Newmanback„Ich habe kein Unterbewusstsein„

Randy Newman

Mehr Geheimtip als Star

Sein einziger Hit war ein Missverständnis. Als Randy Newman vor gut zwanzig Jahren über die „Short People„ sang – „They have no reason to live„ – hagelte es Proteste von den Vereinigungen kleinwüchsiger Menschen und allen, die sie unterstützten. Ihnen war nicht klar, dass Newman die Intoleranz predigte, um das Gegenteil zu bewirken. Neben Bob Dylan, Van Morrison und Tom Waits gehört Randy Newman zu den ganz großen Songschmieden unserer Zeit, war aber in den mehr als drei Jahrzehnten seiner Karriere immer eher ein Geheimtip als ein Star. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er im vergangenen Februar bei der Verleihung der Grammy Awards in Los Angeles einen der begehrten Preise für seine Filmmusikkomposition „A Bug's Life„ bekam.

Von Fritz Werner Haver

Plattentips

„Bad Love„, Dreamworks/Universal Nr. 450115-2Bad Love

Bittersüße Liebeslieder und jazzig arrangierte Sozialkritik – ein grandioses Comeback.

„Guilty – 30 Years Of Randy Newman„, 4 CD-Boxset, Rhino
Die schön gestaltete Ausgabe mit dem ausführlichen Begleitbuch (80 S.) empfiehlt sich für Einsteiger wie für beinharte Fans. Jeweils eine CD enthalten seine Filmmusik und unveröffentlichte Raritäten, zwei CDs fast alle Aufnahmen seiner neun Studioplatten. Aber eben nur fast alle; und wenn man sich Newmans unabdingbare Alben wie „Sail Away„ (1972), „Little Criminals„ (1977), „Trouble In Paradise„ (1983) oder „Land Of Dreams„ (1988) zulegt, gibt es jede Menge Überschneidungen.

Er ist ein notorischer Faulpelz. Nur alle Jubeljahre bringt der amerikanische Songwriter Randy Newman eine neue Platte heraus – das neue, grandiose Werk heißt „Bad Love„ – und noch seltener vertauscht er den Fernsehsessel mit dem Klavierhocker, um seine Lieder auch live unters Volk zu streuen. Auf der Bühne, sagt Randy Newman, fühle er sich zuhause. Und viel lockerer als im richtigen Leben, wo er ein arger Miesepriem sei. Nein, da oben kann er doch keine schlechte Laune verbreiten; also scherzt er, was das Zeug hält. NewmanAber auch im Gespräch mit Folker! wirkt er bei weitem nicht so griesgrämig, wie er es glauben machen will. Freundlich und höflich – und später geradezu herzlich – gibt sich Randy Newman, der sich darüber wundert, dass er sich immer noch die Mühen einer Tournee auf die Schultern lädt. Ein wenig ist seine bissige Satire auf den endlos sich wiederholenden Altrocker – „I'm Dead (But I Don't Know It)„ – auch auf ihn selbst gemünzt: „Uns geht es wie den Boxern. Da tippt einem keiner auf die Schulter und sagt, dass es jetzt genug ist.„

Kompositionen ohne Improvisationen

So gründlich wie kaum ein anderer Songschreiber der populären Musik hat Randy Newman sein Handwerk gelernt. Er kommt aus einer hochmusikalischen Familie. Seine Onkel Alfred, Emil und Lionel Newman waren erfolgreiche Komponisten für Filmmusik in Hollywood, und sein Vater spielte Klarinette in den Bands von Benny Goodman und Red Nichols, bevor er Prominentenarzt in Hollywood wurde. Randy Newman, geboren am 28. November 1943 in Los Angeles, studierte Musik und machte sein Diplom an der University Of California in Los Angeles, um danach als Hauskomponist für die Firma Metric Music für diverse Popsänger zu schreiben. Als Interpret seiner eigenwilligen Lieder trat Newman erst Ende der Sechzigerjahre in Erscheinung, nachdem Judy Collins 1966 seinen Song „I Think It's Gonna Rain Today„ aufgenommen und Alan Price mit „Simon Smith And His Amazing Dancing Bear„ in Europa einen Hit gelandet hatte. Erst nach einer Liveplatte und dem Album „Sail Away„ wuchs die Fangemeinde Randy Newmans, der zu einer Institution in der Musikszene der amerikanischen Westküste avancierte. Auf seinen Platten gastierten fortan Ry Cooder, Linda Ronstadt und die damals sehr populären Eagles.

Doch Randy Newman ist kein Rockmusiker. Seine Songs sind Note für Note durchkomponiert; am liebsten arbeitet Newman mit einem großen Orchester, das er selbst dirigiert. Selbst bei den rockigen Nummern fehlt jede Improvisation. Das Gleiche gilt für seine Konzerte. Newman hat die Begleitung auf das Piano reduziert und spielt sie im Grunde immer gleich. Warum solle er wie NewmanBob Dylan jedes Mal eine noch schlechtere Version von „Mr. Tambourine Man„ erschaffen, meint er dazu; er habe sich viel Mühe gegeben, die beste Version eines Liedes zu komponieren; und genau das bekommt man zu hören. Auf diesem kargen Hintergrund entfaltet Newmans bluesiger Gesang seine ganz besondere Wirkung.


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