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Bob Dylan wird 60

Ob Ramsch oder Meisterwerk, es kling nach ihm

Der Wonnemonat Mai dürfte ganz im Zeichen eines Musikers stehen, der seit nunmehr 40 Jahren zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Rockgeschichte gehört: Bob Dylan. Am 24. Mai wird auch Robert Allen Zimmermann in den Kreis der 60-Jährigen aufgenommen, wo er auf alte Bekannte stößt. Konnten doch auch schon Joan Baez (im Januar) und Buffy Sainte-Marie (im Februar) ihren 60. Geburtstag begehen. Den gemeinen Fan wird eine Flut von neuen Veröffentlichungen erwarten, in denen sich anerkannte wie selbsternannte Fachleute mit neuen Theorien über den Mythos Dylan auslassen werden. Schön, dass mit dem zum Geburtstag erscheinenden und von Christian Williams herausgegebenen Buch „Bob Dylan – In eigenen Worten“ (Besprechung in Folker! 4/2001) der schweigsame Meister auch selber zu Wort kommt.

Schon vorab gratulierte die National Academy of Recording Arts & Scienes, die Dylan im Februar einen Grammy verlieh. Er bekam die begehrte Trophäe in der Kategorie „Film/TV/Visual Media“ für seinen Song „Things Have Changed“ aus dem Film „Wonder Boys“. Und Ende März kam für diesen Song auch noch ein Oscar bei den Academy Awards hinzu - Dylans erster! Für den Folker! würdigt der amerikanische Publizist und Bruce-Springsteen-Biograph Dave Marsh die lebende Legende Bob Dylan.

Mit 60 ist Bob Dylan immer noch von einzigartiger Kreativität unter den Folk- und Popkünstlern seiner Generation, der Generation vor ihm und wohl auch der zwei oder drei nach ihm kommenden. Als er 40 wurde, hätte das niemand voraussagen können. Und wer anlässlich seines 50. Geburtstags prophezeit hätte, das seine Vitalität wieder aufleben würde, hätte dafür kaum mehr als ein müdes Lächeln geerntet. Zwischen 1981 und 1991 hat Dylan eine nicht enden wollende Flut von Alben veröffentlicht, fast eins pro Jahr. Alle diese Alben sind von einer seltsam mittelmäßigen Mischung von Musik geprägt. Einige enthalten noch nicht einmal die besten, bei den jeweiligen Sessions entstandenen Tracks, wie „Caribbean Wind“, „Series Of Dreams“ und „Blind Willie McTell“, die nun auf Gedeih und Verderb den Sammlern und Bootleg-Fanatikern ausgeliefert sind. Das Material, das Dylan stattdessen veröffentlichte, ist teilweise unverständlich und ziemlich flach in seiner emotionalen Aussage. Dennoch enthält jedes dieser Alben bis zu jeweils einem halben Dutzend solide, teilweise großartige Songs. Dylan hat mit den unterschiedlichsten Produzenten gearbeitet, vom Dance Music King Arthur Baker über LA-Auftragsschreiber Don Was bis zu Superstars wie Mark Knopfler. Und an den Reglern des Aufnahmepults hatte er so heiße Hände wie die von Daniel Lanois. Er hat sie übrigens alle in ihrer Kreativität ausgebremst. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass irgendwie alles nicht so richtig zusammenpasste. Und niemand schien mehr verwirrt über dieses Durcheinander zu sein als Dylan selber. Er hatte ein Projekt nach dem anderen angepackt, ohne dass dabei irgendetwas Richtiges herausgekommen wäre. Selbst die großartigen Wiederveröffentlichungspakete „Biograph“ und „The Bootleg Series Vol. 1-3“ sind da keine Ausnahme.

Deutsche Übersetzung: Michael Kleff


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