backDie „Neue Volksmusik“ ist tot, es lebe die ...

... Alpine Weltmusik

Gespräch mit Hage Hein, dem ökonomischen Strategen der Alpen-Szene

Kaum ist Hubert von Goisern wieder aus der Versenkung aufgetaucht, wird auch Musik mit alpenländischen Wurzeln wieder relevant. Hage Hein hat die Szene als Chef der Münchener Plattenfirma Lawine (Goisern, BavaRio, Hundsbuam u.a.) von Beginn an interpretiert und vermarktet.

Christian Rath unterhielt sich mit ihm über Musik, Marketing und Politik.

Hubert von GoisernEtwa alle zehn Jahre erfindest du einen neuen Begriff für ungewöhnliche Musik aus Bayern und Österreich. Was du Anfang der 90er-Jahre als „neue Volksmusik“ bezeichnet hast, soll nun „alpine Weltmusik“ heißen. Warum braucht man einen neuen Terminus?

So ein Begriff soll den Medien zeigen, hier entsteht etwas Neues und es handelt sich nicht nur um ein, zwei Künstler, die schon im Rampenlicht stehen, sondern um eine relativ breite Szene.

Und was konkret soll der Begriff „alpine Weltmusik“ signalisieren?

Er soll dem deutschen Publikum deutlich machen, dass Weltmusik eben nicht nur von fremden Kontinenten kommt, sondern auch aus dem eigenen Kulturraum. Es wundert mich einfach, dass jemand wie Hubert von Goisern immer noch eher als Gaudi-Musiker angesehen wird und weniger als eigenständiger Beitrag zur globalen Popkultur. Und für das internationale Publikum ist ein Begriff wie „alpine Weltmusik“ verständlicher, weil sich „neue Volksmusik“ zu stark an der deutsch-sprachigen Debatte um den volkstümlichen Schlager orientierte.

Die KünstlerInnen selbst sind ja meist nicht begeistert, wenn du für sie solche Schubladen erfindest ...

Künstler wollen eben lieber ihre eigene schöpferische Leistung betonen ...

Kontakt:

Hage Hein
c/o Blanko Musik
Schongauer Str. 13
81377 München

Telefon 089 / 74 14 16 10
e-mail info@blankomusik.de
go! www.blankomusik.de

Bei Heins Firma Blanko Musik
sind folgende KünstlerInnen der
Alpinen Weltmusik unter Vertrag:
Hubert von Goisern, Zabine,
Edelschwarz, Hohtraxlecker
Sprungschanzenmusi, Hundsbuam,
BavaRio, Bayerisch diatonischer
Jodel-Wahnsinn.

Zu allen Gruppen gibt es Infos und
Tourtermine unter
go! www.blankomusik.de.

Auch gegenüber anderen KünstlerInnen?

Natürlich. Gerade in der „neuen Volksmusik“-Szene war die Stimmung anfangs ziemlich schlecht, weil viele glaubten, sie hätten etwas Neues erfunden und die anderen würden sie nur kopieren. Ich habe dieses Misstrauen 1993 hinter den Kulissen des ersten Schräg-Dahoam-Festivals in München selbst gespürt. Dabei haben ein paar Kreative zur gleichen Zeit ähnliche Ideen gehabt, was dazu führte, dass mancher bekannte Ländler eben von verschiedenen Künstlern bearbeitet wurde.

Die – inzwischen drei – Schräg-Dahoam-Festivals hast ja auch du organisiert. Was bedeutet denn der Titel „schräg dahoam“?

Das ist eigentlich nur so ein Wortspiel ohne ganz konkrete Aussage. Es hat etwas mit Heimat zu tun und damit, dass man sich nicht so reibungslos in die Tradition einordnen lassen will. Die meisten Leute verstehen eigentlich intuitiv, was ich damit sagen will.

Biermösl Blosn1993 dachte man noch, „neue Volksmusik“ könnte das ganz große Ding werden. Beschreib bitte mal die Atmosphäre auf dem ersten Schräg-Dahoam-Festival.

So schlecht die Stimmung bei den Musikern war, so euphorisch war sie bei den übrigen Beteiligten. Viele dachten damals drei Tage lang, hier passiert etwas ganz wichtiges für die europäische Musiklandschaft. Es waren jedenfalls drei Dutzend Journalisten und sechs bis sieben Fernsehteams angereist. Beim zweiten Festival, eineinhalb Jahre später, kamen dann keine Trendscouts mehr, da war die Euphorie schon wieder verflogen.

Warum hat es denn nicht geklappt mit dem ganz großen Durchbruch? Warum wurde der deutschsprachige HipHop so wichtig und nicht deutschsprachiger Jodel-Rock und Alpen-Jazz?

Wir waren ja schon damals nicht Teil einer Jugendbewegung, sondern Teil der Erwachsenenkultur. Deshalb fehlte uns eine spezifisch subkulturelle Szene, in der das Ganze hätte an Breite gewinnen können. Und für ein eher Mainstream-orientiertes Massenpublikum muss man natürlich mehr sein als ein virtuoser und kreativer Künstler. Hier kommt es auch auf die Attraktivität der Person und der Bühnenpräsenz an. Ernst Huber von Broadlahn zum Beispiel ist einfach nicht sexy – so sehr ich ihn als Musiker schätze. Da war Hubert eben doch eine Ausnahmeerscheinung. Und als er dann 1994 die Alpinkatzen auflöste, war die Szene gleich mausetot.

Goiserns vorläufiger Abgang war also das Ende der „neuen Volksmusik“?

Es war schon verrückt: Zuerst wurde er von vielen Seiten kritisiert, weil er mit seiner Art das Interesse der Medien auf sich konzentrieren würde. Als Hubert dann aber weg war, blühten die anderen nicht etwa auf, vielmehr wurde es ziemlich ruhig, weil sich die Medien gar nicht mehr dafür interessierten. Ich hab dann ja auch jahrelang kein neues Schräg-Dahoam-Festival gemacht.


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