back„Cabo Verde ist ein Fenster.“

Simentera

Kreolische Aussaat

Von Stefan Franzen

go! www.malagueta-music.com
Discographie

„Raiz“ (Lusafrica/Sunny Moon, 1995)
„Barro E Voz“ (Mélodie/Indigo, 1997)
„Cabo Verde En Serenata“ (Piranha/EFA, 2000)
„Tr'adictional“ (Mélodie/Indigo, 2003)

Simentera unterwegs

02.07.03 Karlsruhe, ¿wo?
03.07.03 Ludwigsburg, ¿wo?
05.-06.07.03 Rudolstadt, TFF
08.07.03 A-Bad Ischl, ¿wo?
10.07.03 A-Wien tbc
13.07.03 NL-Almere tbc

Die Musik der Kapverden wurde in Europa vor allem durch Cesaria Evora ins Blickfeld gerückt. Ihre Lieder, in der viele ein geheimnisvolles Bindeglied zwischen Portugal und Brasilien sehen, stehen mit ihrer melancholischen Tristesse seit mehr als zehn Jahren hoch im Kurs. Songschreiber wie Teofilo Chantre oder Boy Gé Mendes und einige wenige Instrumentalisten wie Bau haben es in ihrem Kielwasser noch zu einiger Bekanntheit auf dem hiesigen Weltmusikmarkt gebracht. Abseits vom üblichen Morna- und Coladeira-Repertoire jedoch agiert eine neunköpfige Band, die über exzellente Instrumentalisten und gleich drei Sängerinnen mit sehr unterschiedlichem Timbre verfügt. Aus dem reichen kapverdischen Klangschatz haben sie bevorzugt das unbekannte afrikanische Erbe hochgehievt und bereichern ihn so mit neuer Poesie und ausgefeilten Arrangements. Ihr viertes Album „Tr'adictional“ ist der größte Wurf bislang: Mit Gästen wie Paulinho da Viola, Manu Dibango oder Maria João ist es Simentera gelungen, die Rolle der Kapverden als Dreh- und Angelpunkt kreolischer Mischkulturen in bezwingenden Klangminiaturen festzuhalten. Stefan Franzen hat für den Folker! mit Simentera-Mastermind, mit dem Schriftsteller, Dichter und Multi-Instrumentalisten Mário Lúcio Sousa gesprochen.

Man spricht viel vom brasilianischen und europäischen Einfluss auf die kapverdische Musik und vergisst darüber ein wenig die afrikanischen Wurzeln. Simentera legt aber gerade auf diese besonderen Wert, nicht wahr?

Heute spreche ich nicht mehr von „Einfluss“, sondern von Bestandteilen, aus denen sich die Musik Cabo Verdes zusammensetzt, von Zutaten. Vor der Kolonisierung gab es keine Kultur auf den Kapverden, Simenteradenn sie waren ja unbewohnt. Unsere Kultur ist also das Produkt eines Aufeinandertreffens anderer Kulturen. Dies ist das Unverwechselbare an unserer Identität. Es ist also normal, dass wir alle Elemente aus den Kulturen mischen, aus der unsere ursprünglich hervorgegangen ist. Deshalb haben wir viele europäische Elemente, sei es aus Portugal, sei es aus anderen Ländern, das merkt man an Formen wie der Mazurka, der Polka oder dem Contredanse.

Gleichzeitig gibt es viele afrikanische Elemente in unserer Kultur, aber eher versteckt. Denn es war die Strategie unserer Kolonisatoren, die afrikanischen Referenzen zu unterdrücken, weil sie uns isolieren wollten von unseren Wurzeln, um uns besser dominieren zu können. So haben wir im Laufe der Zeit die Verbindung dazu verloren. Auf Santiago, der Insel, auf der ich geboren bin, war sie noch ein wenig stärker. Nach der Unabhängigkeit haben wir gemerkt, dass wir mit einem kranken, völlig blinden Auge umhergelaufen waren. Wir entschlossen uns, es wieder zu öffnen und uns unsere afrikanischen Wurzeln anzuschauen. Simentera ist bei dieser Wiederbegegnung mit ihnen am weitesten gegangen.

Du kannst es in den Perkussionsinstrumenten finden, die wir eingeführt haben – vor uns gab's die in der kapverdischen Musik nicht. Die Djembe, die Triangel, die kubanische Clave, Tamburine. Oder in den Rhythmen Batuco und Tabanka. Außerdem haben wir den kollektiven Gesang etabliert. Zu der modernen kapverdischen Musik, die wir schreiben, arbeiten wir Chorarrangements aus, als ob es einen kollektiven Gesang von den Inseln schon immer gegeben hätte.

SimenteraSie haben darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Musik von Simentera eine neue akustische Qualität gibt, die sonst in der kapverdischen Musik nicht so ausgeprägt erscheint. Worin besteht sie?

Ich nehme meine Verantwortung für die Rolle von Simentera in der kapverdischen Musikgeschichte sehr ernst. Einer der Gründe, warum wir Simentera ins Leben gerufen haben, war, der akustischen Musik wieder einen Kick zu geben. Wir haben sie aber nicht nur wieder angestoßen, sondern wir haben sie auch erneuert. Es gibt ganz klar eine akustische Musik vor Simentera und eine akustische Musik nach Simentera. Vorher hatten die Instrumentalisten lediglich begleitende Funktion, mit uns ist das eine ästhetische Bewegung geworden, jedes Instrument hat eine Persönlichkeit. Es ist keine ethnische Musik, keine Musik der Archive mehr, wir haben ihr ästhetische Qualität verliehen, die der ganz besonderen kapverdischen Seele Ausdruck verleiht. Dieser Seele allerdings muss man eine Kleidung geben, sie kolorieren mit Kenntnis und Imagination, sonst bleibt sie reine Exotik.


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Mehr über Simentera
im Folker! 4/2003