backVom Barrelhouse zur Celtic Harp,
vom Rhein ins Vannetais

An Erminig

Die saarländisch-lothringischen „Hermeline" feiern 25-jähriges Bühnenjubiläum

Discographie

LP „Breizh" (1983)
LP/CD/MC „Trouz" (1989)
CD/MC „Tennadeg" (1998)
PROFOLK-CD-Sampler „Test The Best" (1999)

Bretonische Musik authentisch, schnörkellos und dennoch nicht ohne Swing auf die Bühne bringen – das ist seit 25 Jahren das Ziel der saarländisch-lothringischen Bretonen „An Erminig". Die Brüder Andreas und Hans Martin Derow und Barbara Gerdes haben es bis zu ihrer aktuellen Platte „Tennadeg" (1998) geschafft, sich musikalisch und inhaltlich weiterzuentwickeln, ohne die „racines" (Wurzeln) zu verraten. Was ihnen konstanten Erfolg und – einzigartig – die Anerkennung vieler bekannter bretonischer Musiker eingebracht hat. Außerdem: Alles ist tanzbar!

Von Gerd Heger

„Wir sind so oft in der Bretagne, dass wir es gar nicht als puristisch empfinden, sondern als Musik, die dort gespielt wird", Gärtnermeister Hans Martin Derow sitzt neben der Lehrerin Barbara Gerdes in einer kleinen Saarbrücker Kneipe. „Das Tanzen hat mich fasziniert bis heute, dass Leute sich treffen und, über die Generationen hinweg, zusammen tanzen", meint die Harfenistin. Andreas Derow, Bruder von Hans Martin und Mann von Barbara Gerdes, Schreiner im Beruf, Geige-Dudelsack-Akkordeon-Spieler und Sänger kann bei unserem Gespräch nicht dabei sein. Eins der drei Kinder aber sitzt mit dabei und schreibt an seinen Hausarbeiten. An Erminig sind ein Familienbetrieb, der auf Tradition setzt ... nicht auf Museumsarbeit. Bonn war der Ursprung: 1975 – ohne den Hauch einer Ahnung, was bretonische Musik alles ausmacht – gab es im rheinischen Meckenheim das unbemerkte Konzert einer Rockgruppe, bei der Andy und Hans Martin mitspielten. Als Pausenfüller boten sie vage Bretonisches. Dieser 18. Oktober gilt als Entstehungsdatum bei den Hermelinen. Barbara war bei einem Konzert dazugekommen. Wandergitarre, E-Gitarre, Blockflöte – das war die Grundbesetzung, und das mit dem Bretonischen, das nahmen die angehenden Abiturienten nicht so genau. Ostern 1976 fuhren sie in die Bretagne und verbrachten zwei Stunden im Bauernhaus von Alain Stivell (der gerade „Celtic Roots" herausgebracht hatte) und wollten nun, mit angefachter Leidenschaft, „mehr wissen". Eine Pfarrersfamilie in Brest war ein wichtiger Grund für die eingehendere Beschäftigung mit der bretonischen Tradition. Die Tochter spielte Harfe, verwies an den Harfenbauer Daniel Paris, und Barbara Gerdes wusste: Dieses Instrument würde ihres werden. Der Rest von Pfarrers schleppte die Hermeline in Plattenläden. Außerdem besuchten die drei Konzerte der „Teufel aus den Bergen" (Diaouled Ar Menez), unter anderem mit Melaine Favennec.

Kontakt

E-Mail An Erminig
Hans Martin Derow
Am Wildenkopf 12
66359 Bous/Saar
Tel/Fax: 0 68 34/21 96

Plattendebüt im Heizungskeller

Zurück in Bonn, bauten die Beamtenkinder erstmal ihr Abi (Andreas hatte noch ein Jahr Zeit), Barbara entschied sich fürs Dolmetscherinstitut in Saarbrücken, wo auch Hans Martin seine Gärtnerlehre machte, Andreas kam für Zivildienst und Schreinerlehre ins ruhige Saarland nach. Der Karriere erster Förderer war die rührige DKP im Saarland: Der heutige Kultur- und Musicalveranstalter Hasso Müller-Kittnau lud sie mit Leuten wie Jürgen Albers oder Hannes Wader zu Konzerten ein, und so wurde die Band bekannt. Zweites Standbein war das bei saarländischen Ex-Folkern verzücktes Erinnerungslächeln hervorrufende Barrelhouse (inzwischen nach Jahren als New-Wave-Treff zum Salsaschuppen mutiert): Ein Förderverein, bei dem sie aktiv mitmischten, holte von Lämmerhirt bis Lydie Auvray, von den Weavers bis zur Bothy Band alles Folkige an die Saar. Leute wie die bretonischen Stars „Sonerien Du" kamen gerne mal für 800 Mark (um dann für genauso viel Geld Getränke zu verputzen und dem Verein fast das Budget zu kippen). Schon im Jahr 1980 konnten die Hermeline – die im Barrelhouse regelmäßig auftraten – ihr erstes Auslandskonzert absolvieren, in Wien. Unter abenteuerlichen Bedingungen wurde gleichzeitig die erste Platte aufgenommen: „Breizh", eingespielt in einem Heizungskeller und immer nur dann, wenn der Brenner nicht fauchte. „Aus heutiger Sicht ein besseres Demo, mehr war die Scheibe nicht, aber, es war nicht schlecht, um voranzukommen" (Gerdes). Vorzeigbar war auch der Sampler „Saarbrett’l", eine LP, deren Inhalt mit Namen wie Hans-Dieter Hüsch, Espe, Saarbrücker Fingerpicker, Duo Zeitenklang oder Schmetterling so richtig Folkromantik heraufbeschwört. Insgesamt aber war „für uns das Saarland als Wirkungskreis zu klein, wir haben uns sehr schnell nach außen orientiert." Denn Hans Martin Derow, Barbara Gerdes und ihr Mann Andreas leben zwar an der Grenze (weil das der schnellste Weg nach Frankreich ist), sie haben hier ihre Arbeit und ihre Familien aufgebaut, doch Inspiration, was bretonische Musik angeht, holen sie sich in der Bretagne selbst. Und ernst genommen haben die Hermeline ihre Musik immer: „Wir haben uns immer an guten Künstlern orientiert, ohne sie zu kopieren. Und denen auch immer Konzerte organisiert." Bretonenstars wie Gwerz, Yann-Fanch Kemener, Kristen Noguez, Skolvan und viele andere machten so Station im Saarland, das Kirkeler Folkfestival bietet einmal im Jahr (September) vor malerischer Waldkulisse Folk der Spitzenklasse (An Erminig sind zusammen mit der Saarländischen Arbeitskammer Gastgeber). Fürs einzige französische Theaterfestival in Deutschland, die Saarbrücker „Perspectives", wurden bretonische Großkonzerte zusammengestellt. Und dann die Abteilung Kurse: Barbara, Andreas und Hans Martin nehmen regelmäßig an Sommerkursen teil, bauen aber auch auf die „Heimarbeit": Tanzkurse sind da noch heute ein gern angenommener Spaß.


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