backFraunhofer Saitenmusik, Nassler & Schneider und Norland Wind in Kanada

PROFOLK zu Gast bei der Folk Alliance

Präsentation deutscher Gruppen bei internationalen Veranstaltungen muss überdacht werden

Die kanadische Westküstenmetropole Vancouver war im vergangenen Februar Gastgeber der 13. Konferenz der nordamerikanischen Folk Alliance. Im Mittelpunkt der internationalen Veranstaltung standen wie jedes Jahr eine Messe und Arbeitskreise sowie natürlich viel Musik. Ein weiterer Höhepunkt war die Verleihung der "Lifetime Achievement Awards" für ihr Lebenswerk an die mexikanische Sängerin und "Queen of Tejano music" Lydia Mendoza, an den Schauspieler, Sänger und politischen Aktivisten Paul Robeson, dessen Todestag sich im vergangenen Januar zum 25. Mal jährte, sowie an den Musiker und Folkloristen Ralph Rinzler, der u.a. zu den Vätern des Newport Folk Festivals gehörte.

Zu den internationalen Gästen der Konferenz gehörten u.a. Gruppen aus Australien, Hawaii, Schweden, Dänemark und auch Deutschland. Allerdings war das Interesse an einigen der Veranstaltungen, die ganz im Zeichen der Weltmusik standen, ziemlich mager. Das hat die Diskussion innerhalb der Folk Alliance neu angeheizt, inwieweit überhaupt in der doch zu weiten Teilen von Singer/Songwritern sowie traditionellen nordamerikanischen Musikformen geprägten Vereinigung ein ausreichendes Interesse besteht, auch der Weltmusik ein organisatorisches Dach zu bieten, oder ob man eine eigene Vereinigung ins Leben rufen sollte. Michael Kleff sprach mit Thomas Loefke über dessen in Vancouver gewonnenen Eindrücke. Der Berliner war gleich in doppelte Funktion bei der Folk Alliance: als Vertreter von PROFOLK sowie als Musiker von Norland Wind.

PROFOLK bei der Folk Alliance. Das war nicht der erste Besuch. Was bringt es, neben dem "erzieherischen Effekt" für die nordamerikanischen Gastgeber, für die deutsche Seite?

Nun, der erzieherische Effekt gilt sicher für beide Seiten. Für PROFOLK oder allgemein für deutsche Musiker ergeben sich zunächst einmal natürlich unzählige Kontakte u.a. zu Kollegen aus Nordamerika. und zwar in einem beispiellosem Ausmaß. Manchmal sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Man muss also sehr gezielt vorgehen, um Informationen über die deutsche Szene zu verbreiten. Nach wie vor ist die Vorstellung von traditioneller Musik aus Deutschland von dem Klischee geprägt, das Volksmusik auf die Oktoberfest-Blaskapellen reduziert. Ich gehöre ja nun schon seit einigen Jahren zu den regelmäßigen Besuchern der Folk Alliance und sage auch ganz offen, dass es mir schlicht Spaß macht.

Wie wurden in diesem Jahr denn die "deutschen" Beiträge von Fraunhofer Saitenmusik, Naßler & Schneider sowie deiner eigenen Gruppe, Norland Wind, aufgenommen?

Das musikalische Angebot bei der Folk Alliance ist riesig, fast unüberschaubar zu nennen, und sicher ist es schwierig, die jeweils eigene Musik an die Leute zu bringen, die man erreichen will. Man muss jedoch auch wissen, dass die Showcases keine Publikumskonzerte sind, sondern Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme. Bei diesen Veranstaltungen kommt es nicht darauf an, ob der Raum voll ist. Wichtig ist, dass die "richtigen" Leute da sind, wie beispielsweise Festival- und Konzertveranstalter mit einem offenen Ohr für neue und ungewöhnliche Klänge. In diesem Sinne hat es sicher fruchtbare Begegnungen für alle beteiligten Gruppen gegeben. Was daraus wird, muss sich noch zeigen. Ein Glücksfall wie vor einigen Jahren in Memphis, wo Arhoolie-Chef Chris Strachwitz die Gruppe Csókolom sozusagen von der Bühne ins Studio geholt hat, um eine Platte zu produzieren, kommt nicht laufend vor.

PROFOLK hat sich in Vancouver zum ersten Mal gemeinsam mit einem anderen europäischen Partner präsentiert. Ist die Kooperation mit dem Danish Folk Council ein zukunftsweisendes Modell, auch mit Blick auf andere Konferenzen wie die WOMEX in diesem Jahr in Rotterdam?

Der deutsche-dänische Abend im Rahmen der "Big Night On The Drive", bei dem über 100 Solisten und Bands in 22 Klubs aufgetreten sind, war durchaus erfolgreich für uns. Hinzu kommt ein ganz praktischer Effekt. Jede Kooperation mit europäischen Partnern ist für PROFOLK natürlich auch im Hinblick auf die nicht unerheblichen Kosten sinnvoll, die mit der Teilnahme an einer Konferenz im Ausland verbunden sind. Ich glaube auch, dass das Interesse an Showcases, die ausschließlich Künstler aus Deutschland präsentieren, gering ist. Im Unterschied beispielsweise zu den Verbänden aus Skandinavien, die ja u.a. ihre "eigene" Kultur präsentieren, findet auf einem PROFOLK-Showcase in der Regel keine "deutsche" Musik im engeren Sinne statt, obwohl es als "deutscher Abend" abgekündigt wird. Man braucht sich nur die Namen der Gruppen anschauen, die in diesem Jahr für PROFOLK in Vancouver waren, um zu erkennen, dass es sich dabei um völlig unterschiedliche Genres handelt. Vielleicht würde das Fachpublikum viel interessierter sein, wenn das PROFOLK-Angebot weniger mit dem Stichwort "deutsch" und stattdessen unter Hervorhebung der jeweiligen besonderen musikalischen Qualitäten der beteiligten Gruppen promotet würde. Man wird sich im PROFOLK-Vorstand also über die Präsentationsform deutscher Gruppen bei Veranstaltungen wie der Folk Alliance oder der WOMEX Gedanken machen müssen. Vor allem wird es darauf ankommen, deutsche Gruppen im Rahmen "offizieller" Showcases im Rahmen der jeweiligen Veranstaltung unterzubringen. Das dürfte allerdings ein hartes Stück Arbeit werden.

Wie ist in diesem Jahr die aktuelle PROFOLK-Sampler-CD aufgenommen worden?

Das Interesse u.a. bei Rundfunkjournalisten ist nach wie vor sehr groß. Unser Stand war noch nicht ganz aufgebaut, da fragten die ersten Medienvertreter schon nach der CD 2001. Wenn man sich die Businesskarten der Journalisten und Journalistinnen anschaut, dann muss man annehmen, dass die Musik der PROFOLK-CDs ziemlich gleichmäßig über das ganze Land verteilt immer wieder mal gespielt wird. Einzelne Reaktionen von Folk-DJs, wie jüngst die eines Moderators aus New York, der nach dem Hören von "A Folk Odyssey" gleich mit mehreren der darauf vertretenen Musiker Kontakt aufgenommen hat, belegen das.


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