München-Untersendling am Rosenmontag: Ich sitze in der Wohnküche im Parterre eines bürgerlichen Hauses aus der Jahrhundertwende, genau in dem Raum, der im November 2000 als Aufnahmestudio für das Projekt Gache Wurzn benutzt wurde. Das hat den unschlagbaren Vorteil, dass Toastbrot und Kaffee praktisch immer in greifbarer Nähe sind. Den Mitbewohnern in den benachbarten Wohnungen wurde während der Aufnahmen ausdrücklich für ihre Nachsicht für das Erdulden rhythmischer Einlagen gedankt. Ringsgwandl empfängt mich mit einem heißen Tee und den zu Fasching traditionellen Krapfn (Berliner bzw. Pfannkuchen) ...
Tourneedaten: 01.05. Berlin, ColumbiaFritz 04.05. Egmating, Festzelt 08.05. Nürnberg, Hirsch 09.05. Essen, Zeche Carl 10.05. Bonn , Brückenforum 13.05. Frankfurt/M, HR Sendesaal 25.05. Eschwege, Open Flair 20.06. München, Tollwoodfestival 22.06. A-Hörsching/Linz, ¿wo? 07.07. Heilbronn, Gaffenberg Festival 08.07. Irsee, Irseer Kabarett & Kleinkunsttage 10.07. Mühldorf, Haberkasten Open Air 11.07. A-Bregenz, ¿wo? 29.07. Erding, Sintflut Festival 01.08. Isny/Allgäu, Theaterfestival 20.08. Westerland/Sylt, Meerkabarett 02.09. A-Innsbruck, Zeltfestival |
Ringsgwandl Das Letzte (Virgin; 1986) Ringsgwandl Trulla, Trulla (Virgin; 1989) Ringsgwandl Vogelwild (Virgin; 1992) Ringsgwandl Staffabruck (Trikont; 1993) Ringsgwandl (u.a. mit Sissi Perlinger, Ralph Morgenstern, Ostbahn-Kurti) Die Tankstelle der Verdammten (Zomba Records/Our Choice; 1995) Ringsgwandl Der Gaudibursch vom Hindukusch (Zomba Records/Our Choice; 1996) Ringsgwandl Gache Wurzn (Lawine; 2001) |
Informationen: www.ringsgwandl.de ringsgwandl@web.de |
Von Matti Goldschmidt
Ringsgwandl? Eigentlich ein origineller Künstlername, möchte man meinen. Aber nein, die Familie Ringsgwandl ist im Raum Bad Reichenhall alteingesessen, sozusagen urbayerisches Gestein. Und wenn sich Georg Ringsgwandl, Jahrgang 1948, selbst als soziologischen Komposthaufen mit einem Gehirn als Sondermülldeponie für alle möglichen Ideen bezeichnet, dann scheint ihm dieses Etwas an Schrägheit fast in die Wiege gelegt worden zu sein. Schon sein Vater Franz Xaver ließ sich trotz eines überdimensionalen Beschäftigungsradius als Tapezierer, Polsterer, arbeitslos, Soldat, Schwerkriegsbeschädigter, Häuslbauer und Postbote niemals vom Bergsteigen und der Malerei abbringen.
Dabei ersteigt Georg Ringsgwandl die Sprossen seiner Karrierelaufbahn anfänglich eigentlich recht konventionell. Für einen angestrebten Klavierunterricht gibt es zuhause kein Geld, statt dessen präsentiert eine Tante dem achtjährigen Georg eine Zither. Fünf Jahre Unterricht auf diesem Instrument reichen für Soloauftritte auf diversen Kaffeekränzchen und Heimatabenden aus. Ein Lehrer seines Gymnasiums entpuppt sich zur Überraschung der Schüler als Jazzfreak, und um in der neugegründeten New-Orleans-Dixie-Band mitwirken zu können, erlernt Ringsgwandl, nun bereits 14jährig, das Posaunespielen, denn genau dieses Instrument wird noch gebraucht. Parallel dazu mischt er als Vokalist in einer der damals allerorts hochsprießenden Beatbands mit. Bis er mit 18 Jahren an Tuberkolose erkrankt, was einen einjährigen Aufenthalt in einem Sanatorium in Berchtesgaden notwendig macht.
Aus gesundheitlichen Gründen muss die Posaune zur Seite gelegt werden, die Lunge macht einfach nicht mehr mit. Ringsgwandl greift stattdessen zur Gitarre. In jener Zeit, ca. 1966-67, beginnt Ringsgwandl auch mit dem Schreiben von eigenen Liedern. Vor allem Bob Dylan und die Beatles dienen dabei als seine geistig-musikalischen Vorbilder, wenngleich die Texte durchaus hochdeutsch oder im bayerischen Dialekt sind. Es folgen mehrere Auftritte auf den trendsettigen Folkfestivals der ausgehenden 60er Jahre ganz in Anlehnung an weitere Vorbilder wie Pete Seeger oder Arlo Guthrie. Trotz dieses künstlerischen Strebens stellt sich jedoch für Ringsgwandl, der seine Lieder einfach irgendwie ausprobieren will, wenig Erfolg ein, denn des hot koan Typn damois intressiert. Resultate aus dieser frühen kreativen Periode sind übrigens auf dem 1993 erschienenen Album Staffabruck nachzuvollziehen.
...und an der Rampe agiert der Chef.
Zurückhaltend fast, charmant fast, zum Kosten lieb fast. Natürlich
erinnern seine Bewegungen noch immer an einen Moriskentänzer mit Durchfall,
natürlich zelebriert er zwischendurch gehobenes Nonsens-Geplauder
die etwas grobe, aber medizinisch korrekte Genese des Raucherhustens etwa
hat fast literarische Qualität.
Karl Forster, in: |
Nach dem Besuch des Gymnasiums möchte Ringsgwandl etwas von der Welt sehen, so geht er erst zweieinhalb Jahre nach Würzburg, dann nach Kiel, möglichst weit weg von Zuhause, und widmet sich dem Studium der Medizin, das er schließlich als Internist und Kardiologe abschließt. Einen Aufenthalt in Berlin 1975-76 als Assistenzarzt benutzt er neben seiner hauptberuflichen Beschäftigung als Mediziner zum Proben mit verschiedenen Musikern. Ein erster Plattenvertrag der Ringsgwandlband bei Elektrola, eine der damals führenden Schallplattenfirmen, führt schließlich zu einer Single; 200 Rezensionsexemplare, immerhin 300 verkaufte Platten und 500 weitere Werbeexemplare machen jedoch ein Einstampfen dieses ersten konkreten Plattenprojektes notwendig. Übrig bleiben ein Schuldenberg von 30.000 Mark und die Erkenntnis, dass sich Geld vielleicht besser als Arzt verdienen ließe.
So kommt Georg Ringsgwandl alias Dr. Ringsgwandl nach München, zuerst in eine Forschungsabteilung der Pharmakologie, dann als Facharzt an die Universitätsklinik in Großhadern. Bis zu 15-stündige Arbeitstage (des Kranknhaus war hoit a echta Schindaladn) geben ihm in den kommenden sechs Jahren wenig Zeit für die künstlerische Betätigung, vielleicht zwei bis drei neue Lieder im Jahr oder einen etwa halbstündigen Auftritt im Monat in einer Münchener Kleinkunstbühne wie z.B. im Muh oder im Robinson. Wenngleich seine Lieder nun beim selektiven Publikum relativ gut ankommen, nimmt er Ende 1984 eine Stelle als Chefarzt im Garmischer Krankenhaus an. Mittlerweile ist man ja verheiratet, seit 1983. Seine Frau Christiane ist ebenfalls Ärztin, außerdem sei die Tochter Lena finanziell abzusichern.
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Mehr über Ringsgwandl im Folker! 3/2001