backHobo und Troubadour

Michael Hurley

Barock-Folk oder die gemächliche Gangart des amerikanischen Hinterlands

"Out of Rosenheim" hieß der Kinofilm von Percy Adlon mit der korpulenten Marianne Sägebrecht in der Hauptrolle. Sie spielte Jasmin, die sich nach einem Ehekrach ins Bagdad Café verirrt hat, das irgendwo weit ab, an einer gottverlassenen Landstraße in der amerikanischen Provinz liegt. Jasmin wird von Rudi (Jack Palance) umworben, dem alternden Kunstmaler, der in einem Wohnwagen in der Nähe lebt und der Jasmin gerne als Akt malen würde, was ihm am Ende, nachdem sich die beiden angefreundet haben, auch gestattet wird. Wenn Rudi noch eine Gitarre unterm Bett gehabt hätte, um ab und zu ein Lied anzustimmen, hätte er Michael Hurley sein können. Denn außer dem Malen haben die beiden noch mehr gemeinsam: ungefähr das gleiche Alter (so Anfang sechzig), verwittertes Gesicht, Bart, längere Haare, sanftes Gemüt, stilles Wesen, leben allein, sind weit herumgekommen, welterfahren, geübt im Sichdurchschlagen und Sichdurchschummeln, ob mit Gelegenheitsjobs oder Stütze.

Von Christoph Wagner

go! www.robotwisdom.com/jorn/hurley.html
Discographie
Auswahl:

First Songs (Folkways, 1965 LP/1997 CDR)
Wolfways (Koch/Veracity, 1994)
Parsnips Snips (Veracity, 1996 LP)
Bellemeade Sessions (Blue Navigator, 1998)
Heatherhole (One-Eight-Hundred-Prime-CD, 1999)
Sweetkorn. (Trikont, 2002)

Michael Hurley (Jahrgang 1941) - auch Doc Snock oder einfach Snog genannt - ist, seit er denken kann, "on the road". Zuerst unfreiwillig, weil die Familie viel umziehen musste. Sein Vater arbeitete in verschiedenen Berufen, bisweilen als Operettenproduzent, und war immer nur für ein paar Monate an einem Ort tätig. Dann ging es wieder weiter - die Ostküste rauf und runter. In einer Raststätte hörte Hurley als Kind das erste Mal einen Klang, der ihn verzauberte und ihm nicht mehr aus dem Sinn ging: den Sound einer Steelgitarre.

Das unstete Leben aus dem Koffer wurde zur frühkindlichen Prägung. Später als Mike siebzehn war und sich von daheim davon machte, um auf eigenen Beinen zu stehen, behielt er das Umherziehen bei. Die alte Hobo-Weisheit "Nie länger als sechs bis acht Wochen an einem Ort bleiben!" wurde zu seiner Maxime. So kommt man herum: Virginia, Vermont, New Orleans, New York, Oregon, Texas, Mexiko, North Carolina und Pennsylvania hießen die Stationen, wo er sich eine Zeit lang aufhielt. Zehntausende von Meilen legte er allein "durch die Kraft des Daumens" zurück, wie er schmunzelnd erzählt. Gibt es einen Platz im weiten Amerika, wo er noch nicht gewesen ist?

Von der alternativen Countryszene entdeckt

Seit Ende der fünfziger Jahren hat er beim Reisen seine Gitarre dabei. Mit ihr trampte er für den Tag nach New York City hinein, um in den Coffeehouses des Greenwich Village für etwas Trinkgeld die Folkies und Beatniks zu unterhalten. Moses Ash, legendärer Labelchef, wurde auf ihn aufmerksam und nahm 1965 für Folkways die erste Platte mit ihm auf, wobei er von Robin Remaily auf der Fiddle begleitet wurde. Hurley traf Ed Sanders und Tuli Kupferberg von den Fugs und Peter Stampfel und Steve Weber von den Holy Modal Rounders, der Keimzelle des amerikanischen Folkrevivals. Er versuchte sich auf weiteren Instrumenten, übte Mandoline, Banjo und Fiddle ("Mir gefällt alles, was Saiten und einen Resonanzköprer hat."), auch Klavier.


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Mehr über Michael Hurley
im Folker! 4/2002