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"Salt And Rain" (Narada/Virgin, 2001)
mit Tama:
mit Paban Das Baul & Sam Mills: |
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Susheela Raman unterwegs: www.novaconcerts.de
09.11.03 München, Muffathalle |
"Vielleicht sollte ich für euch in Deutschland einen Bhangra-Remix aufnehmen!" Susheela Raman schmunzelt und greift nach einem Stück Schokolade auf dem Catering-Tisch der Garderobe. Hier im elsässischen Mulhouse kann sie vor ihrem Konzert ganz entspannt sein, die Halle ist längst ausverkauft. Frankreich ist gewissermaßen ein Heimspiel für die Tamilin, hier wurde ihr Debüt "Salt Rain" überraschend rasch vergoldet. Erheblichen Nachholbedarf dagegen hat sie bei uns. Der Bhangra-Boom, ausgelöst durch Panjabi MC, hat hierzulande zwar einen kleinen Trend in den Clubs ausgelöst, wo nun die 20- bis 30-Jährigen auch verstärkt zu jener aufgekratzten Diskomusik der indischen Jugend zappeln. Mit ihrer neuen, akustisch orientierten Musik, die Traditionen vom Subkontinent anzapft, aber nicht im klassischen Idiom verharrt, hat es die Kosmopolitin da ungleich schwerer. Mit Musikern aus Indien, England, Kamerun, Nigeria, Guinea-Bissau, Griechenland, Spanien und Tuva hat sie eine fast weltumspannende Klangsprache gefunden, in der die jahrhundertealte Klassik Südindiens, aber auch Perlen der Popgeschichte in ganz neuem Licht glänzen. Ein Kollege vom Rundfunk sah in ihrer Arbeit kürzlich ein aktuelles Beispiel für esoterischen Mischmasch. Mit Verlaub: Gründlicher hätte er sich nicht irren können.
Von Stefan Franzen
"Ich bin nicht angetreten mit der gewollten Mission: Jetzt mische ich afrikanische, europäische und indische Musik!'", stellt die Sängerin klar. "Vielmehr habe ich das Glück, dass die Leute in meiner Band emotional aufeinander reagieren können und sich fast blind verstehen. Es hat einfach klick' gemacht." Die multinationale Band ist nur die logische Fortsetzung einer spannenden Weltbürger-Biographie. Susheela Ramans Eltern stammen aus dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu und kamen 1966 nach England, dort wurde sie 1973 geboren. Prägend für ihre Jugendjahre allerdings war Sydney, wohin die Familie vier Jahre später übersiedelte. "Als wir dort ankamen, gab es nur eine winzige tamilische Gemeinde und man fühlte sich etwas deplaziert", erinnert sie sich. "Trotzdem haben meine australischen Jahre mir viel Energie gegeben. Die weite, offene Landschaft, die schwingt immer noch in meinem Bewusstsein, und die Nähe zum Ozean." In der Wahlheimat war es die Mutter, die für eine Wahrung der alten Traditionen sorgte: "Sie war die Tochter eines Priesters, vertraut mit den Tempelritualen auf Sanskrit und ebenso mit der karnatischen, der südindischen klassischen Musik. Auf keinen Fall wollte sie, dass dieses Wissen verloren geht, und hat es deshalb an mich weitergegeben." Man könnte es als Rebellion gegen das Elternhaus verstehen, dass Susheela als Teenie eine Funkband gründete, aber da winkt sie ab. Sie sei nur einem augenblicklichen Instinkt gefolgt - und hatte damit ganz nebenbei ihr Fundament für eine künftige Gleichgewichtung von junger und archaischer Musiksprache gelegt.
Mitte der Neunziger macht sie sich auf nach Indien, um ihre Herkunft zu erkunden, versucht, wie ein Schwamm alle möglichen Kulturen aufzusaugen: "Ich bin sehr viel herumgereist. Bei Shruti Sadolikar, einer der führenden Vokalistinnen der nordindischen Klassik, habe ich kurze Zeit Unterricht genommen. Allerdings nur, um ihre Technik kennen zu lernen, eine klassische Sängerin wollte ich nie werden, das nimmt viele Jahre in Anspruch. Während meines Indien-Trips war ich völlig fasziniert von der Mannigfaltigkeit der Musiktraditionen. Auch heute bin ich immer noch eine Lernende, die völlig am Anfang steht, und ich möchte noch so viel lernen, zum Beispiel über die Qawwali im Nordosten und die Liebeslyrik in der Sprache Urdu."
1997 schließt sich dann der Kreis in ihrer Vita: Susheela Raman kehrt nach England zurück und lernt dort ihren zukünftigen Lebens- und Musikpartner Sam Mills kennen, der gerade mit dem Stimmenwunder Paban Das Baul an einer britisch-bengalischen Verschmelzung bosselt. Sie ist beeindruckt von Mills profunder Kenntnis der Traditionen Bangladeschs und Bengalens, die eine weitgehendere Ost-West-Verständigung ermöglicht als bei den Fusion-Projekten, denen sie bis dato begegnet ist. Mills Ideen werden zur Initialzündung für ihre eigenen Visionen, westliche und asiatische Klangfarben für eine weltweite Hörerschaft zusammen zu bringen. "Salt Rain" heißt die erste CD-Frucht des Zweierteams und geht schon weit über einen Austausch zwischen Indien und England hinaus. Balkanisches blitzt in der Klarinette von Manos Achalinotopoulos auf, die für Guinea-Bissau typische Percussion und die melancholische Stimme des kenianischen Gaststars Ayub Ogada bereichern den west-östlichen Diwan um eine Afro-Note. Das Repertoire speist sich vor allem aus karnatischer Musik, wobei den legendären Dichtern Dikshitar und Tyagaraja der Löwenanteil gebührt: "Beide waren höfische Komponisten des 18. Jahrhunderts und kamen aus der Region von Thanjavur, wo auch meine Eltern ihre Wurzeln haben", erläutert Raman ihre Vorliebe für das Poetengespann. "Letztes Jahr bin ich ans Grab von Tyagaraja gepilgert. Seine Lyrik ist zwar spiritueller Natur, aber trotzdem einfach verständlich und freundlich im Ausdruck, Dikshitar dagegen hat hauptsächlich Anrufungen der Toten auf Sanskrit komponiert, sehr intensive, schwere Lieder. Ich gehe zeitlich allerdings noch weiter zurück in der Auswahl meines Repertoires und greife Hymnen aus der Zeit zwischen 700 und 1000 auf. Dabei interessiert mich nicht so sehr der religiöse Inhalt, sondern vielmehr die Tatsache, dass diese als Populärkultur bis heute im Bewusstsein der Leute geblieben sind. Das zeigt die Energie, die sie transportieren."
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