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LIEDERFEST 2007

Förderpreisträger der Liederbestenliste 2007:

Strom & Wasser

Eine Laudatio von Konstantin Wecker

go! www.strom-wasser.de
Heinz Ratz

Ist Heinz Ratz ein „dunkler Dichter“, wie er sich in seinem Gedicht „Der Absturz“ beschreibt, ein stürzender Ikarus, der den Himmel, den er nicht mehr Himmel nennen mag, in Stücke brechen will? Oder zeigt er uns etwas vom Himmel in seiner schaurig-schönen Poesie, am Abgrund aller guten Gründe?

Ich glaube, er ist ein verzweifelt Hoffender, der sich ins Absurde rettet, der noch grinst, wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht, weil ihm da die besten Verse einfallen. Und er wäre nicht so kämpferisch, wenn er nicht voller Hoffnung wäre auf eine gerechtere Welt, er würde sich nicht so einmischen, wenn ihm der Zustand unserer Gesellschaft egal wäre, auch und gerade weil er das ohne Zeigefinger macht. Und wie er sich einmischt! Er singt auch da, wo’s wehtut, in Clubs, die jeden Moment damit rechnen müssen, von rechtsradikalen Hohlköpfen aufgemischt zu werden, und er wird auch dann nicht plakativ und polemisch. Bei all seiner Begabung zum zynischen Gestus, ich spüre immer wieder aus seinen Texten, wie er die Menschen liebt, manchmal denk’ ich sogar, dass er das nicht nur vor uns, sondern auch vor sich selbst nicht so recht zugeben will.

Ab und zu mailt er mir neue Gedichte – er scheint aus einer nicht versiegenden Quelle zu schöpfen -, und nie habe ich das Gefühl, dass er sich erschöpft oder wiederholt. Sein einziges Problem als Autor ist: Er kann anscheinend keine schlechten Gedichte schreiben. Selbst, wenn mich ein Thema mal nicht so anspricht, es ist immer eine überraschende Wendung, ein gelungenes Bild dabei, das den Text lesenswert und anrührend macht. Das ist manchmal qualitativ – im positiven Sinne – so meilenwert entfernt von den Werken mancher wohlmeinender Kollegen, dass man sich fragt, ob der Mann nicht von einem anderen Stern kommt. Oder aus einem anderen Jahrhundert. So neu seine musikalische Gestaltung, seine Art aufzutreten ist, so unmodern und zeitlos ist er in seiner Reimkunst. [...]


Aus der Begründung der Liederbestenlistejury
zur Verleihung des Förderpreises an Strom & Wasser:

„Strom & Wasser: Elektrisierend und erfrischend, im Zusammentreffen eine explosive Mischung. Als Heinz Ratz den Namen für seine Band ersann, hätte er es nicht treffender auf den Punkt bringen können. Strom und Wasser geben sich nicht mit Oberflächlichkeiten ab, kümmern sich nicht um Umschreibungen, sondern nennen die Hässlichkeiten des Lebens, der Gesellschaft, der Politik beim Namen – in zuweilen fast zärtlicher Poesie wird über Weltuntergang oder Bomben auf dem Frühstückstisch verhandelt, dafür muss für romantische Frühlingsgefühle auch einmal ein harter Marschrhythmus herhalten. Mit dieser Radikalpoesie erreichen sie ein Aufhorchen, ein Hinhören auf Inhalte, die sich von der Verpackung lösen. Skurril, bissig, witzig, aber einfühlsam führen Strom & Wasser die Schwächen und Gefahren der Gesellschaft vor, lassen manches Lachen erfrieren und zerstören mit ihrer explosiven Wucht jeglichen Pessimismus über die Entwicklung der Liedermacherei in Deutschland. [...]“


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im Folker! 6/2007