Vedette de la chanson malienne steht in neongrünen Buchstaben auf Madame Soumaoro Kandia Kouyates Visitenkarte: Diva des Chansons aus Mali. Aber Madame ist nicht nur eine Diva, sondern auch eine Jelimusolu, eine weibliche Griot, und gehört damit zur traditionellen Musikerkaste Westafrikas. Griot kann man nicht werden, als Griot wird man geboren, meint sie stolz.
Von Suzanne Cords
Kita Kan (Stern's Africa, 1999) |
Dass Kandia Kouyate einst eine Jelimusolu werden würde, hatte den Eltern schon vor ihrer Geburt ein Wahrsager vorausgesagt. Ihr Vater hatte drei Frauen, und alle waren gleichzeitig schwanger, doch dass die kleine Kandia die Auserwählte des Trios war, ahnte der Vater sehr bald. Ihre Stimme war schon damals außergewöhnlich, und oft saß sie bei den Dorfältesten und löcherte sie mit Fragen nach alten Geschichten und Legenden. Denn Griots sind Geschichtenerzähler, Chronisten sozusagen, die das Leben der Noblen, der Mächtigen, besingen und mündlich überliefern. Man kann nur ein Griot von Rang werden, wenn man von den Alten lernt, erzählt die Mitvierzigerin Kandia Kouyate. Sie sind sehr weise. Ich brachte ihnen also Kolanüsse, wie es bei uns Brauch ist, und fragte und fragte: Sie haben mir alles beigebracht, was ein Griot wissen muss.
Die Tradition der Griots lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Damals vereinte der Nationalheld Malis Sunjata Keita die Stämme zum Königreich Mande. Ihn zu preisen war die Aufgabe der Griots, ihre Musik verbreitete sich in ganz Westafrika. In den Dörfern lebten sie Tür an Tür mit den mächtigsten Familien. Gab es Streitigkeiten, mussten die Griots sie schlichten. Und natürlich sangen sie bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen Loblieder auf ihre Patrone: Sie sangen über die Heldentaten der Männer als Kämpfer und über die Qualitäten der Frauen als Mütter. Die Patrone bedankten sich mit Vieh, Nahrungsmitteln und sogar Sklaven.
Auch heute noch gehört es für die High Society in Mali zum guten Ton, sich einen eigenen Griot zu leisten: Griots sind sozusagen die PR-Manager angesehener Bürger. Dafür wird ein guter Griot fürstlich entlohnt. In Mali singen die Frauen, während die Männer die typischen Instrumente spielen: das Balafon, eine Art Xylophon, die Kora und das Ngoni, afrikanische Saiteninstrumente. Durch Auftritte in öffentlichen Konzerten, im Radio und im Fernsehen können Griots den Ruhm ihrer Patrone besser denn je verbreiten.
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