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Heimspiel


Auf der Suche nach einem neuen Publikum

Bluegrassmusik in Deutschland

Vom schwierigen Kampf gegen Klischees

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Plakat

 
Blue Side of Town
Claire Lynch Band im Theater Oldenburg
Sacred Sounds of Grass mit Thilo und Sam Hain

Im Gegensatz zum Jazz ist die Countrymusik und damit auch die Bluegrassmusik relativ spät in Deutschland bekannt geworden. Erst mit dem Aufbau des American Forces Network (AFN) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs drang die ländliche Musik Nordamerikas auch an deutsche Ohren. Dabei hatte diese Saitenmusik aus dem Südosten der USA nun wahrlich einen schweren Stand gegenüber dem Bigbandsound, der damals aus den Radios dröhnte. Schließlich standen in jenen Jahren die Orchester von Duke Ellington, Count Basie, Billy May, Ray Anthony und Glenn Miller auf dem Höhepunkt ihrer Popularität und die gitarrenlastige Musik eines Elvis Presley oder der Beatles lag noch in weiter Ferne. Nein, wer sich in den 40er und frühen 50er Jahren spontan für Country- bzw. Hillbillymusik, wie sie damals noch genannt wurde, entschied, der galt meist nicht als Individualist, sondern viel eher als geistig gestört.

Von Walter Fuchs

Mainstream-Country klang zu jener Zeit, im Gegensatz zu heute, noch recht urwüchsig mit Stars wie Roy Acuff, Hank Williams oder Hank Snow. Doch die noch authentischeren Bluegrassklänge mit ihren starken anglokeltischen Wurzeln und den Einflüssen des Blues waren in den täglichen AFN-Countrymusiksendungen nur etwa zu zehn Prozent berücksichtigt. Zu hören waren vor allem Bill Monroe, Lester Flatt & Earl Scruggs, Don Reno & Red Smiley, die Osborne Brothers und die Stanley Brothers. Zum besseren Verständnis der damaligen Situation sollte erwähnt werden, dass es in den USA seinerzeit noch die allgemeine Wehrpflicht gab, das Militär war damit ein Spiegelbild der Gesellschaft, und AFN hatte alle Schichten und Interessen zu bedienen, die Afroamerikaner („Negro Spirituals“), die Hawaiianer („Hawaii Calls“), die Jazzfreunde („Strictly From Dixie“), die Christen („Hymns For Everyone - Hymns From Home“) und eben die heimwehkranken Jungs vom Land, die oft zum ersten Mal fern der Heimat waren und die man mit Countrysendungen wie „Hillbilly Gasthaus“ bei Stimmung halten wollte. Dass man dabei deutsche Zaungäste hatte, die sich sogar mit Wunschtiteln an den Sendungen aktiv beteiligten, schien den Amerikanern willkommen zu sein. Ab Mitte der 50er Jahre tauchten dann auch die ersten deutschen Countrymusiker auf, z. B. Frank Baum, Chuck Herrmann oder Armin Edgar Schaible alias Eddie Wilson, um nur ein paar Namen zu nennen.

Klaus Grotelüschen
Unvorbereitetes Publikum
Looping Brothers mit Ulrich Sieker an der Fiddle

Speziell mit Bluegrass tat man sich allerdings in Deutschland - und überhaupt in Europa - relativ schwer. Nach den großen Erfolgen der American Folk Blues Festivals wagte das Konzertbüro Lippmann+Rau im März 1966 das Festival of American Folk & Country Music. Geboten wurde ein repräsentativer Querschnitt durch die weiße amerikanische Folklore, von Old-Time Music über Cajun bis hin zu Bluegrass. Die Tour ging quer durch Europa, von Hamburg über Genf, Köln, London, Stockholm, Kopenhagen, Berlin, München bis nach Basel. Das SWF-Fernsehen drehte in Baden-Baden vor stilvoller Studiokulisse mit Chefkameramann Michael Ballhaus eine phantastische Dokumentation, doch der Erfolg schien, zumindest in Deutschland, nicht gerade überwältigend gewesen zu sein, denn diese Tournee blieb eine Eintagsfliege. Dabei waren die weißen Akteure genauso authentisch wie ihre schwarzen Kollegen von den Folk Blues Festivals. Cousin Emmy und Roscoe Holcomb waren typische Vertreter der Old-Time Music, Cyp Landreneau kam mit seiner Band aus den Bayous von Louisiana und die Stanley Brothers mit ihren Clinch Mountain Boys aus den Bergen von Session beim Bluegrass Festival Bühl Virginia. Doch speziell in Deutschland traf diese Musik auf ein völlig unvorbereitetes Publikum, und die Presse artikulierte reichliches The Sieker Band mit Byron Berline im Cactus Café, Austin,Texas Unverständnis. „Musik zum fröhlichen Bohnenverlesen“ konnte man da lesen, als hätten die Afroamerikaner zum Baumwollpflücken nicht auch ihre Songs gesungen. Und der Spiegel betitelte seinen damaligen Festivalbericht „Die Kuh kalbt“. Nein, mit solchen Überschriften und Bemerkungen konnte man der weißen amerikanischen Folklore keine kulturelle Anerkennung in Deutschland verschaffen. Dennoch, durch die AFN-Sendungen schien doch zumindest der Bluegrasssound als lebendiger Ausdruck amerikanischer Folklore ins Bewusstsein einiger Menschen in Europa gedrungen zu sein. Es gab plötzlich kleine Countryclubs und Vereine, über die man an die Mailorder-Adressen in den USA kam, wo man Platten der Firma Starday, die sich auf Bluegrass spezialisiert hatte, bestellen konnte. Bald gab es auch private deutsche Importeure, die den Interessenten den Kauf erleichterten.

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New Kid on the Block

Stabwechsel bei der World Music Expo WOMEX

Kontinuität und Weiterentwicklung

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Die 14. Auflage der Fachmesse für Weltmusik WOMEX, die vom 24. bis 28. Oktober 2007 in Sevilla stattfindet, wird unter neuer Ägide ausgerichtet: Anfang des Jahres gab das WOMEX-Büro bekannt, dass sich Mitbegründer Christoph Borkowsky Akbar vom Tagesgeschäft als Generaldirektor zurückgezogen und den Staffelstab an Gerald Seligman übergeben hat. Dabei bleibt Borkowsky der WOMEX AG weiterhin als Vorstand erhalten. Den Direktorenposten hatte er vor zehn Jahren vom WOMEX-Mitbegründer Ben Mandelson zusätzlich übernommen, der bis heute als Aufsichtsratsmitglied und Berater eng mit dem Messeunternehmen verbunden ist. Offizielle Begründung für die Personalveränderung jetzt: Der bisherige Direktor wolle sich mehr um seine Firmen Piranha Music und Piranha Events kümmern. Was bedeutet dieser Personalwechsel an der Spitze des Unternehmens für die Weltmusikmesse WOMEX, was wird sich dadurch ändern?

Von Sabine Froese

Gerald Seligman

Der neue WOMEX-Direktor Gerald Seligman ist ein alter Hase der Musikindustrie: Der US-Amerikaner begann seine Karriere in New York als Radio- und Printjournalist. 1990 ging er nach Brasilien und arbeitete zunächst für PolyGram, dann für EMI, die ihn als Chef ihres internationalen Marketings nach London holte. Dort gründete er das EMI-Weltmusiklabel Hemisphere, das in den acht Jahren unter seiner Leitung über zwei Millionen CDs absetzte. Als Produzent hat er mehr als 120 CDs herausgebracht. Er war Mitglied der ersten WOMEX-Jury, Vorsitzender zahlreicher Arbeitsgruppen und seit 1995 in jedem Jahr mit dabei. 2006 übernahm er die Leitung der Unternehmenskommunikation bei der WOMEX.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass auch die Entwicklung der WOMEX eine Erfolgsgeschichte ist: Angefangen hatte alles 1995 mit 250 Fachbesuchern, 2006 waren es dann mehr als zehnmal so viele Repräsentanten von 1.400 Firmen aus 97 Ländern und über 400 Journalisten - was auch die gewachsene Bedeutung von Weltmusik im Musikmarkt dokumentiert. Was hat die WOMEX außer den Messeständen noch zu bieten? Es gibt Konzerte, begleitende Fachkonferenzen, WOMEX Awards für Musik und Labels, die offWOMEX (eine offene Plattform für Künstler und Musikmanager am Rande des offiziellen Programms), eine Fachbuchkonferenz, den Internetableger virtualWOMEX ebenso wie die Sendestudios für Liveinterviews und Auftritte Radio WOMEX und WOMEX TV sowie verschiedene weltweite Kooperationen unter dem Titel WOMEX Offspring.

Was wird Gerald Seligman diesem komplexen Angebot hinzufügen, was verändern?

Kontinuität und Weiterentwicklung lautet seine Formel: Die Zeremonie für die WOMEX Awards wurde auf den Sonntag verlegt, um sie am Schlusstag der Messe zur vollwertigen Show ausbauen zu können. Aufgrund entsprechender Nachfrage sollen die Arbeitsgruppen problemlösungsorientierter ausgerichtet werden. Die neu kreierte Bücherkonferenz, auf der sich im vergangenen Jahr erstmals WOMEX-Autoren und Verleger austauschten, soll erweitert und zur ständigen Einrichtung werden. Als Neuerung ist erstmals ein Workshop geplant, wenn dafür genügend Geld zusammenkommt - ein Bereich, der in Zukunft an Bedeutung gewinnen soll. Auch der WOMEX-Offspring-Bereich soll erweitert werden. Für die kommenden Jahre ist die Gründung einer Stiftung in Vorbereitung und ein Arbeitsschwerpunkt zum Thema Ausbildung.

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Musik in alten Dorfkirchen

Musik der Welt im Westerwald

Die Kleinkunstbühne Mons Tabor e. V.

Hochkarätiges in Stadthallen und Kirchen auf dem Lande

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800 Jahre steht sie da, die evangelische Kirche in Höhr-Grenzhausen, gebaut aus dicken Feldsteinen und Basalt, in ihrem Ev. Kirche in Höhr-Grenzhausen Inneren eingerichtet mit bunt bemalten Kirchenbänken und einer ebenfalls bunten hölzernen Empore, sodass man sofort den Eindruck einer gesunden Mischung aus Erdverbundenheit und Standfestigkeit einerseits und Freude am Bunten und Leichten andererseits bekommt. An einem Sonntag im vergangenen Juni füllten aber nicht Predigt und Kirchenlieder den sakralen Raum, sondern die quirlige, rasante und doch traditionsverbundene amerikanisch-irische Musik von Solas, die nach ihrem Auftritt bei Folk im Schlosshof (siehe Ortstermin in diesem Heft) dem kleinen Westerwaldstädtchen ihre Aufwartung machten. Nach dem Konzert erzählte Uli Schmidt dem Folker! die Geschichte und das Konzept der Kleinkunstbühne Mons Tabor.

Von Michael A. Schmiedel

Egschiglen in der ev. Kirche von Nordhofen

Mitten im Rheinischen Schiefergebirge liegt Montabaur, die Kreisstadt des Westerwaldkreises, mit um die 12.000 Einwohnern trotz ICE-Bahnhof nicht gerade eine Weltstadt, sondern, wie Uli Schmidt es ausdrückt, „plattes Land“, wobei „platt“ nicht topographisch gemeint ist. Koblenz, die nächste Großstadt, liegt etwa 25 Kilometer westlich und 165 Meter tiefer. Schmidt ist Vorsitzender der Kleinkunstbühne Mons Tabor e. V., benannt nach dem lateinischen Namen Montabaurs, Bürgermeister des Dorfes Horbach und hauptamtlich im Sozialministerium von Rheinland-Pfalz in Mainz tätig. Seit über 30 Jahren liebt er Folkmusik und organisiert Konzerte und Festivals. Mit einigen Freunden gründete er damals einen Landjugendverein, der jährlich ein wochenendlanges Landjugendfest organisierte. Das Jungendalter hinter sich lassend, lösten sie diesen Verein auf und gründeten 1987 die Kleinkunstbühne Mons Tabor, um nicht mehr nur Jugendlichen ein buntes Programm zu bieten. Nach ersten weniger erfolgreichen Experimenten mit Film und Festival boten sie dann das ganze Jahr hindurch jeden Monat eine Kabarett-, A-cappella- oder Folkveranstaltung im Keller der Stadthalle Montabaur an.

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im Folker! 5/2007