backGut abgeschmeckt

Monsieur Safran: El Houssaine Kili

El Houssaine KiliMampfmaster Wolfram Siebeck empfiehlt ihn zum Blumenkohl. Oma machte damit den Kuchen gelb. Und irgendwer hatte, lange vor Oma, wohl auch mal Geld genug, sich 10 Gramm davon einzuwerfen, um die halluzinogene Wirkung festzustellen: Safran. Für El Houssaine Kili – sein erstes Solo-Album ist nach den Krokus-Fäden benannt – ist hingegen in erster Linie die metaphorische Wirkung von Safran interessant.

Von Luigi Lauer

Kili auf Tour

20.05. Heidelberg, Literaturzelt
09.06. Berlin, HdKW
10.06. Berlin, HdKW
17.06. Eichstätt, Open Air 15:30
24.06. Kirchheim/T., Bastion
25.06. Herten, Festival im Schloßpark
30.06. SLO-Izola, Festival
06.07. Halle, Objekt 5
07.07. Rudolstadt, Festival
08.07. Sömmerdam Kurt Neubert Club
27.07. E-Huesca, Festival Pirineos
05.08. Bonn, Marktplatz
08.08. H-Budapest Festival
12.08. Dortmund, Festival, Alter Markt

(Kontakt: Alexander Trofimow
Tel: 0 64 21/2 63 12)

Safran – das steht für den Orient, der nach Europa kam. Steht für die Kultur des Maghreb, auf der Suche nach Austausch. Und Safran war immer auch ein Hauch Exotik, einst mit Gold aufgewogen, seit jeher mit Assoziationen beladen wie die Trans-Sahara-Routen und sagenbehaftet wie die Geschichten aus 1001 Nacht. Ein wenig, vielleicht nur ein ganz klein wenig spiegelt sich in der Geschichte dieses edlen Gewürzes auch die Geschichte El Houssaine Kilis wider. Denn diese Fäden sind es, mit denen sich Kilis kleine Abenteuer zu einem Bild verweben lassen, das Gelb zwar als Grundstimmung kennt, sonst aber den gesamten Regenbogen abarbeitet.

Ein Abenteuer, ja, das war das wohl damals. Als marokkanischer Musiker in einer Zeit nach Deutschland zu kommen, als „Worldmusic„ noch längst kein gängiger Begriff war, ist nichts, was man mal so nebenbei macht. 1984 war das, und es war das Jahr, in dem auch Youssou N'Dour zum ersten Mal in Deutschland auftrat. Wo der herkommt, da kommen auch Kilis Vorfahren her, denn die Gnawas, die marokkanischen Berber, sind Nachfahren westafrikanischer Völker, die vor einigen hundert Jahren in den Norden versklavt wurden.

Doch blenden wir mal nicht ganz so weit zurück, gehen stattdessen nach Rabat, 1955. Kili gelingt, was im Jahr 2000 in vielen Ländern unmöglich gewesen wäre: Er kommt, völlig unbehelligt von Kamera-Teams, am 1. Januar zur Welt. Kili wächst in Agadir auf in einer 11-köpfigen Familie und bekommt dadurch lauter laute Gründe für einen lauten Beruf geliefert. Das Radio läuft ständig, die Musikberieselung, erinnert sich Kili, ist so selbstverständlich wie Essen und Trinken. Man hört einfach alles, Popmusik amerikanischer Bauart, bevorzugt schwarz-amerikanisch, Jazz von Chick Corea oder Wheather Report, Oum Khaltoum, ägyptische Songs in marokkanischer Rhythmik, und natürlich die Lieder der Gnawas. Kili fragt nicht, was da gerade für Musik zu hören ist, es läuft halt Musik. Das Nachfragen und Differenzieren setzt viel später ein.

El Houssaine KiliSpäter. Später ist, als Kili Lust verspürt, selbst Musik zu machen, im Teenager-Alter. Er entscheidet sich für das, was man hierzulande Tanzmucke nennt. Mit der Southern Band spielt er Pop-Coverversionen, vornehmlich in Hotels. Später (und diesmal ist „später„ nicht weit entfernt vom ersten „später„) kommt auch traditionelle marokkanische Musik hinzu, die in der

Band Tam Tam gepflegt wird. Nach und nach gelingt es Kili, in der Musik sein Auskommen zu finden, auch gegen den Willen seiner Mutter, die das eher als Schande betrachtet und seine Klampfe an die Wand knallt. Der Wand hat es nicht geschadet, und Kili letztlich auch nicht, denn er macht, danke, Kili!, ja doch, was er will. Die Gitarre hat es nicht überlebt, aber auch Bass macht Spaß, seither Kilis favorisiertes Instrument – neben der Gembri, die nachher noch ihren Auftritt hat. Das Logbuch verzeichnet die späten 70er, Kili ist Anfang 20, und das Drehbuch schreit plötzlich „Cut!„.


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Mehr über El Houssaine Kili im Folker! 3/2000