www.pippopollina.co |
"Aspettando che sia mattino" |
Pippo Pollina unterwegs: www.tournado.de
26.11.03 Mechernich, Burg Satzvey |
Er fühle sich "überall und nirgendwo" zu Hause, sagt Pippo Pollina. Wenn der sympathische 40-Jährige bei seinen Auftritten Texte oder Textpassagen nicht nur auf Italienisch, sondern auch auf Englisch, Französisch, Spanisch, Hochdeutsch und auf Schwyzerdütsch singt, nimmt man ihm sein Weltbürgertum sofort ab. Pippo Pollina ist ein Weltmusiker im eigentlichen Sinne. 1979 gab der in Palermo geborene Musiker mit der italienischen Ethnorockband Agricantus sein Debüt. Als Solist spielte er mit dem Schweizer Liedermacher Linard Bardill ebenso wie mit Konstantin Wecker, dem französischen Chansonier Georges Moustaki, dem italo-amerikanischen Saxofonisten Charlie Mariano und Inti-Illimani aus Chile (s. Porträt in diesem Heft). Mit seiner Musik bewegt sich der Sänger und Gitarrist auf einem schmalen Grat zwischen den Genres - Chanson und Canzone, Rock, Pop und Folk. In seinen Texten erzählt Pippo Pollina kleine Geschichten mit Tiefgang. Und so heißt auch sein aktuelles Album: "Racconti Brevi".
Von Michael Kleff
"Diese Schweine!". Ein solcher Gefühlsausbruch kommt überraschend. Doch wenn Pippo Pollina auf das Projekt "La Musica Della Mafia" (s. Folker! 5/02) angesprochen wird, kann er seine Verärgerung nicht verbergen. "Das war eine schlaue Aktion", sagt er. "Doch diese Leute haben die Welt verarscht. Es gibt keine Tradition von Mafia-Liedern. Gefängnislieder ja, aber keine Lieder der Cosa Nostra!" Pollina hat seine eigenen Erfahrungen mit der ehrenwerten Gesellschaft gemacht.
Gegen jede Macht, gegen all die Anpassung und Arroganz: Es lebe die Hoffnung: Freiheit! Gegen jeden Schmerz Und jede Rache, gegen all die korrupten Verknüpfungen: Freiheit! Gegen die Gewalt der Gleichgültigkeit, damit wir nie vergessen, Ihr nie vergesst: Freiheit wird sein! Freiheit wird sein!
All jenen gewidmet, die durch die Macht Aus: Elegia Al Caduti - Elegie an die Gefallenen (1993) |
Der Sohn einer - nach eigenen Aussagen - reichlich konservativen Familie arbeitete Mitte der achtziger Jahre als Journalist, zunächst für regionale Zeitungen über Musik und Literaturthemen, danach bei der Anti-Mafia-Zeitung I Siciliani. Als 1985 deren Chefredakteur Giuseppe Fava kaltblütig ermordet wurde, war Pippo Pollina 22 Jahre alt. Viele seiner Kollegen wandten darauf Sizilien den Rücken zu und gingen nach Rom oder Mailand, um dort weiter als Journalisten zu arbeiten. Pollina wollte "einfach nur eine Pause machen", für eine kurze Zeit die sizilianische Heimat verlassen. Doch es sollte eine Dauerlösung für ihn werden. Nachdem er einige Monate durch Europa gereist war, ließ er sich in der Schweiz nieder. Wo er heute noch lebt, in Zürich.
Den Aufbruch aus Sizilien, wo er Recht, Archäologie, Geschichte und Philosophie studierte, hat Pippo Pollina immer wieder besungen. In "Lontana terra" von seiner 1995 erschienenen fünften CD "Dodici lettere d´amore" wird aus der Erinnerung an das Heimatland eine Glücksprojektion im alltäglichen Unglück. Alter Hass - auf das Terrorregime der Mafia - und alte Liebe - für die Heimatstadt - werden in "Per amare Palermo" deutlich. Pollina erinnert an das kurze Aufflackern der Bewegung "Primavera di Palermo". Nach der Ermordung der beiden Mafia-Jäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino schien die Bevölkerung genug vom organisierten Verbrechen zu haben. Leoluca Orlando, der Leiter der Anti-Mafia-Bewegung "Rete" (Netz), wurde mit 80 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister von Palermo gewählt. Doch bereits ein Jahr später, als die Lega Nord, Neofaschisten und Berlusconis Forza Italia auf Rom "marschierten", zerfiel die linksliberale Mehrheit auch in Palermo. Erst vor wenigen Jahren ist Pippo Pollina wieder in seiner Geburtsstadt aufgetreten - auf Einladung von Orlando. Heute ist Orlando nicht mehr Bürgermeister von Palermo. Er hat ein Buch über jene Jahre geschrieben: "Ich sollte der nächste sein". Und während einer Pollina-Tour im Frühjahr hat er daraus vorgelesen.
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