Eigenregie zunächst mit Van Dyke Verbindung auf, um einen groben Rahmen abzustecken und die Inhalte zu diskutieren.

Hat Ihre Firma Probleme damit, wenn Sie mit anderen Kollegen zusammenarbeiten, die bei der Konkurrenz unter Vertrag stehen? Speziell im Rock-Business soll das ja gelegentlich der Fall sein.

Absolut nicht. Sie geben mir jede Menge Freiraum, das zu tun, was ich mir vornehme und was ich spannend finde. Ich weiß, dass es nicht gerade üblich ist. Deshalb bin ich über diesen für mich komfortablen Zustand mehr als erfreut.

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