backFestival-Sommer 2001

Mit dem gerade 60 Jahre alt gewordenen Bob Dylan und mit Neil Young dürften die Veranstalter des Stimmen-Festivals in Lörrach die prominentesten Namen im diesjährigen Festival-Sommer vorzuweisen haben Wobei allerdings die Vielfalt der präsentierten Kulturen auch in diesem Jahr beim Tanz&Folkfest in Rudolstadt unübertroffen sein dürfte. Nach dem Porträt der Farlanders im letzten Heft stellt der Folker! in dieser Ausgabe mit Taj Mahal und mit der ungarischen Gruppe Besh O droM weitere Künstler vor, die dort auftreten. Was sich ansonsten in diesem Sommer in der Festivalszene in Deutschland tut, soll im Folgenden besipielhaft mit dem Blick auf das Bardentreffen, das Kaltenberg-, das Perleberg- und das WDR-Weltmusik-Festival dargestellt werden.

6. Nürnberger Bardentreffen

"Umsonst und draußen" auf hohem Niveau

Von Mike Kamp

Das letztjährige Bardentreffen (s.a. Live-Bericht Folker! 6/2000) war ein rundum gelungenes Jubiläumsfestival mit ausgesprochen wenigen Kritikpunkten. Das macht es für die Organisatoren der Stadt Nürnberg um Charly Fischer nicht gerade einfach, den Nachfolger zu konzipieren. Aber die "alten Hasen" kennen solche Bedenken nicht und haben erneut ein Programm von erfreulicher Qualität zusammengestellt. Mit dem niveaulosen Gezumpel mancher "Umsonst-und-Draußen-Festivals" hat Nürnberg nun wirklich nichts zu tun. Der Folker! stellte Charly Fischer ein paar Fragen zu Vergangenheit und Gegenwart des Bardentreffens.

Warum wird nun nicht mehr etwas außerhalb des Zentrums im Luitpoldhain gespielt? So schlecht besucht war die Premiere letztes Jahr doch nicht, oder?

Durch die Absagen und das Auseinanderbrechen des Arabien Blocks mit Khaled und Natascha Atlas war das Programm im Luitpoldhain nicht mehr in sich stimmig. So waren auch die Gruppen, die nachmittags spielten, schwach besucht. (Bei Houssaine Kili waren nur 2.000 Besucher zu zählen, Funk'n'Lata hatten noch weniger Publikum.) Nur Haindling war der Renner mit mindestens 20.000 Besuchern, die ein tolles Konzert erlebten. Die Nürnberger Presse und auch das Publikum sahen die neue Spielstätte durchaus zwiespältig: "Gerade die relativ intimen Spielplätze in der Altstadt machen den typischen Charakter und Charme des Bardentreffens aus. Vor der Riesenbühne im Luitpoldhain ist davon nichts mehr zu spüren. Außerdem braucht man dort Publikumsmagneten (im Zweifelsfalle also Popstars), wenn das Ganze auf und vor dem Podium nicht peinlich werden soll", schrieben die Nürnberger Nachrichten. Und die Nürnberger Zeitung resümierte: "25 Jahre lang füllte das Bardentreffen malerische Innenstadthöfe und Plätze. Jedes Jahr wuchs der Bekanntheitsgrad, kamen mehr Musikfans nach Nürnberg. In dieser Zeit wandelte sich das eher beschauliche Liedermacher-Treffen zu einem ausgewachsenem musikalischen Event. Leider wuchsen die Plätze und Höfe als Veranstaltungsorte nicht mit ... Ein gelungener Anfang war die Auslagerung einer Bühne zum Luitpoldhain. Natürlich ist so etwas nicht zum Nulltarif zu haben. Die Veranstalter müssen sich entscheiden, ob sie die Grenzen des Wachstums akzeptieren und den Unmut mancher Fans in Kauf nehmen, oder den Erfolg weiter ausbauen, indem großflächige Spielstätten erschlossen und beibehalten werden." ...

WDR-Weltmusik-Festival gerettet

Von Christian Rath

Am Ende kam es nicht so schlimm wie befürchtet. Das traditionsreiche Weltmusik-Festival des Westdeutschen Rundfunks kann weitermachen. Zwar ist Anfang des Jahres das Fernsehen aus der Produktion ausgestiegen. Nach einigem Zögern hat sich aber der WDR-Hörfunk für eine Fortführung entschieden. Am 25. August wird es in Bonn also eine Neuauflage geben. Und es zeigt sich, dass der Ausstieg des Fernsehens auch Vorteile hat ...

1976 fand das erste großangelegte WDR-Folkkonzert auf dem Domplatz in Köln statt. Seither hat das jährliche Festival alle Stars der Szene präsentiert, alle Entwicklungen mitgemacht und teilweise auch geprägt. Immer wieder hat es Künstler eingeladen und vorgestellt, die erst später bekannt wurden. So war in Köln etwa der Zulu-Chor Ladysmith Black Mambazo erstmals außerhalb Südafrikas zu hören und der Rustavi Folk-Chor erstmals außerhalb der Sowjetunion. Es war dann auch nur konsequent, dass 1997 der Name von "Folk-" in "Weltmusik-Festival" geändert wurde. ...

Doch fast hätte das - im Jahr 2000 gefeierte - 25-jährige Jubiläum auch den Schluss der Reihe bedeutet. Das WDR-Fernsehen, das gemeinsam mit dem Hörfunk das Projekt von Beginn an finanziell getragen hat, stieg einfach aus. In der WDR-Pressestelle verwies man auf die geringe Einschaltquote von nur einem Prozent - was aber auf das Sendegebiet umgerechnet immerhin noch rund 20 000 Menschen entspricht. ...

Kaltenberg zum Letzten

"Burnout-Syndrom" und Finanzprobleme als Totengräber

Von Michael Kleff

Mit Broadlahn, Lecker Sachen, Haugaard & Hoirup, Liederjan und der Schäl Sick Brass Band ging am 30. Juni ein Stück Festivalgeschichte in Bayern zu Ende. Zum 20. und letzten Mal fand das Folkfestival Kaltenberg statt. Auf der Bühne standen natürlich auch Fraunhofer Saitenmusik, deren Mitglieder Geburtshelfer und bis zuletzt Veranstalter des Festivals waren (s. auch Folker! 3/2001). Ober das Ende von Kaltenberg äußerten sich im Gespräch mit dem Folker! Heidi und Gary Zink von Fraunhofer Saitenmusik.

Kaltenberg zum 20. und zum letzten Mal. Habt ihr dabei ein weinendes und ein lachendes Auge?

Nach so einer langen Zeit hat man natürlich ein lachendes und ein weinendes Auge, denn es hat neben viel Stress auch so viele schöne Begegnungen und Augenblicke gegeben.

Warum kann Kaltenberg nicht fortgeführt werden?

Es gibt, wie immer, mehrere Gründe, die Gewichtung hat auf die Reihenfolge keinen Einfluss. Es war an der Zeit, einen klaren Schnitt zu vollziehen, denn das Konzept sollte seit Jahren eigentlich verändert werden. Das war aber irgendwie nicht möglich angesichts gleichbleibender Rahmenbedingungen (Ort, Publikum, Finanzen). Unter diesen Voraussetzungen war auch der Bayerische Rundfunk nicht mehr bereit, mitzuschneiden und Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Was die Finanzen betrifft, so haben Fraunhofer Saitenmusik das gesamte Risiko getragen. Wir haben kostendeckend kalkuliert und das hat mit Ach und Krach hingehauen (manchmal auch nicht so ganz, dann hat man halt was draufgelegt). Jetzt kommt das Finanzamt mit der Ausländersteuer und das ist dann nicht mehr finanzierbar. Das Verfahren schwebt zwar noch, aber von Kollegen haben wir erfahren, dass der Fiskus knallhart seine Forderungen durchsetzt. Auch einige andere Veranstalter müssen deshalb aufgeben.

Durch die Eigenfinanzierung sind wir auf unbezahlte Helfer angewiesen und die stehen auch nicht gerade Schlange. So entsteht mit derzeit ein "BurnoutSyndrom", dem man nicht entkommen kann. ...

Brandenburg setzt Maßstäbe

Das Perleberg-Festival geht in die 4. Runde -

Potsdam eröffnet Haus der Kulturen

Von Michael Kleff

Das Perleberg-Festival für Folk, Lied und Weltmusik lebt! Vom 7. bis 9. September geht die Veranstaltung in dem kleinen Prignitz-Städtchen in die 4. Runde. Obwohl die mit den ersten drei Ausgaben des Festivals verbundenen Erwartungen der Veranstalter nicht erfüllt wurden - vor allem die "Szene" aus Berlin, Hamburg und dem gesamten norddeutschen Raum wurde nicht erreicht - machen die Perleberger weiter. Das diesjährige Festival steht unter dem Motto "Panta Rhei - Alles fließt" (Kontakt und Informationen: E-Mail perlebergfestival@prignitz.de; www.prignitz.de/perleberg-festival). Auf sieben Bühnen und Podien sollen erneut Klänge aus aller Welt zu hören sein. Allerdings soll als Neuerung der regionale Charakter des Festivals herausgestellt werden, indem unter der Überschrift "Musik aus Brandenburg/Berlin Newcomer" junge MusikerInnen vorgestellt werden. ...

All Globe - Ein Haus für die Kulturen der Welt in Potsdam

Mit dem Finzug des Al Globe, dem Brandenburgischen Haus der Kulturen, in das zu einem Veranstaltungsort umgebauten und sanierten Barockhaus in der Potsdamer Charlottenstraße etabliert sich derzeit eine Institution, die sich kulturelle Vielfalt und Weltoffenheit zum Programm gemacht hat. Das Al Globe verfügt über einen Veranstaltungssaal mit Bühne, Theke und 100 Sitzplätzen, Außerdem gibt es zwei miteinander verbundene, jeweils 35 qm große, helle Zimmer. Je nach Auslastung werden die Veranstaltungen entweder im Saal oder den kleineren Räumen stattfinden.

Angebote, die sich dem zivilgesellschaftlichen Diskurs verpflichtet fühlen, stehen gleichberechtigt neben dem kulturellen Programm. Im Al Globe beginnt die Woche am Dienstag mit den Salons. Im regelmäßigen Turnus wird im politischen Salon mit Gästen auf der Bühne und im Saal mit wechselnden Moderatoren diskutiert. Die Moderation übernimmt das Team des Al Globe. Des weiteren werden aber auch politische Stiftungen eingeladen, die Abende zu gestalten. Erörtert werden Fragen der Einwanderung oder Asylproblematik. Es finden aber auch Hintergrundgespräche mit Botschaftern und Politikern aus Deutschland und dem Ausland sowie mit Journalisten und Wissenschaftlern über politisch relevante, interkulturelle Belange statt. Alternierend gibt es dienstags das literarische Programm. Hier können Gäste bilinguale Lesungen, Autoren der Migrantenliteratur und literarische Größen aus dem Ausland erleben. ...


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Mehr über den Festival-Sommer 2001 im Folker! 4/2001

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