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Zeichnung: Imke Staats

Schräger Vogel

Andrew Bird

Ein Mann auf der Suche nach der richtigen Schublade

   www.bowloffire.com
Discographie

Mit Bowl of Fire:
Music of Hair (Selbstverlag, 1996)
Thrills (Rykodisc, 1997)
Oh! The Grandeur (Rykodisc, 1999)
The Swimming Hour (Rykodisc, 2001)

Solo:
Weather Systems (Fargo, 2003)
         Weather Systems Andrew Bird And The Mysterious
   Production Of Eggs
(Fargo, 2005)
         Production Of Eggs zu beziehen über
go! www.fargorecords.com

unterwegs:
04.09.05 : Genf (CH), Casino Theatre,
   La Bâtie - Festival de Genève 2005
   (mit Mark Eitzel, Josh Pearson)

Mit Rufus Wainwright ist er bereits des Öfteren verglichen worden - und mit Jeff Buckley. Einflüsse von Radiohead und Lambchop vermeinte der britische Independent in seiner Musik ausfindig zu machen, und die US-amerikanische Massenpostille USA Today schrieb gar „Beck meets Itzhak Perlman“. Diese mühsamen Einordnungsversuche machen eines deutlich: Der amerikanische Violinist Andrew Bird ist ein Musiker, der sich gerade nicht mit irgendwelchen lebenden oder toten Vorbildern vergleichen lässt. Und er ist darüber noch nicht einmal glücklich.

Von Carsten Beyer

Dass der Name eines Menschen einen Einfluss auf sein Schicksal hat, ist nichts Ungewöhnliches. Sicher, auch wenn Andrew Bird nicht diesen Nachnamen trüge, wären seine Melodien genauso zwitschernd, genauso leichtflüchtig und unberechenbar wie sonst nur der Gesang eines Vogels. Doch die Leidenschaft des Amerikaners für Federvieh erstreckt sich beileibe nicht nur auf die singenden Angehörigen der Spezies: „Hühner sind doch großartige Tiere. Sie haben jeden Tag einen Eisprung und sie brauchen lediglich einen Hahn, um noch mehr Hühner zu produzieren“.

Andrew Bird weiß, wovon er spricht. Schließlich ist er ständig von Geflügel umgeben, seit er vor mehr als drei Jahren aus den Straßenschluchten Chicagos auf einen alten Bauernhof im nordwestlichen Illinois zog, nur ein paar Meilen vom Mississippi entfernt. Der Umzug ging damals einher mit einer musikalischen Neuorientierung. Birds langjährige Begleitband Bowl of Fire hatte sich gerade aufgelöst, zermürbt vom dauernden Tourstress und der deprimierenden Erkenntnis, dass man vom Kritikerlob alleine keine Rechnungen bezahlen kann. „Als ich mich entschloss, alleine weiterzumachen, war meine größte Sorge zunächst: Wie kann ich es schaffen, den Sound von fünf Leuten alleine zu reproduzieren. Mittlerweile, nach drei Jahren als Solist, denke ich: Wenn ich jemals wieder mit einer Band auftreten sollte, wie kann ich trotzdem meine musikalische Freiheit beibehalten?“

Andrew Bird

Soundtüftler im Hühnerstall

In der Tat hat sich Andrew Bird in den Jahren seiner selbstgewählten musikalischen Isolation in eine Richtung weiterentwickelt, in die ihm wohl nur wenige Zeitgenossen folgen könnten. In dem spartanisch eingerichteten Selbstfahrer-Studio in einem ehemaligen Hühnerstall ließ er gesampelte und selbst produzierte Melodielinien immer wieder durch die verschiedensten Effektgeräte laufen, bis sie schließlich wie ein komplettes Orchester Andrew Bird klangen, ein Hintergrund, vor den Bird mit Geige, Gitarre und seiner Stimme kontrapunktive Klangtupfer setzen kann.

Der einstige Technikhasser entwickelte sich immer mehr zum Soundtüftler: Fast scheint es so, als habe Bird die ländliche Ruhe seiner Farm gebraucht, um endlich all die verschiedenen Einflüsse seines mittlerweile fast 40-jährigen Lebens aufzuarbeiten: Die Bachsonaten, die er als kleiner Junge im Geigenunterricht eingepaukt bekam, seine jugendliche Begeisterung für den Zigeunerswing eines Django Reinhardt und den frühen Countryblues des Mittleren Westens und natürlich seine ersten eigenen Versuche als Geiger der Anarchokapelle Squirrel Nut Zippers und als Bandleader von Bowl of Fire. Keine Note seiner musikalischen Vergangenheit würde der Amerikaner heute verleugnen, und doch klingt nichts davon auch nur im Entferntesten wie der Andrew Bird 2005.


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Mehr über Andrew Bird
im Folker! 5/2005