backAvi Peretz

Avi Peretz gelang es in den 80er Jahren, in und um die israelische „ Wüstenhauptstadt“ Be'er Scheva die Volkstanzszene optimal auszubauen. Seine dort entstandenen Choreographien beeinflussen bis heute auch den Rest des Landes aufs Wesentliche.

Mit Avi Peretz sprach Matti Goldschmidt im Dezember 1997 in Malle (Belgien).

Die Verbindung von Avi Peretz mit der israelischen Wüstenhauptstadt Be'er Scheva resultierte eher aus einem Zufall: Aus einem 1979 angetretenen, als „ vorübergehend“ geplanten Studienjahr an der dortigen Ben-Gurion-Universität wurde letztlich ein 17-jähriger Lebensabschnitt. Aber gehen wir zurück zu den Anfängen. Avi wurde 1958 in der arabisch-jüdischen Stadt Akko geboren. Der Vater stammt aus der andalusischen Stadt Málaga, die Mutter aus der zu Spanien gehörenden nordafrikanischen Exklave Tangier. Gemeinsam wanderten die Eltern 1955 nach Israel ein.

Avi Peretz erinnert sich, bereits als 10-Jähriger im Rahmen des allgemeinen Schullehrplanes Volkstanzunterricht erhalten zu haben. Begeistert von der Lebensfreude, die die Tänze ausstrahlen, besuchte er in nahegelegen Freizeitzentren ähnliche Kurse, damals unter der Leitung von Menakhem Menakhem (z“ l), Yankele Levi oder Bentzi Tiram. Wie jeder israelische Staatsbürger trat Avi nach Schulabschluss der Armee bei, die er im Range eines Offiziers verließ. Noch während seiner Militärzeit war es ihm vergönnt, in Haifa im Jahre 1978 den sogenannten Ulpan unter der Leitung von Tamar Elyagur abzuschließen.

So leitete Avi bereits als 20-jähriger seine ersten Volkstanzgruppen, u.a. auch in Uniform unter Feldbedingungen „ irgendwo in der Wildnis“ , wobei den dort in Ausbildung stehenden Soldaten etwas Abwechslung geboten werden sollte. Sein erstes Studienjahr nach der Entlassung aus der Armee absolvierte er in Haifa am Technion, erst der Wechsel des Studiengangs löste den Umzug nach Be'er Scheva aus. Dort engagierte er sich schnell in der lokalen Tanzszene, wobei Avi betont, immer in „ allen Richtungen“ unterrichtet zu haben: Kinder wie Senioren, Anfänger wie Fortgeschrittene. Irgendwie hatte er schon damals das Gefühl, tänzerisch selbst kreativ werden zu wollen. Die etablierten Choreographen zu jener Zeit schienen jedoch eine Mauer um das von ihnen Erreichte gebildet zu haben, zu dem ein junger „ Nachwuchs“ -Choreograph keinen Zugang erhielt.

Deshalb hielt Avi Peretz zaghaft entstandene eigene Choreographien zurück, bis er den den Mut fand, eine der führenden Persönlichkeiten der Fortbildungszentren, nämlich Yoav Ashriel, direkt anzusprechen. Yoav lud den Bittsuchenden nach Tel Aviv ein. Man unterhielt sich über Grundsätzliches, Avi zeigte skizzenhaft einige seiner Tänze, und schließlich war Yoav überzeugt, in Avi ein überdurchschnittliches Potential zu sehen. Letzterer erklärte sich dafür bereit, Kritik verarbeiten zu können.

Während Avi seine wirklich erste Choreographie „ Serenada Sfardith“ auf 1984 datiert, gilt in der Volkstanzszene „ K'she-Navo“ als sein erster Tanz, einfach deshalb, weil er diesen als ersten auf einem von Yoav Ashriels Fortbildungsseminaren vorgestellt hatte. Weitere, lt. Avis Angaben ca. 70 Tänze in einem Zeitraum von 15 Jahren sollten folgen, darunter heute bereits als Klassiker geltende Kreistänze wie „ Be-Fundaq Qatan“ , „ Ha-Kol Patu'akh“ oder „ Re'akh we-Tseva“ . Paartänze wie „ Zman Lailah“ oder das aus dem Jahr 1997 stammende, recht schwierige und wahrscheinlich gerade deshalb in Israel überaus populäre „ Shir le-Yom Khulin“ beweisen Avis Aussage, dass in der israelischen Volkstanzszene relativ viele seiner Choreographien nicht wie reichlich andere sehr kurzlebig, sondern heute noch lebendig und aktuell sind.


Hinweis der Redaktion:

Matti Goldschmidt hat im (Leipziger) Folksblatt regelmäßig über die israelische Choreographenszene berichtet. Vor dem Hintergrund der dort veröffentlichten Beiträge handelt es sich bei dem Porträt von Avi Peretz um die Nummer 18 dieser Reihe (und dem 4. Beitrag in Folker!). Diese Serie ist inzwischen auch als Broschüre erhältlich beim Balsies Verlag.


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