backGeburtstagsfeier mit Goran Bregovic

Zum 10. Mal Tanz- und Folkfest Rudolstadt

Programmvorschau

Ich denke, es war ein gutes Jahrzehnt. Mit dem Ende des zweiten Millenniums fällt ja auch der Abschluss der ersten Dekade Tanz&FolkFest in Rudolstadt zusammen: Das TFF feiert im Jahr 2000 seinen 10. Geburtstag.

Von Bernhard Hanneken*

Natürlich ist ein solcher Geburtstag ein Anlass, sich an die Anfänge zu erinnern, und natürlich diskutiert man dann auch eine Retrospektive, ein „Best of"-Programm. Wir haben uns dagegen entschieden. Unsere Geburtstagsgeschenke an unser treues Publikum sind ein Sonderkonzert am Donnerstagabend auf der Heidecksburg mit Goran Bregovic & His Weddings and Funeral Band. Goran Bregovic ist vor allem durch seine Filmmusiken bekannt („Time Of The Gypsies", „Underground", „Ederlezi", „Das serbische Mädchen", „Schwarze Katze, weiße Katze" usw.). Bregovic kommt mit seinem vollen 44-Personen-Orchester! (Achtung! Dieses Konzert ist nicht in der Festivaldauerkarte enthalten!!) sowie auf vielfachen Wunsch: der Länderschwerpunkt England (mit Waterson:Carthy feat. Eliza Carthy, Asian Dub Foundation, Paul Millns, Sin É, der Bollywood Brass Band, Hammersmith Morris und der Committee Band).

Das Instrument des Jahres ist das erste Musikinstrument der Welt: die menschliche Stimme. Wir werden demonstrieren, wie die Stimme eingesetzt werden kann: zum Tweed-Walken in Schottland (Bannal) oder Tier/Mensch locken (Christine Lauterburg/Techno-Jodel aus der Schweiz und Anna Lindblom/Kulning aus Schweden). Polyphones kommt aus Bulgarien (EVA, die vier Lead-Sängerinnen des richtigen Chors Le mystère des voix bulgares) und dem Mittelmeerraum (Gacha Empega/Frankreich & El Hillal/Algerien). Die faszinierende Art des Katajjak demonstrieren drei Inuit-Damen aus Puvirnituk in Kanada, die Nähe von zentraleuropäischer und zentralasiatischer Vokalistik Christian Zehnder (von Stimmhorn) aus der Schweiz, und für die Moderation, den Spaß und die experimentelle Seite der Stimm-Performance ist die Wahlberlinerin Hilde Kappes zuständig (Ergänzungen tba.).

Nun gibt es in Deutschland ein für Gesang prädestiniertes Festival: „Stimmen Voices Voix" in Lörrach. Und die machen in diesem Jahr genau das, was wir bislang immer bei unserem Instrument gemacht haben: Laden sich ein paar spannende Virtuosen ein, stecken sie eine Woche zusammen und lassen hören, was dabei herauskommt. Und da sich das Lörracher Konzept mit unserem diesjährigen überhaupt nicht beißt, sondern im Gegenteil aufs vorzüglichste ergänzt, laden wir es kurzerhand auch nach Rudolstadt ein: Das Global Vocal Meeting mit Corin Curschellas/Schweiz, Abdoulaye Diabate/Mali, Rinde Eckert/USA, Mitsou (ex-Ando Drom)/Ungarn, Sudha Ragunatham/Südindien sowie dem Trio Senge/Madagaskar.

Ist es möglich, bei einem solchen Festival zu zeigen, wie der Folk, die Weltmusik der Zukunft sich anhören könnten? Nein, wir haben keinen Nostradamus in unseren Reihen. Aber Fingerzeige kann man geben, Richtung Global Groove (mit Sin Palabras/Kuba, F.S.K./Bayern, Zuluville/Tschechien – und einer chill-out area im Rudolstädter Jugendklub „Saalgärten" mit DJs bis – mindestens! – 6 Uhr morgens), Richtung Klassik (Elbtonalschlagwerk), Jazz (Tata Dindin und Hans Lüdemann) oder HipPop (Lecker Sachen). Ein paar weitere Namen gefällig? Bitteschön: Balfa Toujours mit der über 80jährigen Akkordeonlegende Bois Sec Ardoin (USA), Annbjørg Lien (Norwegen), Susana Seivane (Galizien), Lenine (Brasilien), Te Vaka aus dem Pazifik, El Houssaine Kili (Marokko/Deutschland) oder Wenzel (Deutschland).

Den Jugendklub erwähnte ich bereits. Neu ist allerdings auch ein Kino, das im letzten Jahr eröffnete: CinePlaza (gegenüber dem Theater), in dessen sechs Sälen wir Filme zeigen und Vorträge anbieten wollen – und auch, diesmal in wohl geordneter Atmosphäre, die „Meet The Band"-Runden eines der Herausgeber dieses Blattes. Der wird dabei übrigens eine der wenigen Publikationen zum Thema Folk offiziell vorstellen dürfen: ein vom Landesmusikrat NRW herausgegebenes Buch über die Geschichte von Folk und Weltmusik in eben diesem Bundesland.

Auf Kinderfest und Deutschen Folk-Förderpreis, Instrumentenbauer und Straßenmusiker muss man wohl nicht mehr extra hinweisen. Wohl aber auf ein weiteres Vor-Festival-Programm: Vom 5.-6. Juli findet in Rudolstadt, in Kooperation mit den Unis Bamberg und Weimar sowie unter der Schirmherrschaft des Europäischen Musikrates, ein (englischsprachiges) Symposium zum Thema „Folk Music in Public Performance — Europe Encounters Cultures of the World" statt. Am Freitag, dem 7. Juli, gibt es dann eine „Zugabe" zur Tagung mit Vertretern von Medien, Verbänden usw. Und natürlich werden die Ergebnisse dieses Symposiums am Wochenende vorgestellt.


* Bernhard Hanneken ist seit dem 1. TFF im Jahr 1991 Künstlerischer Leiter des Festivals. Die „Festival"-Ausgabe des Folker! (4/2000) wird u.a. ein Porträt von Sin É, eine Bestandsaufnahme des Deutschen Folk-Förderpreises sowie einen Rückblick auf das legendäre Treffen von „Folkies Ost" und „Folkies West" in Bad Hersfeld bringen, bei dem die Idee für das Tanz- und Folkfest Rudolstadt entstand.


zurück


Home


vor


Mehr über das Tanz- und Folkfest Rudolstadt im Folker! 3/2000