backDer ganze Stolz der Korsen

I Muvrini

(Musikalische) Kinder der Regionalismusbewegung

go! www.muvrini.com
Discographie
Auswahl:

„Anu dà vultà“ (Ricordu, 1980)
„A l'encre rouge“ (Ricordu, 1986)
Cover Umani„E più belle“
  (Compilation,
  Ricordu, 1990)
„Noi“ (Columbia, 1993)
„Curagiu“
  (Columbia, 1995)
„Leia“ (EMI, 1998)
„Umani“ (EMI, 2003)

Buchtipp:

Bernadini, Ghjuvan Francescu: Note,
testi è canzone – Notizen, Texte und Lieder.
Aus dem Korsischen und Französischen
von Gerda-Marie Kühn. Bastia 1999.

Vertrieb der korsisch/französischen bzw.
der korsisch/deutschen Fassung über
go! www.muvrini.com

Plakat

An ihrem welt(musik)offenen Konzept scheiden sich die Geister: Von puristischen Kritikern wegen vermeintlich allzu großer Popnähe inzwischen mit „Liebesentzug“ bedacht, erfreut sich die mit Abstand populärste und (kommerziell) erfolgreichste Gruppe Korsikas gleichwohl auch international wachsender Beliebtheit. Fest steht: I Muvrini machten den oft sperrigen, disharmonisch anmutenden mehrstimmigen Gesang ihrer Heimat auch für Nichtkorsen goutierbar, weckten maßgeblich das Interesse an der verkannten, von Frankreich geächteten (Musik)Kultur und Sprache der kleinen Mittelmeerinsel.

Von Roland Schmitt

Wie viele andere Vokal- und Musikensembles formierten sich I Muvrini (zu dt.: die Mufflons) im Rahmen der Regionalismusbewegung Mitte der 1970er Jahre. Kern der Gruppe ist bis heute das Brüderpaar Alain und Jean-François (alias Ghjuvan Francescu) Bernadini, das einer sangesfreudigen Familie aus der Casinca (einem mit Oliven- und Edelkastanien bedeckten Hügelland im Nordosten Korsikas) entstammt. Der Großvater, der in Tagliu-Isulaccia als Schreiner lebte, hatte seine Kenntnisse und seine Lieder an den Sohn, Ghjuliu Bernadini, weitergegeben, der seinerseits die Söhne die komplexe Technik der korsischen Vokalkunst lehrte. „Als wir damals anfingen, Polyphonien zu singen, kamen vielleicht 30 Leute zu einem Abend. Ich wagte es nicht, meinen Schulkameraden davon zu erzählen, weil ich mich schämte. Die Korsen hörten damals die Musik der Touristen, z.B. Tino Rossi. Unsere Lieder waren dagegen als Gesang von Bauerntölpeln verpönt.“

Nach anfänglicher Zusammenarbeit mit Canta u Populu Corsu, der dienstältesten korsischen Gruppe, veröffentlichten die Brüder Bernadini 1976 eine erste Single, die sie mit ihrem Vater aufgenommen hatten. Der verstarb wenige Monate später. Ihm widmeten sie ihre erste Langspielplatte, „ ...ti ringrazianu“, die auch ihr persönliches Abschiedslied „Addiu a Ghjuliu“ enthält. Sie erschien 1979 auf dem einheimischen Kleinlabel Ricordu, wie auch die sechs Folgealben. Diese frühen Aufnahmen sind, wie auch bei den anderen korsischen Revival-Bands, eher akustisch ausgerichtet. Im Vordergrund steht die Pflege der überlieferten polyphonen Gesänge.

Jean-François Bernadini im Gespräch

Frage: Ihr tretet seit rund zehn Jahren regelmäßig in Deutschland auf;
eure Fangemeinde wächst zwar, aber noch überschreiten die
Publikumszahlen – anders als z.B. in Frankreich – selten eine
vierstellige Zahl. Wie geht ihr damit um?

Antwort: Wie viele Leute in unsere Konzerte kommen, spielt für die
Intensität des Auftrittes keine Rolle. Und wir schätzen das deutsche
Publikum; es ist sehr offen und kann einfach auch zuhören. Es bringt
uns auch eine richtige Wärme entgegen. Die deutschen Fans sind sehr
enthusiastisch.

Frage: Manche Musikkritiker tun sich – auch hierzulande -
mit dem „poppigen“ Crossover-Konzept von I Muvrini schwer:

Antwort: Wir haben überhaupt nicht den Anspruch, rein traditionelle
korsische Musik zu machen. Da liegen sicher unsere Wurzeln,
aber über die vielen Jahre hinweg haben wir uns von anderen Musikstilen
inspirieren lassen. Wir sind da ganz offen.

Frage: Und wie reagieren die Landsleute und vor allem die
einheimischen MusikerkollegInnen auf den großen,
auch kommerziellen Erfolg?

Antwort: Unser Verhältnis ist von gegenseitigem Respekt geprägt.
Konkurrenzdenken ist uns eigentlich fremd. Jeder kreiert seine
Vorstellungen von Musik, wie er oder sie es möchte. Dass
I Muvrini international erfolgreich und anerkannt sind,
macht die Korsen stolz.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre kam es – im Gefolge des Weltmusikbooms – zu beachtlichen Veränderungen in der noch überschaubaren korsischen Musikszene. Gerade I Muvrini wandten sich nun ganz konsequent dem „Worldmusic-Crossover“ zu. Mit ihrem Album „A l'encre rouge“ (1986) betraten sie Neuland, denn erstmals setzten sie auch elektrische bzw. elektrisch-verstärkte Instrumente ein wie Keyboards. Auf ihrer Insel hatten I Muvrini derweil längst den Nimbus von Stars erreicht. Dank ihrer patriotisch-freiheitsliebenden Gesinnung, die auch in eigenen Liedern zum Ausdruck kam (u.a. „Demucrazia“, „Cresce la voce“), gewannen sie bei ihren korsischen Landsleuten größtes Ansehen. I Muvrini gründeten Gesangsschulen für Kinder, in denen seither die korsische Vokaltradition gepflegt wird. Aus diesem Engagement resultierten zunächst zwei Alben mit Kinderliedern.

Vom Vokal-Duo zur gefeierten Weltmusikband

Unterdessen war man auch auf dem französischen Festland und im ganzen Mittelmeerraum hellhörig geworden. Ein Auftritt beim renommierten Festival „Printemps de Bourges“ 1985 hatte I Muvrini weitere Türen zum Ruhm aufgestoßen. Es folgten Konzertreisen nach Spanien, in die Bretagne und andere Regionen Frankreichs. Eine eigene Produktionsfirma, AGFB, hatte die Gruppe inzwischen auch ins Leben gerufen, für die zwei hochgelobte Studioalben und ein erstes Live-Album eingespielt wurden.

I Muvrini1991 unterschrieben I Muvrini einen Plattenvertrag mit Island, doch endete diese Zusammenarbeit bereits nach einem Album („A voce rivolta“). Aus dem ehemaligen Vokalduo, das über viele Jahre mit wechselnden Gastsängern und Sessionmusikern agiert hatte, war durch den großen nationalen Erfolg derweil eine Gruppe mit fünf festen Sängern und etlichen Begleitmusikern (u. a. Akkordeonist Régis Gisavo, Gitarrist und Ceteraspieler Jean Bernard Rongiconi, Drehleier-As Gilles Chabenat, Bruno Lerouzic am Dudelsack) erwachsen. Die Konzertnachfrage wuchs, analog zur Größe der Hallen. Im April 1992 begeisterten I Muvrini erstmals 15 Abende lang das Publikum im bekannten Zénith in Paris. In jener Zeit entschieden sie sich auch für einen neuen Plattendeal mit dem Major-Label Columbia, das ihre AGFB-Alben fortan in sein Programm übernahm.


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im Folker! 4/2003