Schreiende Mundharmonikas, Drum'n Bass und finnischer Ethno liegen ungefähr so dicht beieinander wie das finnische Städtchen Vantaa und das thüringische Rudolstadt. Dass beides trotzdem zusammengehen kann, beweisen IMA-C aus Finnland.
Von Claudia Frenzel
Bereits 1999 konnte sich beim Tanz&Folkfest Rudolstadt ein begeistertes Publikum davon überzeugen, dass Finnland außer Rinneradio, Wimme, Eläkeläiset oder den Leningrad Cowboys einige musikalische Highlights mehr zu bieten hat. IMA-C (im Finnischen imasee, was so viel wie einatmen oder nuckeln heißt) dürften eine neue Schublade aufgestoßen haben. Ohne Rücksicht auf Stile, mischen ein studierter Mundharmonikaspieler, ein Soundtüftler und eine Sängerin Drum'n Bass, Dance- und Trancebeats, experimentellen Gesang sowie schräge Mundharmonikaklänge in die finnische Tradition. Eine Mischung, die es schwer macht, Vergleiche zu ziehen. Selbst wenn die Samples mitunter an das eine oder andere bereits Gehörte erinnern, so machen die avantgardistischen Gesangselemente und die so ungewöhnliche Instrumentierung die Finnen sehr schnell über jeglichen Plagiatverdacht erhaben.
Begonnen haben IMA-C ihre musikalische Zusammenarbeit eigentlich unter gewissem äußeren Druck 1998. Jouko Kyhälä, der nach acht Jahren Musikstudium in der Volksmusikabteilung der Sibelius-Akademie seinen Abschluss machen wollte, hatte die Nase von traditionellem Folk und finnischer Musik voll. Von der Rockmusik kommend, hatte er mit fünfzehn seine Liebe für Folk und seine Leidenschaft für die Mundharmonika entdeckt. Doch konnte er sich am Ende seines Studiums nicht vorstellen, eine Abschlussarbeit über etwas zu präsentieren, was nicht mehr seine Musik war. "So versuchte ich herauszufinden, welche Musik ich wirklich machen wollte", erklärt er. Anstoß in diese Richtung gab ihm seine Lehrerin Kristiina Ilmonen. Jouko Kyhälä, Tommi Lindell und Outi Pulkkinen trafen sich denn zunächst nur für einen einzigen Auftritt, das Abschlusskonzert an der Akademie, um Musik ohne Rücksicht auf irgendwelche Stile zu machen.
Da Kyhälä seiner schrägen Musik von Anfang an auch eine menschliche Stimme geben, dabei allerdings gewöhnliche Textakrobatik vermeiden wollte, war die Wahl schnell auf seine Mitbewohnerin Outi Pulkkinen gefallen. Mit ihr hatte er bereits seit fast zehn Jahren in verschiedenen anderen Musik- und Theaterprojekten gearbeitet. Die Musikerin verfügte über langjährige Erfahrungen mit experimentellem Gesang, war Mitglied in verschiedenen a-cappella-Gruppen und war zudem im Umgang mit dem Jouhikko vertraut, einer alten finnischen Harfenart. Der Mann an den Keyboards und Computern, Tommi Lindell, hatte bereits in diversen Bands mitgewirkt, u.a. in der ersten Besetzung von Rinneradio. Er hat am Pop-Jazz-Institut in Oulukylä studiert, kam aber nie wirklich zum Jazz. Er gilt heute in Finnland als einer der herausragenden Computer-Musiker und verdingt sich insbesondere als Produzent finnischer Popbands. Dass IMA-C letztlich mehr als nur ein Hochschulabschlussprojekt wurde, ist der Tatsache geschuldet, dass Jouko, Tommi und Outi merkten, dass sie sich musikalisch auf einer Wellenlänge befanden und ihre Ideen noch ausbaufähig waren.
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Mehr über IMA-C im Folker! 1/2001