backCountryblues mit Gitarre und Mundharmonika

Bowling John Cephas & Harmonica Phil Wiggins

Annie Sauerwein

»Sie ist klein, aber nicht kleinlaut, sondern kann sogar recht große Töne spucken.« Die Rede ist von der Mundharmonika, die in diesem Jahr im Mittelpunkt des Instrumenten-Specials beim Tanz&Folkfest Rudolstadt stand. Geladen waren anerkannte Meister der »klassischen« Mundharmonika wie Howard Levy (USA), Lars-Luis Linek (Deutschland) und Brendan Power (Neuseeland/England) ebenso wie Virtuosen artverwandter Instrumente. Dazu gehören der Chinese WuWei mit der chinesischen Mundorgel sheng sowie mit Ivan Alexeev und Spiridon Shishigin zwei Musiker aus Jakutien, dem Maultrommel-Zentrum der Welt. Und wenn es um die magischen Klänge der Mundharmonika geht, dann darf eine stilistische Ausrichtung natürlich nicht fehlen, in der dieses kleine Instrument schon das gesamte Jahrhundert lang seine vielschichtigen Töne angibt: der Blues.

Nach Rudolstadt gekommen waren zwei Vertreter des klassischen, ländlichen Blues, der selten geworden ist in unserer Zeit, wo sich lediglich sogenanntes »Innovatives« und für das Publikum leicht dechiffrierbares wirklich zu behaupten scheint. Der Gitarrist »Bowling Green« John Cephas und sein Partner »Harmonica« Phil Wiggins pflegen den alten Stil des Piedmont Blues. Das ist der melodiöse und doch rhythmische Blues der nordamerikanischen Ostküste, wie ihn einflußreiche Musiker wie Blind Blake, Blind Boy Fuller, Gary Davis und Sonny Terry meisterhaft entwickelten. In ihm ist eine gehörige Portion Ragtime zu finden, der aus ursprünglichen Folk-Wurzeln seinen Weg über populäre Pianoklänge wiederum zurück zu Folk-Traditionen fand. Indem sie Pianoläufe auf die Gitarre übertrugen, verankerten die Meister ihres Fachs den Ragtime in das Material der String-Bands und der Bluesinterpreten. Auf diese Weise kristallisierte sich dieser für die »East Coast« typische und tanzbare Bluesstil heraus. Bevorzugtes Einsatzgebiet waren die »House Parties«. Was die Gitarrentechnik anbelangt, ist der Wechselbaß kennzeichnend, welcher die Basis für von einem oder mehreren Fingern gezupfte Melodielinien bildet. Dies alles demonstrierten während des dreitägigen Thüringer Festivals in souverän beeindruckender Weise das Duo Cephas & Wiggins auf den Spuren Sonny Terrys & Brownie McGhees gleich sieben Mal. Sie begleiteten das so angenehm andere Fest von der Vernissage »Magic Harmonikas«, über einen Workshop bis zum Schlußakt am Sonntagabend. Das Hauptkonzert des Duos fand auf der Marktbühne am Freitagabend um 20.30 Uhr zur besten Stunde statt. Mit »Flip, Flop and Fly«, einem flotten R&B-Klassiker aus den Vierzigern, trafen die beiden gleich beim ersten Titel den Nerv des zur Bühne drängenden Publikums. Weiter ging es ein wenig zurückgenommen mit Fulton Allen‘s »Pigmeat« und »Prison Blues«. Hier swingte nicht nur Cephas‘ locker gespielte Akustische, sondern auch Wiggins hatte Freiräume, der Magie seiner »Mundorgel« erste Geltung zu verschaffen. Beim lebensweisen »Sweet Bitter Blues«, der die beiden Seiten einer Medaille zu beleuchten suchte, gingen die ZuhörerInnen endgültig aus der Reserve und steuerten eine solide »Handpercussion« bei. Wer den »Walking Blues« in der mitreißenden Robert Johnson-Version im Geiste von Son House kannte, mochte sich nicht recht mit der eigenwilligen Interpretation von John Cephas anfreunden. Doch das waren in Rudolstadt die wenigsten. Ins Finale ging es mit »Roberta« und dem Big Bill Broonzy-Klassiker »Key to the Highway«. Nach einer weiteren Zugabe (»How Long?«) ging ein Konzert der Sonderklasse zu Ende.


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