Erster Anlauf:
Manchmal weiß man zu Beginn eines Interviews wirklich nicht, worauf man sich einlässt. Manchmal aber ahnt man es. Als ich mich im Rudolstädter Park unter der Statue von Johann Gottfried Herder mit den vier Musikern der Original Turtle Shell Band treffe, wird allein durch das Bild der vier Rastas schon klar, dass das ein Interview der skurileren Art sein würde. Vier schneeweiße Thüringer Hotelhandtücher als Turban auf vier schwarzen Häuptern, vier gelb/ weiße weite Gewänder.
Zweiter Anlauf :
Meistens weiß man als Journalistin, welche Information man erfragen will, was das wirklich Interessante an einer Band ist, weswegen man sie überhaupt interviewt. Ras Mass, der mich überschwenglich dazu auffordert, ihn ausführlich zu befragen, gibt mir auf alles eine Standardantwort, die oft ziemlich unabhängig von der Frage hergesagt wird, und das nicht nur einmal. Manche Antworten kommen zwei, dreimal, gleichsam als Slogans aus dem Blauen. Didaktisches Mittel oder Folge übermäßigen Ganja-Genusses? So dumm, dass er meine Fragen nicht verstehen würde, ist Ras Mass jedenfalls nicht. Möglicherweise war ich ein etwas störrisches Erziehungsobjekt.
Dritter Anlauf:
Nun will man aber die geneigten Leser(innnen) über die Band informieren, gleichzeitig das Interview wiedergeben. Nachdem nach meinen Interview-Aufzeichnungen eins das andere weitgehend auszuschließen scheint:
Eine Gegenüberstellung. Für Informationen gibt es schließlich noch Printmedien, CD-Booklets und Internetseiten.
Von Ulrike Zöller
Folker!:Kannst du mir über die Geschichte der Garifuna erzählen? Woher kommt Ihr, woher kommt Eure Kultur?
Ras Mass: Wo wir wirklich herkommen, versuchen Historiker erst herauszufinden. Genau kann man das nicht sagen. Aber unsere Musik ist unsere Kultur. Und ich bin ein Pionier darin, die Musik als Ausdruck unserer Kultur zu tragen. Die Musik ist so vielfältig, weil unsere Männer zur See gefahren sind, sie haben sehr hart gearbeitet. Heute stirbt die Kultur, niemand will mehr arbeiten. Unsere Musik kommt allein vom Schöpfer, die Musik, die Vögel, die Natur...
Yurumein (2000, hipimusic/Mélodie) |
www.melodie.fr |
Die Geschichte der Garifuna, die ich hören will, möchte Ras Mass mir auch nach etlichen Nachfragen nicht erläutern: 1635 sank ein vollbeladenes Sklavenschiff vor der Karibikinsel St. Vincent. Vielen Sklaven gelang es, sich ans Ufer zu retten, wo sie von den einheimischen Arawak-Indianern empfangen wurden. Im Laufe der Zeit vermischten sich Arawaks und Afrikaner zu einem eigenen Voksstamm, der sich Garifuna nannte. Den Kolonialmächten des 18. Jahrhunderts galten die Garifuna oder Black Caribs als besonders widerborstig und revolutionär, weswegen sie nach einem Aufstand nach Mittelamerika deportiert wurden. Dort konnten sich Sprache, Kultur und die Musik der Garifuna halten.
Folker!: Was ist typisch für die Musik der Garifuna?
Ras Mass: Eigentlich mussten wir immer Musik adaptieren, vor allem in letzter Zeit. Als ich aufwuchs, gab es hier nur Trommelmusik, und die Schildkrötenpanzer. Heute gibt es Garifuna-Popmusik mit Gitarren und Orgeln. Als wir in St. Vincent wohnten, mussten wir uns mit der französischen Sprache auseinander setzen. Deswegen beinhaltet unsere Garifuna-Sprache auch etliche französische Wörter. Aber, was wir niemals verlieren werden, ist unsere Sprache und unsere afrikanischen Wurzeln. Ich muss es noch einmal sagen. Die Musik ist ein Teil unserer Schöpfung. Die Musik stammt von unseren Ahnen. Wir haben sieben verschiedene Rhythmen. Punta heißt einer oder ein anderer Paranda; und für jeden Anlass gibt es eigene Lieder. Zum Beispiel heilende Lieder, die werden immer noch in religiösen Zentren gespielt, um Menschen gesund zu machen. Das wird sogar von der katholischen Kirche akzeptiert, als Teil der Tradition. Aber die junge Generation möchte mit unserer Kultur nichts mehr zu tun haben, weil sie nach amerikanischem Vorbild viel leichter leben kann.
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