Fado em mim (World Connection, 2001) |
Mariza unterwegs:
17.06.03 Würselen, Burg Wilhelmstein |
Portugal feiert sie als die neue Amália Rodriguez. Im März wurde Mariza in London bei den BBC Radio3 Awards for World Music als beste europäische Künstlerin geehrt. Schon im vergangenen Jahr war ihr Debüt-Album Fado em mim für die World Music Awards 2002 der BBC nominiert worden. Und in Deutschland bekam die CD den Vierteljahrespreis der deutschen Schallplattenkritik. Die mit Lorbeeren überhäufte portugiesische Sängerin tritt am 27. Juni im Rahmen des Stimmen-Festivals in Lörrach auf.
Mariza ist ein zauberhaftes außerirdisches Wesen, das vom Schöpfer gesandt wurde, um dem Fado neues Leben einzuhauchen, schreibt Nuno Nazareth Fernandes im Booklet ihres ersten Albums. Ob er damit mehr auf ihre Stimme oder ihr Äußeres anspricht, lässt er offen. Nicht von dieser Welt scheint jedenfalls dieses ausdrucksvolle, hinter dickem Make-up hervorstrahlende Gesicht, der volle, in dunkles Lila getünchte Mund und die gleichfarbigen Lidschatten, die weiß gefärbten, in viele parallele Scheitel geteilte gegelten Haare, die wallenden Roben. Ihre Stimme jedoch strömt den Duft dieser Erde aus, vibriert, klagt, schneidet oder wagt auch mal einen kleinen Jubel etwas Unerhörtes im Fado. Ich glaube, Fado kann man nicht lernen. Man singt ihn nicht, man fühlt ihn, beschreibt die Sängerin ihren Gesang. Das Album Fado em mim bestätigt ihre Worte. Außerirdische könnten so nicht fühlen. Das kann nur eine Frau mit tiefen menschlichen Gefühlen. Mariza stammt also weder vom Mond noch von der Venus, doch ihre Reise zum Fado führte auch mal über Umwege.
Von Martin Steiner
Geboren in Mozambique, zog sie mit drei Jahren nach Lissabon. Dort führten ihre Eltern im traditionellen Mouraria-Viertel ein Restaurant, worin Nacht für Nacht Fado-Sängerinnen und -Sänger auftraten. Meine ersten Erinnerungen an den Fado gehen zurück auf meine frühe Kindheit. Da war ein schummriger Raum, viel Rauch und darin stand eine Person, die sang. Die Atmosphäre hatte etwas Magisches für mich. Es war, als säße ich in einer Kirche. Ich fühlte die Leidenschaft der Sängerinnen. Es war wirklich außergewöhnlich, speziell. Bereits als Fünfjährige sang Mariza den Fado. Da sie noch nicht lesen konnte, malte ihr Vater ihr Bildergeschichten mit dem Inhalt der Fados auf ein Blatt, das er an die Wand klebte. So lernte sie die Worte der Lieder auswendig. In der Folge sang Mariza Fado, wann immer sie konnte. Als Jugendliche zog sie allerdings andere Musik vor. Meine Freunde und ich dachten, Fado wäre etwas für ältere Leute. Später, 1996, zog sie eine Weile nach Brasilien, wo sie Jazz, Soul und brasilianische Musik interpretierte. Weil ich Portugiesin bin, wollten die Leute immer, dass ich Fado singe. So merkte ich, dass der Fado zu meiner Kultur gehört. Fado können nur Portugiesinnen und Portugiesen in ihrer Muttersprache singen.
Ende März ist Marizas neues Album, Fado curvo, erschienen. Auf dem vom Keyboarder der Gruppe Madredeus, Carlos María Trindade, produzierten Album erforscht die Sängerin laut ihren eigenen Angaben die Wurzeln des Fado. Einerseits beinhaltet es mehr traditionelle Stücke, portugiesische Volksmusik wie etwa die Traditionals Marião aus der nördlichen Provinz Tras-os-Montes oder Chula aus der Minho-Region. Auf der anderen Seite beinhaltet Fado curvo auch Themen über das heutige Lissabon und vertonte Poesie der bekanntesten portugiesischen Dichter. Mariza bezeichnet die Musik als eine Mischung aus Tradition und Zukunft des Fado. Eine Rezension folgt in Folker! Heft 4/2003. |
Der Fado, der portugiesische Blues, ist in der Tat eng mit der portugiesischen Seele verbunden. Fado heißt Schicksal, Weg. Er drückt die Saudade aus, dieses portugiesischste aller Gefühle. Wie der Blues oder der griechische Rembetiko singen sich die Fadistas ihre Wehmut, ihren Schmerz und ihre Leidenschaft aus dem Leib. Dass afrikanische Matrosen den Fado nach Portugal gebracht haben, ist nicht bestätigte Geschichte. Sicher ist nur, dass im 19. Jahrhundert eine raue, vierschrötige Frau namens Maria Severa in den Kaschemmen der Lissabonner Altstadtviertel auftrat. Ihr Ruf als erste Fado-Sängerin geht möglicherweise darauf zurück, dass sie die erste war, die ihren Gesang mit der portugiesischen Gitarre begleitete. Hundert Jahre später wurde Amália Rodriguez zur größten Fadista aller Zeiten gekürt. Nach dem Sturz des Salazar-Regimes galt Fado für viele junge Portugiesinnen und Portugiesen als verstaubt und reaktionär. Zudem reduzierten die Touristenhorden im Alfama-Viertel und Bairo Alto den Fado auf billige Folkloreschnellkost. Kein Wunder, dass es seine Zeit dauerte, bis junge Sängerinnen begannen, mit eigenständigen Fado-Interpretationen erste Kletterübungen am hohen Königinnenthron zu machen.
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