zweimal jährlich am Great Barrier Reef die Tonbänder einer Forschergruppe, wenn Buckelwale summend, murmelnd und gurgelnd zu ihren Paarungsgebieten im Norden unterwegs waren. Doch seit 1995/96 störten Missklänge die Schnorchelsinfonie: Zwei der Tiere sangen anders, nämlich wie an der australischen Westküste üblich, und kamen offenbar besser an bei den Damen als ihre achtzig Riwalen.
Ein neues Lied, ein bess'res Lied: 1997 kombinierte ein Großteil der Herde, südwärts zurückplanschend, den altgewohnten Sang mit Elementen der Newcomer-Melodie. Diese hatte sich, wie Echolot-Aufzeichnungen belegen, 1998 vollständig durchgesetzt. In der Zeitschrift "Nature" sprachen die Wissenschaftler der Universität Sydney von einer "Kulturrevolution".
Fazit: Auch Wale züchten Ohrwürmer, legen aber mitunter auch 'ne andere Platte auf. Wie steht's denn damit bei jenen Zweibeinern, die 1789 die Erklärung der Männchenrechte vollzogen? (Diese Idee kam übrigens aus Amerika, wo der Prophet der Datenautobahn heute die Stimmzettelzählung von Hand durchsetzen will - weil das Walrecht nie richtig reformiert wurde.) "Männer sind wie Wale" stand grelllila gesprüht an jener Kachelwand in der Unterführung hinterm Bahnhof einer westlichen Bundeshauptstadt, "immer tranig, alle Kraft liegt im Schwanz". Da dauerte es freilich nicht lange, bis mitleidige Machos daneben tünchten, "wir haben nichts gegen Frauenbewegungen, aber rhythmisch sollten sie sein".
Zur Ewaluation der Walevolution noch dies: Als Regenbogenkrieger und US-Griehnpiehßler einst mit Gorbatschow über populationsschonendere Fangquoten verhandelten, beschied ihnen der Russe noch, das Walvieh hätte kein Recht, durch sowjet-eigene Fischgründe zu "spazieren". Wenig später bot der Versandhandel Zweitausendeins die ersten tierischen CD-Editionen mit meditativen Balzmotiven aus der Tiefsee-Disco an. Und was war die Folge? Der eiserne Vorhang hob sich, die Mauer zersprang, heute tourt Gospodin Gorbi selbst als Vortragskünstler nach Übersee, um seine Rente aufzubessern.
Vielleicht kommt ja der einzige sich selbst entmachtet habende Diktator des 20. Jahrhunderts öfters durch Tokio und besucht jenes Schlitzi-Restaurant, das auf Waliges spezialisiert ist. Heute natürlich zu Luxuspreisen, denn die potenzstärkenden Leckerlis werden nur noch zu Forschungszwecken ge"fischt" und aufgetischt. Walsushi, Walsuppe, Walsteak, Lebertransorbet - und als Spezialität des Hauses der Walpenis am Grillspieß. Ach nein, ich glaube, heut' nehm ich lieber "Geschnetzeltes der meistbedrohten Tierarten". Und als Hauptgang die Ötzi-Schwarte, auf heißem Meteorstein gegrillt. Natürlich zu rein wissenschaftlichen Zwecken.
Aber im Ernst: Wer kriegt eigentlich die von Meeressäugern eingespielten Tantiemen? Der World Wildlife Fund? Hans Hass, die Nachlassverwalter von Joachim Ernst Behrendt, oder Lech Walesa? Schon gut, man fragt ja nur. Als "trad" können die neuen Melodien wohl kaum gelten. Jedenfalls geht die Ausbeutung der Tiefseefauna durch den Menschen mit anderen, nur fadenscheinig grünlicheren Mitteln weiter.
|
|
|
|
Die regelmäßige Kolumne im Folker! 1/2001