backTom Schroeder zum Fünfundsechzigsten

Man kann ihn durchaus als Radio-Legende bezeichnen. Das ist nicht übertrieben, wenn jemand weit über 30 Jahre im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit markanter Stimme die Sache von Folk und Blues fördert. Aber Tom Schroeder ist jemand, der den Worten immer auch Taten folgen ließ. Zwei Beispiele: Als einer der Vorläufer dieser Zeitschrift, der Folk-Michel, Ende der 70er Jahre noch ein kleines Blättchen mit Schülerzeitungs-Layout und -Auflage war, sprach Tom Schroeder trotzdem mehrfach Einladungen zu seinen Sendungen aus, um das idealistische Projekt zu fördern. Selbstverständlich? Wir denken nicht. Und als Hildegard Doebner Anfang der 90er mit ihrem engagierten Wittener Open-Air-Festival einen grandiosen Reinfall erlebte und persönlich auf einem riesigen Schuldenberg saß, da sagte Ray Austin: „Keine Sorge Hildegard, am Schluss ist Plus.“ und Tom Schroeder war die treibende Kraft bei den (schlussendlich natürlich erfolgreichen) Unterstützern. Selbstverständlich? Wir denken nicht. Aber wir denken, dass der einschneidende Geburtstag dieses Vollblut-Folkloristen und Radio-Mannes mit Herz ein paar Worte verdient hat. Selbstverständlich!

Von Jan Reichow*

Vermutlich kenne ich Tom Schroeder so lange wie die Matinee der Liedersänger, in der er von Anfang an – neben Achim Sonderhoff und Henning Venske – als Moderator präsent war, also seit 1974, und es ist vielleicht kein Zufall, dass die Matinee zumindest in dem Jahr, in dem er seinen Abschied nimmt, durchaus noch grünt und blüht; er war es ja schließlich, der dem, der entnervt das Handtuch werfen wollte, mit Engelsgeduld klar machte: Wenn du es nicht weitermachst, kräht kein Hahn danach, also mach's einfach weiter. (Und abermals krähte kein Hahn.) Mit persönlichem Einsatz hat er nie gegeizt, obwohl Köln für ihn nur Nebenschauplatz war: Radiothek, Matinee, Folkmagazin, Bosporus, Folk-Ecke, WDR-Folkfestival und vieles mehr. Ganz unwiderstehlich war er, wenn es um sein geliebtes Lahnsteinfestival ging: Jahr für Jahr brachte er aufs Neue eine ansehnliche Sponsorenschar auf die Beine, und sein persönliches Engagement stand für die Qualität des Programms. Seine radiophonen Rückblicke auf Lahnstein wurden im WDR-Gebiet oft genug Silvesterbonbons.

Was mir als erstes einfällt, wenn ich an Tom Schroeder denke, ist das Wort Professionalität. Man muss ihn erlebt haben, wenn er eine Sendung vorbereitete: wie er jedes Detail plante, Technik, Übergänge, Musikmischung, Gesprächsverlauf, kleine Scherze inclusive, (das Schriftbild seiner alten Schreibmaschine vergisst man nicht), und wie dann doch die Improvisation ihren Platz behielt. Jede gerade anstehende Sendung schien die wichtigste seines Lebens zu sein, und es wurde spannend in dem Moment, wo er das Mikrophon vor sich hatte und seine sensationelle Live-Stimme einsetzte. Bei ihm erlebte man hautnah die alte linke Leidenschaft, die vor allem der „unteren“ Musik gilt, dem Blues, der Stimme des Folkes, der nicht notierten und nicht notierbaren, und dieser bluesige Funke sprang unweigerlich über.


* Dr. Jan Reichow ist seit 1970 beim WDR (zunächst frei, seit 1976 fest), Leiter der Abteilung Volksmusik, später: Musikkulturen bis 1995, hat das Weltmusikfestival (ehemals Folkfestival) mit ins Leben gerufen, indische, arabische, afrikanische u.a. Konzerte organisiert, hunderte von Sendungen zum Verständnis anderer Kulturen produziert oder verantwortet. Derzeit ist er Redakteur in der Programmgruppe Musik, WDR 3.


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im Folker! 4/2003