back„Ärger – du kannst mich nicht anschmieren" (Stefan Stoppok)

Stoppok – Der SWR-Liederpreisträger 2000

„Da bin ich Fan von" (Popette Betancor)

Stoppok heißt der Liederpreisträger 2000. Nach Auszählung der Punkte der SWR-Liederbestenliste wird dem Sänger, Gitarristen, Texter und Komponisten die Auszeichnung für sein Lied „Mülldeponie" im Rahmen des SWR-Liederfests 2000 am 4. November in Tübingen verliehen. Mit seinem Song „Feine Idee" oder „Wie schön, dass es Politiker gibt" stand der Liedermacher, der in Hamburg geboren ist und den Ammersee als seine Wahlheimat erkoren hat, den jedoch alle nur mit dem Ruhrgebiet in Verbindung bringen, bereits 1997 sieben Monate lang in den Top Ten der damaligen SWF-Liederbestenliste, davon drei Monate auf Platz 1. Für den Liederpreis reichte es vor drei Jahren noch nicht. Das holt Stoppok jetzt mit „Mülldeponie" vom Album „Neues aus dem La-La-Land" verdientermaßen nach. Gesellschaftlicher Alltag in Deutschland aus der Sicht eines Liedermachers. Mit viel Humor und beißender Kritik beschreibt Stoppok in seinem Lied den bundesrepublikanischen Trennwahn. Dennoch bezeichnet sich der Musiker im Gespräch keineswegs als Politbarde.

Von Michael Kleff

„Tage wie dieser"
Die persönliche Empfehlung von Hanni Schmidt
SWR-Liederbestenliste 12/99

„Es ist ihm gelungen, die Live-Athmosphäre optimal einzufangen und trotzdem einen Mördersong aus den Boxen springen zu lassen, so dass alle Frequenzen ihre wahre Freude daran haben, und man es sich auch gut zuhause geben kann." Zitat Ende. Aus dem Begleitbrief zur neuen und ersten Live-CD von Stoppok. Und das ist nicht übertrieben: Es dröhnt gewaltig im Gehörgang und beim Nachbarn, wenn man´s zuhause richtig live erleben will. Bedauerlich ist nur, dass die exzellenten Texte dabei ein wenig untergehen.

Nicht so bei den wenigen leisen Songs, von denen es mir „Tage wie dieser" besonders angetan hat. Zwei Menschen rumpeln auf der Straße zusammen, eine Tüte geht zu Bruch, Gemüse rollt in den Staub – und dann? „Am Morgen sah alles anders aus!" Eigentlich wird da eine höchst banale Begebenheit besungen. Ihm tut der Kopf noch weh von gestern Abend, sie hat schon wieder eine Mahnung vom E-Werk gekriegt.

Das Lied beschreibt den Moment, wenn sich zwei zum ersten Mal begegnen: Kein sonderlich romantischer Augenblick wird da beschworen. Nicht die Spur von Gefühlsduselei. Und dennoch ist es ein Liebeslied. Übrigens wunderschön instrumentiert mit schwebender Slide-Gitarre. Stoppok hat nicht nur eine unverwechselbare Stimme, sondern seine ganz eigene Art zu singen. Beides stellt er in den Dienst der Sache. Eine scheinbar alltägliche Geschichte wird erzählt. Von Liebe ist keine Rede. Im Text heißt es lediglich, dass er sie um die Ecke zum Kaffee einlädt. Aber man spürt es in der Musik und zwischen den Zeilen: Die Ewigkeit des Alleinseins ist wieder mal vorbei. Ein kleines Kunstwerk. Stoppok ist großartig.

„Also ich war nie politisch, im Sinne von parteipolitisch. Ich bin ein sehr wacher Mensch und kriege mit, was um uns rum passiert. Und das war schon immer so. Ob ich jetzt sehe, was mit den Flüssen passiert oder was in meiner Nachbarschaft passiert, wie die sich auf die Glocke hauen, das nehme ich wahr. Und das fließt irgendwie in die Lieder ein. Meine Sensoren sind sehr feinfühlig. Und das war schon von Jugend an der Fall. Also das hat sich nicht irgendwann mal so eingestellt, nach dem Motto, Moment mal, jetzt musst du vielleicht mal ein paar Sachen mehr mitkriegen. Das war einfach so da."

StoppokStefan Stoppok kam 1961 mit seinen Eltern nach Essen, als er fünf war. Musik macht er seit er zwölf ist. Erst war er Mitglied in einer Schülerband, später tingelte er solo durch Kneipen, machte Straßenmusik und erspielte sich den Ruf eines Ruhrpott-Troubadours.

„Bei mir war die Initialzündung, überhaupt Musik zu machen, als ich Hendrix gehört habe. Ich habe versucht, den Hendrix nachzuspielen auf der Gitarre, was mir auch eigentlich ganz gut gelungen ist. Nur ich habe gemerkt, das ist es nicht. Das, was mich an Hendrix begeistert, ist nicht vordergründig die Musik, sondern seine Intensität. Und dann war klar, dass ich diese Intensität nur in meiner Sprache erreichen kann. Weil die Sprache einen speziellen Rhythmus hat, weil man eben den ganzen Tag damit zugange ist und weil man dann näher an seine Gefühle rankommt. Und danach hat sich nie die Frage gestellt, worüber ich singe. Das ist dann eben immer rein intuitiv gekommen.

Ich bin in erster Linie wirklich Musiker, mich interessiert vor allem das Gitarrespielen. Weil ich mich aber als Musiker ausdrücken kann in einem Lied, in einem Song, ist das dazugekommen und hat die gleiche Wertigkeit wie die Musik. Ich unterscheide da nicht. Und ich gehe auch wirklich so vor, dass ich immer die Musik mit dem Text zusammen entwickle. Ich vermeide möglichst, größtenteils gelingt mir das auch, den Kopf einzusetzen und die Zeilen nachher nochmal durchzugehen und zu verändern. Das Beste ist, wenn das so rausfließt und wenn das wirklich normal klingt. Das ist letztendlich das Schwierigste, diesen Punkt zu erreichen. Das ging am Anfang überhaupt nicht so.

Discographie

„Erfrischungen" (als Stenderband; Burlington Records 1980)
„Saure Drops & Schokoroll" (Risiko 1982)
„Stoppok" (BMG Ariola 1990)
„A´schklar" (BMG Ariola 1991)
„Happy End im La-La-Land" (Chlodwig Musik 1993)
„Instrumental" (Chlodwig Musik 1994)
„Silber" (Chlodwig Musik 1995)
„Das Superweib" (Soundtrack zum Film; Chlodwig Musik 1996)
„Haste mal ´ne Mark" (Best of; Chlodwig Musik 1996)
„Mit Sicherheit" (Epic/Sony Music 1997)
„Neues aus dem La-La-Land" (Epic/Sony Music 1999)
„Stoppok auf Bühne – La-La-Live´99" (Chlodwig Musik 1999)

Die ersten Versuche in der Richtung waren sehr kläglich. Weil man in den 70er Jahren ja noch nicht sehr viele Vorbilder hatte, die die anglo-amerikanische Musik mit deutscher Sprache zusammengebracht haben. Ich habe mir gedacht, ich muss auch die Musik anders machen und habe versucht, die anglo-amerikanische Musik aus dem Kopf zu kriegen. Und war da ganz wütend drüber, dass ich das immer im Radio gehört habe und dass meine Wurzeln doch andere waren. Dann habe ich so alte deutsche Sachen ausgegraben und habe aber gemerkt, dass der Kontakt zum Dreivierteltakt doch abgebrochen ist und dass man irgendwie so besudelt worden war. Ja, und dann fing der schwierige Weg an, den Rhythmus der anglo-amerikanischen Musik zu verändern und der Rhythmik der deutschen Sprache anzupassen. Das hat sehr sehr lange gedauert. Und ich würde auch sagen, ich bin da noch nicht am Endpunkt. Es kann sich glücklicherweise noch weiter entwickeln, es kann besser werden."

Mit dem Album „Happy End im La-La-Land" hatte Stoppok 1993 seinen ersten Chartserfolg, drei Jahre nach seinem Solo-Plattendebüt. 1995 wurde ihm als ersten deutschsprachigen Künstler das Cover im Rolling Stone gewidmet. Doch der Künstler betont, dass es nicht der Erfolg ist, der ihn treibt. Zumal er wegen der Titelgeschichte ohnehin keine Platte mehr als zuvor verkauft habe.


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