backCD-Boxen für Sammler und andere Süchtige

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Richard Weize: "Ich bin der Beste"

Kontakt:

go! Bear Family Records
E-Mail Postfach 1154
27727 Hambergen

Nein, Bear Family Records produziert keine Kinderhörspiele. Hinter dem drolligen Namen verbirgt sich eine norddeutsche Plattenfirma, die sich auf die Wiederveröffentlichung alter Country-, Folk-, Rock'n'Roll- und Schlagermusik konzentriert. In diesem (nicht allzu großen) Markt ist das Unternehmen, das in diesem Sommer seinen 25. Geburtstag feiert, sogar weltweit führend.

Von Christian Rath

Aushängeschild von Bear Family sind die teuren und dicken CD-Boxen. Für Folk-Freunde gab es in diesem Sommer etwa ein 5-CD-Set über die Anfangsjahre (1949-1955) der Weavers um Pete Seeger oder den in 10 CDs aufgearbeiteten zweiten Teil (1961-1966) der Kingston-Trio-Geschichte (eine ausführliche Besprechung der Box erscheint in Folker! 1/2001). Stets mit dabei sind auch viele bisher unveröffentlichte Tracks: Liveaufnahmen, Rundfunk-Sessions, Demobänder.

Cover
DIVERSE
"Bärenstark – Bear Essentials"

(Bear Family Records BCD 17012 AC)
27 Tracks; mit Infos

Der eine oder die andere wird sich vielleicht noch an das 4-CD-Boxset erinnern, das Richard Weize ausschließlich mit Bärensongs zum 20. Geburtstag seiner Plattenfirma herausgebracht hat. Nun, diese Box ist mittlerweile vergriffen. Doch zum 25. Firmenjubiläum haben sich bekannte und unbekannte Künstler erneut nicht lange bitten lassen, für Richard Weize den "Bär zu machen". Unter den Interpreten sind u.a. Ray Campi ("Bear Skin Rug"), James Talley ("I´ve Seen The Bear"), Lesley Schatz ("The Preacher And The Bear") und ein wunderschönes zweisprachiges Duett von Wanda Jackson und Ted Herold ("Teddy Bear"). Insgesamt 27 Titel wurden eigens zur Geburtstagsfeier eingespielt. Das umfangreiche Booklet liefert nicht nur Infos zu den einzelnen Tracks und ihren Interpreten. Unter der Überschrift "Wie alles begann" kann man auch nachlesen, welchen Verlauf die Geschichte von Richard Weizes Label seit der Veröffentlichung der ersten LP 1975 – "Goin´ Back To Dixie" von Bill Clifton – bis heute genommen hat. Und im Kapitel "Fragen & Antworten" erfährt man so manche Details über die Arbeit und die musikalischen Vorlieben von Label-Chef Richard Weize. Für schlappe fünf Mark kann man mit "Bärenstark" 25 Jahre Bear Family begehen. Wahrlich bärenstark!

mik

Diese "Gesamtausgaben" sind ein Muss für Sammler, Wissenschaftler und andere Süchtige. Doch die Statussymbole sind nicht billig. Das Weavers-Set kostet rund 210 Mark im Laden, das Kingston-Trio-Paket sogar 350 Mark. Das können oder wollen sich nur wenige leisten. Dementsprechend liegen die Auflagen pro CrewBox auch nur bei 1.000 bis 3.000 Stück. Und selbst diese überschaubare Stückzahl verkauft sich trotz meist begeisterter Fachkritiken nicht über Nacht. Oft dauert es Jahre, bis die Firma mit einem Projekt Geld verdient. Bei manchen Produktionen wird dies nie der Fall sein.

Allerdings besteht keine Gefahr, dass Bear Family demnächst Pleite geht. Profitabel ist vor allem der gutsortierte Mailorder-Versand für 50er- und 60er-Jahre-Musik. Ob es im Label-Geschäft unter dem Strich tatsächlich Verluste gibt und wie hoch sie sind, kann (oder will) Weize nicht sagen. "Wir trennen Label und Versand bewusst nicht, damit wir nicht ins Grübeln kommen." Immerhin sind die Label-Veröffentlichungen eine gute Werbung für den Versandhandel. Doch auch ein echter Verkaufshit des Labels würde Weize nicht glücklich machen. "So ein Höhenflug verführt nur zu Dummheiten."

Keine vernünftige Firma

Dass Bear Family eine "vernünftige" Firma ist, kann man aber wohl auch kaum sagen. Richard Weize wird allgemein als exzentrisch geschildert. Über sich selbst sagt der 55-Jährige, er sei von guter Musik "besessen". Bei 30.000 LPs hat er mit dem Sammeln aufgehört. Inzwischen bringt er auch längst nicht mehr nur Künstler-Boxen heraus, die ihn musikalisch ansprechen. Das Kingston Trio etwa mochte er "noch nie". Für dessen Gesamtausgabe sprach eher die musikhistorische Bedeutung des Trios bei der Popularisierung von US-Folkmusik in den 50er- und 60er-Jahren.

Richard Weize und Bear FamilyDie Philosophie der Bear-Family-Boxen beruht auf drei Prinzipien: Beste Quellen, Vollständigkeit des Materials und aufwendige Begleitmaterialien. Soweit irgendwie möglich arbeitet Weize mit den Original-Masterbändern. Und wenn eine Plattenfirma behauptet, die Bänder seien nicht mehr zu finden, dann sucht Weize eben selbst in den Archiven. Er war der Erste, der so arbeitete und ist sich auch sicher: "Ich bin der Beste". Beim Erkennen von (noch nicht kopierten) "First Generation Tapes" habe niemand so viel Erfahrung wie er, sagt Weize. Jedes Jahr verbringt er zu diesem Zweck mehrere Monate in den USA. Nicht immer wird er dabei fündig, aber jedenfalls versucht er, die bestmögliche Kopie des Originals zu ermitteln. Ob die Kunden den Aufwand schätzen? Weize ist es egal, für ihn gilt nur sein eigener Standard.


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Mehr über Bear Family Records im Folker! 6/2000