Als Trio Squip! haben sie, zusammen mit dem Dudelsackspieler Tilman Teuscher, beim Verlag der Spielleute eine CD (Wenn überhaupt...) mit beachtlicher, intelligenter Bordunmusik herausgebracht. Die fiel auf durch unkonventionelle Arrangements: Tanzmusik, auf Drehleier, Akkordeon und Dudelsack in eine völlig neue Perspektive gebracht. Eine, die man als Modern European Folk Dance Music apostrophieren kann. Die Platte enthält viele Eigenkompositionen, vor allem von Bruno Friedmann. Inzwischen ist die Gruppe zwar zum Duo geschrumpft, jedoch nach wie vor nicht nur auf deutschen Bühnen gern gesehen. Beim diesjährigen Grand Bal de l'Europe in Gennetines (Zentralfranreich) wurden sie für Auftritte und Workshops engagiert und stellten dort hot off the press ihre erste Duo-CD Meaning A Thing vor (Rezension im nächsten Folker!). Auch die neuen Stücke stehen im traditionellen Gestus, die Umsetzung jedoch ist deutlich von moderner Weltmusik-, ja Jazzeinflüssen geprägt, außerdem durch Rock- und Blueselemente. Fragt sich: Wie kam es zu diesen Kompositionen?
Von Ulrich Joosten
Werner Vonberg: Schon Bordun, die Gruppe in der Tilman und Bruno früher gespielt haben, ist ja eine Band gewesen, die versucht hat, die Möglichkeiten der Bordunmusik zu erweitern. Mit Squip! gingen Bruno und Tilman diesen Weg weiter, und bei mir rannten sie da sozusagen offene Türen ein. Meine eigenen Stücke waren schon der Versuch gewesen, Einflüsse aus der Rock- und Jazzmusik aufzunehmen, und in einer Dreierbesetzung ergaben sich natürlich eine Menge neuer Möglichkeiten. Das Neue an Squip! war, dass wir von dem Prinzip Wir spielen Melodie-Instrumente, also spielen wir Melodien weggingen, d.h. wir haben begonnen, gezielt nach Möglichkeiten zu suchen, z.B. die Leier oder den Dudelsack als Rhythmus- und Harmonie-Instrument einzusetzen, um dadurch Freiraum für Breaks und Improvisationen zu schaffen. Das war, denke ich, das musikalisch Entscheidende.
Bruno Friedmann: Sicher gibt es Folkmusikerinnen und -musiker, die zeitlebens nur dieser Musik frönen. Die anderen jedoch werden irgendwann einmal durch ihre Vergangenheit eingeholt und beginnen zu überlegen, wie man seine präfolk-Erfahrungen einbringen kann. Eine Möglichkeit ist, dass man diesen inneren Druck die eigene Vergangenheit und Prägung, die da drückt, sozusagen in Kompositionen einfließen lässt und probiert, wie sich diese oder jene Phrase in einem völlig anderen Kontext anhört. Das führt oft zu überraschenden Ergebnissen und Erweiterungen. Ein Großteil davon ist gerade deshalb interessant, weil artfremde Elemente dosiert eingefügt werden. Diese Art des Veränderns von tradierten Inhalten und Formen ist übrigens auch bei fortschrittlicheren Folktänzern zu bemerken; ich tanze auch sehr gerne. Auch die zeitgenössische Populärmusik bringt immer wieder, neben dem Löwenanteil an kommerzieller Popsauce, auch pfiffige und wunderschöne Stücke und Stilmischungen hervor, die man einfach gerne in sein eigenes musikalisches Gebäude einbauen möchte. Ohne Weiterentwicklung und Anpassung stirbt jede Spezies aus.
Werner: Fehleinschätzung...? Ja und nein. Immerhin hatten wir zum Zeitpunkt unserer Trennung gerade in Rudolstadt gespielt, hatten ein Angebot vom Leipziger Tanzhausfest, also schon erste Adressen im deutschen Folk... . Und unser Ruf im Ausland, vor allem in England, war auch gar nicht so schlecht. Trotzdem hast du Recht: Gemessen am musikalischen Potential, das in dieser Band lag, war es wenig, was da raus kam. Woran das lag? Zum einen an den Einschränkungen, denen wir durch unsere Jobs unterworfen waren Bruno ist Hochschullehrer, Tilman Chemie-Ingenieur und ich Arzt , zum Teil glaube ich, dass unsere Musik sozusagen zwischen alle Ritzen fiel. Einem Teil des Folk-Publikums waren wir zu modern, und zu anderen Musikstilen gab es kaum einen Zugang, weil man ohne klassische Sounds, also Gesang, Bass, Schlagzeug, nicht den Hörerwartungen entspricht. Und schließlich, und das war sicher ein Hauptproblem, haben wir nie ein anständiges Management gefunden, und genau das hätten wir dringend gebraucht, da wir neben unseren Jobs nicht die Zeit hatten, uns genug ums Marketing zu kümmern.
Bruno: Wir haben zwar mehrere Jahre begeistert und innovativ an unserer Musik gearbeitet und sind auch aufgetreten, mehrmals auch in England und Frankreich. Aber die Früchte unserer Entwicklung, worauf wir eigentlich hin gearbeitet haben, konnten wir nie so richtig ernten. Irgendwo schade, denn wir waren gerade spieltechnisch und auch marketingmäßig an einem Punkt, wo es eigentlich richtig hätte losgehen können. Die Zeit, die wir zusammen waren, war für einen durchschlagenden Erfolg zu kurz. Wir wollten halt nicht nur so Musik machen, wir hatten Ziele und Bedürfnisse, ein bestimmtes musikalisches Niveau zu erreichen, für das wir vorrangig gearbeitet haben. Als wir uns diesen Zielen genähert hatten, haben wir gesehen, dass die musikalischen Vorstellungen und Vorlieben für eine weitere Zusammenarbeit doch zu unterschiedlich sind.
Werner: Die musikalischen Zielrichtungen liefen einfach auseinander. Am Anfang haben wir noch sehr viel spontan und aus der Improvisation heraus gemacht, teilweise, weil wir noch gar nicht die Zeit gehabt hatten, Arrangements zu proben. Nachdem die CD fertig war, waren viele Stücke dann plötzlich fixiert und wir beide hatten zunehmend das Gefühl, dass dadurch das spontane Miteinander-Musizieren verloren ging. Vor allem Live ging oft die Spielfreude ein bisschen den Bach runter vor lauter Arrangement-Stress. Außerdem zeigte sich, dass unsere Vorstellungen, d.h. Jazz-, Swing-, und Improvisationsmomente in die Musik mit einzubeziehen, doch stark von Tilmans eher von der traditionellen Musik beeinflussten Geschmack abwichen.
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Mehr über das Duo Friedmann/Vonberg im Folker! 5/2000